Banner kündigen die Europawahl auf dem Gelände des EU-Parlaments an.
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Vor Europawahl Im Fadenkreuz russischer Propaganda

Stand: 15.04.2024 09:23 Uhr

Kurz vor der Europawahl ist die EU Zielscheibe einer großangelegten Manipulationskampagne geworden. Wie Russland bei seinen Hybrid-Operationen vorgeht - und wie die EU sich davor schützt.

Von Olga Chladkova, ARD Brüssel

In den Büros des Auswärtigen Dienstes in Brüssel besteht schon lange die Sorge vor großangelegten Manipulationskampagnen. Das Team um Lutz Güllner hat unzählige Fälle dokumentiert, wie Russland versucht, Einfluss auf die EU zu nehmen. "Es geht darum uns zu täuschen, bei gesellschaftlichen Auseinandersetzungen extra nochmal ein bisschen Öl ins Feuer zu gießen, unsere demokratischen Prozesse zu unterminieren", sagt er.

Das Ziel dieser Kampagnen sei: "das Bild zu vermitteln, dass unsere liberale Demokratie nicht funktioniert, dass es eine Art Systemwechsel braucht". Doch trotz der Warnungen haben sich die EU und ihre Mitgliedsstaaten nicht ausreichend auf die Angriffe ausländischer Akteure vorbereitet.

Ermittlungen gegen drei Abgeordnete

Kurz vor der Europawahl ist die EU Zielscheibe einer großangelegten Manipulationskampagne geworden. In mehreren europäischen Ländern laufen derzeit Ermittlungen gegen ein pro-russisches Spionagenetzwerk rund um das Internetportal "Voice of Europe". Im Zentrum der Operation: das Europäische Parlament. Informationen des belgischen und tschechischen Geheimdienstes enthüllten die Funktionsweise der russischen Operation. "Moskau ist an Europaabgeordnete herangetreten und hat sie bezahlt, um eine prorussische Agenda voranzutreiben", betonte der belgische Premierminister Alexander de Croo.

Das Netzwerk arbeitet aus verschiedenen europäischen Ländern. Belgische Medien berichten, dass neben dem AfD-Politiker Petr Bystron auch Parteikollege und Europawahl-Spitzenkandidat Maximilian Krah und der niederländische Abgeordnete Marcel de Graff von der rechtspopulistischen Partei "Forum voor Demokratie" Geld erhalten haben sollen. Alle drei bestreiten dies. Die belgische Staatsanwaltschaft ermittelt nun in dem Fall.

"Hybride Bedrohung" im Netz und offline

Um auf die Bedrohung besser reagieren zu können, brauche die EU mehr Werkzeuge, um russische Propaganda und Disinformationskampagnen zu bekämpfen, erklärte De Croo. Auch die Europäische Staatsanwaltschaft solle sich in den Fall einschalten. Auf dem bevorstehenden EU-Gipfel am Mittwoch und Donnerstag solle über weitere Maßnahmen gegen russische Einflussnahme gesprochen werden.

Für Lutz Güllner ist das Netzwerk ein typisches Fall bewusster Informationssteuerung. "Man muss sich Desinformation immer nur als Teil des Werkzeugkasten des Angreifers vorstellen, in dem dann Cyberaktivitäten - also das berühmte Hacking zum Beispiel - eingesetzt werden und eben auch andere Elemente, die wir als hybride Bedrohung bezeichnen, die man natürlich dann genau identifizieren muss, wie Korruption und Ähnliches."

Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Die russischen Propaganda-Aktionen auch. Ein schwieriges Kräftemessen so kurz vor der Europawahl.