Menschen betrachten ein Hologramm der ungarischen Sexarbeiterin Bernadett "Betty" Szabo in Amsterdam.

Amsterdam Polizei setzt in ungeklärtem Mordfall auf ein Hologramm

Stand: 11.11.2024 15:00 Uhr

Vor 15 Jahren wurde in den Niederlanden eine Prostituierte ermordet. Vom Täter fehlt jeder Spur. Die Polizei nutzt jetzt ein 3D-Bild des Opfers, um den Fall vielleicht doch noch aufklären zu können.

Von Ludger Kazmierczak, Den Haag

Ein rot beleuchtetes Fenster in der Korte Stormsteeg, einer kleinen Gasse im Amsterdamer Rotlichtviertel De Wallen. Hinter der Glasscheibe ist eine junge Prostituierte mit kurzen blonden Haaren zu sehen. Sie trägt lediglich ein Top und Hotpants. Die Frau im Fenster ist nicht echt, sondern ein lebensgroßes Hologramm von Betty Szabo. Damit sucht die Polizei nach ihrem Mörder.

Die Ungarin habe 2008 im Alter von 18 Jahren ihre Heimat verlassen, um in Amsterdam ihr Glück zu suchen, sagt Polizeisprecherin Anne Dreijer-Heemskerk. "Wir wissen aus Ungarn, dass sie eine begabte Geigenspielerin war und aufs Gymnasium ging. Es ist die altbekannte Geschichte, in der sich eine junge Frau auf die falschen Personen einlässt, und so ist sie nach Amsterdam gelockt worden."

Täter ist bislang nicht gefasst

Bernadett Szabo, genannt Betty, habe ihr Geld als Prostituierte im Amsterdamer Rotlichtmilieu verdient, erzählt Benjamin van Gogh vom Cold Case Team der Amsterdamer Polizei. "Hier wird sie auch schwanger. Sie hat trotzdem weitergearbeitet und schließlich ihr Kind zur Welt gebracht." Acht Tage nach der Geburt habe sie schon wieder angefangen zu arbeiten. "2009 wurde sie ermordet. Der Täter wurde bis heute nicht gefasst", so der Polizist.

Im Februar 2009 entdeckten Kolleginnen von Betty die blutüberströmte Leiche der jungen Frau in jenem Zimmer, in dem die Prostituierte ihre Kunden empfing. Die damals 19-Jährige wurde mit fast 70 Messerstichen brutal ermordet.

Wenn die künstlich geschaffene Betty jetzt das Fenster in der Korte Stormsteeg anhaucht, steht auf der beschlagenen Scheibe der Hilferuf "Help". Rechts und links neben dem Fenster wird die Geschichte der jungen Frau erzählt - verbunden mit dem Aufruf, mögliche Hinweise auf die Tat der Polizei mitzuteilen.

Auf einem Bildschirm mit einem Hologramm der ungarischen Sexarbeiterin Bernadett "Betty" Szabo in Amsterdam steht "Help".

Mögliche Zeugen sollen helfen, den offenen Mordfall aufzuklären.

Zeugen sollen sich melden

"Wir hoffen, dass Leute, die sich damals nicht getraut haben zu sprechen, durch die verstrichenen Jahre - wir sind jetzt 15 Jahre weiter - nun doch bereit sind, auszusagen", sagt Polizeisprecherin Dreijer-Heemskerk. Das gehe auch anonym. "Aber wir hoffen, dass diese Personen sich melden."

Es ist das erste Mal, dass die Polizei in den Niederlanden mit Hilfe eines Hologramms nach Zeugen in einem lange zurückliegenden Mordfall sucht. Noch bis Samstag soll die Aktion laufen - mit einer virtuellen Person, die ganz bewusst keine exakte Kopie der echten Betty sei, so Polizeisprecher van Gogh. "Uns war klar, dass es heftig sein kann, diese Bilder zu sehen. Wir haben deshalb auch keine fotorealistische Kopie von Betty angefertigt." Wer sie gekannt habe, denke nicht, dass sie zum Leben erweckt wurde. "Das wollten wir vermeiden."

Hohe Belohnung ausgesetzt

Bernadett Szabo hat ihren Sohn gleich nach der Geburt in eine Pflegefamilie gegeben. Der Junge hat seine Mutter nie kennengelernt, heute ist er 16 Jahre alt. Und auch er möchte wissen, wer Betty ermordet hat. Für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, hat die Polizei eine Belohnung von 30.000 Euro ausgesetzt.