Serbiens Hauptstadt Belgrad Zehntausende demonstrieren erneut gegen Regierung
15 Menschen starben, als Anfang November ein Bahnhofsvordach im Norden Serbiens einstürzte. Kurz danach begannen die ersten Proteste mit dem Ruf nach Aufklärung. Nun gingen erneut Zehntausende in der Hauptstadt auf die Straße.
Mehr als sieben Wochen nach dem tödlichen Einsturz eines Bahnhofsvordachs in Serbien haben in der Hauptstadt Belgrad erneut Zehntausende Menschen protestiert und eine Bestrafung der Verantwortlichen gefordert. Der Protest richtete sich gegen Präsident Alexander Vucic, Ministerpräsident Milos Vucevic und den Bürgermeister von Novi Sad, wo sich das Unglück zugetragen hatte.
Die von Studierenden organisierte Kundgebung auf dem Slavija-Platz, einem sonst vielbefahrenen Kreisverkehr, begann mit 15 Schweigeminuten zum Gedenken an die 15 Todesopfer des Unglücks. Dann sorgten die Demonstranten mit Pfeifen und Tröten für Lärm. Auf Transparenten stand etwa "Eure Hände sind blutig" oder "Revolution der Kinder".
Seit Wochen wird in Serbien protestiert, vor allem in der nordserbischen Stadt Novi Sad oder wie hier in der Hauptstadt Belgrad.
Die Kundgebung sei eine der umfassendsten im Zuge dieser Protestwelle, berichteten Medien. Nach Angaben des Innenministeriums nahmen bis zu 29.000 Menschen an der Demonstration teil. Mit dabei waren auch Bauern, bekannte Schauspieler und Menschen aus anderen Landesteilen.
Kritiker sehen Schlampereien und Korruption
Am 1. November war im nordserbischen Novi Sad das Vordach des frisch renovierten Hauptbahnhofs eingestürzt. 15 Menschen starben, Dutzende weitere wurden verletzt. Der Bahnhofsumbau war Teil eines von chinesischen Unternehmen durchgeführten Neubaus der Bahnstrecke von Belgrad nach Budapest in Ungarn.
Nach dem Unglück nahm die Staatsanwaltschaft in Novi Sad Ermittlungen auf und verfügte vorübergehende Festnahmen, benannte aber keine Verdächtigen. Kritiker der Regierung von Präsident Vucic und Experten gehen davon aus, dass der Dacheinsturz auf Schlampereien und Korruption zurückzuführen sei.
Nach großen Demonstrationen in Novi Sad und Belgrad wurden Serbiens Studenten aktiv. Sie besetzten 50 Fakultäten an vier großen Universitäten des Landes. Später schlossen sich Gymnasiasten mit Besetzungen ihrer Schulen an. Diese halten bislang an.