Michael Ohnmacht

EU-Außenminister zu Syrien Deutscher Diplomat soll Kontakte knüpfen

Stand: 16.12.2024 15:53 Uhr

Wie verlässlich sind die neuen Machthaber in Syrien? Wie können Kurden und andere Minderheiten geschützt werden? Die EU steht vor vielen offenen Fragen, ein deutscher Spitzendiplomat soll dabei helfen.

Zwei Wochen nach dem Umsturz in Syrien gehen die Europäer einen vorsichtigen ersten Schritt auf die neuen Machthaber in Damaskus zu. Die EU schickt einen ihrer Spitzendiplomaten nach Syrien, nach Recherchen der Nachrichtenagenturen dpa und AFP handelt es sich um den deutschen Diplomaten Michael Ohnmacht.

Ohnmacht soll noch an diesem Montag nach Damaskus reisen, "um Kontakte zur neuen Regierung und den Menschen zu knüpfen", wie die neue EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas am Morgen vor ihrem Treffen mit Europas Außenministern mitteilte. Er hat schon an mehreren Posten Erfahrung im Nahen Osten sammeln können, war Leiter der deutschen Botschaft in Libyen und seit dem Sommer geschäftsführend für die EU-Syrien-Delegation im Einsatz.

"Für EU-Verhältnisse waren wir schnell"

Warum die EU jetzt erst, zwei Wochen nach dem Umsturz, diplomatische Kontakte nach Syrien knüpft, wurde die neue Chefdiplomatin gefragt. "Für EU-Verhältnisse waren wir doch ziemlich schnell", antwortete Kallas selbstbewusst. Vorher hatten die Regierungen von Frankreich und Italien angekündigt, mehrere Diplomaten aus Paris und Rom nach Syrien zu schicken - Kontaktaufnahme auch hier der Auftrag.

Kallas betonte, wie wichtig ihr die internationale Einbettung beim Umgang mit den neuen Führern in Syrien war. Deshalb sei sie am Wochenende nach Jordanien gereist, um bei einer Konferenz die neue Linie mit den USA und vor allem auch mit den arabischen Nachbarn Syriens abzusprechen. Die EU dürfe in Syrien "kein Vakuum" zulassen.

Was wollen die neuen Machthaber?

Als Syriens starker Mann gilt Ahmed al-Scharaa - die Europäer versuchen noch, sich ein Bild über seine Intentionen zu machen. Auf der einen Seite wird darauf hingewiesen, dass er sich in Interviews von seinem Kampf an der Seite von Al-Kaida distanziert hat und nach dem Umsturz für einen Übergang ohne Racheakte sorgen konnte. Auch sein demonstrativer Verzicht auf Kleidungsvorschriften für die Frauen in Syrien wird ihm von Europäern positiv angerechnet.

Aber es gibt auch skeptische Einschätzungen, Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel beispielsweise warnt davor, die islamistische Miliz Haiat Tahrir al-Sham (HTS) zum jetzigen Zeitpunkt von der Sanktionsliste für Terrorgruppen zu nehmen. "Das sind frühere Terroristen, die haben sich von Al-Kaida abgetrennt", betont Bettel. "Das sind keine Engel."

Schutz der Kurden ist eine heikle Frage

Die neuen politischen Kräfte werden nicht an ihren Worten gemessen, sondern an ihren Taten - dieser Satz von Chefdiplomatin Kaja Kallas war auch beim Außenministertreffen wieder zu hören. Zu den Taten zählt sie den Schutz der Minderheiten in Syrien, vor allem der Christen - aber auch der Kurden; sie sind wegen der türkischen Angriffe im Grenzgebiet in Gefahr.

Mit dem türkischen Präsidenten Erdogan will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag in Ankara sprechen. Dabei dürfte es um die Zukunft der Flüchtlinge aus Syrien gehen, möglicherweise aber auch um die heikle Frage der militärischen türkischen Angriffe gegen Kurden auf syrischem Staatsgebiet.

Einigkeit gibt es bei den Russland-Sanktionen

Unumstritten unter Europas Außenministern sind neue Sanktionen gegen Russland. Sie betreffen die sogenannte russische Schattenflotte: Frachter, die Russland unter Umgehung der westlichen Sanktionen chartert, um Öl und Militärgüter zu exportieren. Um das zu verhindern, wird 52 Schiffen das Einlaufen in EU-Häfen verboten, außerdem sollen sie nicht mehr von Dienstleistungen europäischer Unternehmen profitieren können.

Die Umweltorganisation Greenpeace wertet die neuen Sanktionen als wichtigen Schritt, "aber noch unzureichend". Täglich würden schrottreife Tanker mit russischen Produkten durch die Ostsee fahren und die Küsten gefährden. Die Umweltschützer fordern die EU auf, "die Greenpeace-Liste der gefährlichsten Öltanker zur Grundlage weiterer, dringend notwendiger Sanktionen zu machen".

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