Der Laabenbach in Österreich

Nachbarländer Deutschlands Katastrophenalarm in Österreich

Stand: 15.09.2024 09:42 Uhr

Die Hochwasserlage in Österreich spitzt sich zu: Behörden erklärten ganz Niederösterreich zum Katastrophengebiet, ein Stausee droht überzulaufen. Auch andere Länder kämpfen weiter gegen die Wassermassen.

In den von schweren Überschwemmungen betroffenen deutschen Nachbarländern ist nach wie vor keine Entspannung der Situation in Sicht.

In Österreich wurde wegen der anhaltenden Niederschläge ganz Niederösterreich zum Katastrophengebiet erklärt. Wie die Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner dem ORF sagte, habe sich die Situation hier weiter zugespitzt. Zudem erwarten die Meteorologen weiter kräftige Niederschläge.

Niederösterreich ist die am schlimmsten von den derzeitigen Unwettern betroffene Region. In dem Bundesland, das die Hauptstadt Wien umschließt, wohnen rund fast zwei Millionen Menschen. In der Nacht gab es dort fast 4.500 Feuerwehreinsätze. In einigen Gemeinden musste die Feuerwehr in der Nacht eingeschlossene Menschen aus ihren Häusern retten.

Bahnverkehr auf zahlreichen Strecken eingestellt

Laut österreichischer Nachrichtenagentur APA waren zahlreiche Ortschaften auf dem Landweg nicht mehr erreichbar. Menschen in flussnahen Straßen wurden in mehreren Gemeinden aufgefordert, ihr Häuser zu verlassen. Die Erklärung zum Katastrophengebiet gibt Behörden erweiterte Befugnisse, etwa, um Evakuierungen anzuordnen.

Im Waldviertel rund 120 Kilometer nordwestlich von Wien wird voraussichtlich im Laufe des Tages der Ottensteiner Stausee am Fluss Kamp überlaufen. Laut Berechnungen des niederösterreichischen Energieversorgers EVN werde die Speicherkapazitäten des Ottensteiner Stausees im Waldviertel erschöpft sein, berichtet der ORF. Sonntagfrüh seien Abflüsse aus dem See in der Größenordnung eines 30-jährigen Hochwassers zu verzeichnen gewesen.

Auf zahlreichen Bahnstrecken im Land wurde der Verkehr eingestellt. In Wien fahren seit dem frühen Morgen einige U-Bahn-Linien nur eingeschränkt.

Erstes Todesopfer in Polen

In Polen forderten die Wassermassen ein erstes Todesopfer. "Wir haben den ersten bestätigten Tod durch Ertrinken hier, im Bezirk Klodzko", sagte Regierungschef Donald Tusk, der dort an einer Sitzung des Einsatzstabs teilnahm. Tusk wiederholte seinen Appell an die Bevölkerung, die Evakuierungsaufrufe der Behörden ernst zu nehmen und sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. "Die Situation ist an vielen Orten dramatisch." An mehreren Orten in Polen sei bereits mehr Regen niedergegangen als bei der sogenannten Jahrtausendflut im Jahr 1997, sagte Tusk.

Die niederschlesische Kleinstadt Klodzko mit 26.000 Einwohnern liegt etwa hundert Kilometer südlich von Breslau (Wroclaw) an der Glatzer Neiße, einem Nebenfluss der Oder. Dort hat sich die Situation in der Nacht zugespitzt. Am Sonntagmorgen betrug der Wasserstand der Glatzer Neiße 6,65 Meter. Üblich sei ein durchschnittlicher Wasserstand von einem Meter, sagte ein Sprecher der örtlichen Feuerwehr der Nachrichtenagentur dpa.

Am Abend war zudem in Miedzygorze im Glatzer Schneegebirge ein Staudamm übergelaufen. Obwohl Wasser abgelassen wurde, hätte der Damm den Höchststand erreicht, schrieb die niederschlesische Gemeinde Bystryca Klodzka auf X. "Der Wasserzulauf ist riesig." Bewohner tiefer gelegener Dörfer wurden laut Wasserwirtschaftsbehörde evakuiert.

Auch andernorts verschlechterte sich die Situation. In dem Dorf Glucholazy in der Region Oppeln heulten am Morgen die Sirenen. Die Behörden ordneten dort eine zwangsweise Evakuierung aus allen bedrohten Ortsteilen an, weil der Fluss Biala Glucholaska über die Ufer getreten ist.

Evakuierungen in Tschechien ausgeweitet

In Tschechien werden laut Behörden infolge der Überschwemmungen vier Menschen vermisst. Auch hier wurden die Evakuierungen ausgeweitet. Besonders betroffen ist das Grenzgebiet zu Polen im Osten des Landes. In der Nacht ordnete der Bürgermeister von Cesky Tesin die Evakuierung von mehreren Tausend Einwohnern aus dem Stadtzentrum an. Die Olsa, ein Nebenfluss der Oder, drohte dort über die Ufer zu treten.

Bereits zuvor hatten in Opava am gleichnamigen Fluss Tausende Menschen wegen akuter Überflutungsgefahr ihre Wohnungen verlassen müssen. Auch in Krnov und anderen Städten mussten Menschen in Sicherheit gebracht werden. Im Altvatergebirge wurde die 2000-Einwohner-Gemeinde Ceska Ves durch die Wassermassen der Bela von der Außenwelt abgeschnitten. Ein Nachlassen der Regenfälle ist den Vorhersagen zufolge frühestens am Montag in Sicht.

Im Südwesten Tschechiens lief die Talsperre Husinec im Böhmerwaldvorland wegen des Hochwassers über. Die darunter liegenden Gemeinden entlang der Blanice konnten frühzeitig gewarnt worden.

Mehr als 250.000 Haushalte im Land sind ohne Strom. Wegen der aufgeweichten Böden waren zahlreiche Bäume auf oberirdische Freileitungen und Hochspannungsleitungen gestürzt, berichtete die Agentur CTK unter Berufung auf die Energieversorger.

Mehrere Tote in Rumänien

Auch im Osten Rumäniens ist es nach heftigen Regenfällen zu Überschwemmungen gekommen. In den Landkreisen Galati und Vaslui seien mindestens vier Menschen ums Leben gekommen, teilte die Katastrophenhilfe mit. In der am schlimmsten betroffenen Region des Landes seien zudem etwa 5.000 Häuser beschädigt worden.

Dauerregen in Bayern und Sachsen erwartet

Auch in Deutschland kam es angesichts der Regenfälle zu kleineren Überschwemmungen im Südosten des Landes, die Lage ist aber noch übersichtlich. Laut dem deutschen Wetterdienst (DWD) ist allerdings in Bayern und Sachsen am Sonntag weiter mit Dauerregen zu rechnen.

Ab dem Nachmittag sei von den Alpen über das Vorland bis nach Niederbayern mit aufkommendem und unwetterartigem Dauerregen zu rechnen. Bis in den Dienstag hinein können dort gebietsweise 40 bis 60 Liter pro Quadratmeter innerhalb von knapp 48 Stunden fallen. Am östlichen Alpenrand 60 bis 90 Liter pro Quadratmeter im selben Zeitraum.

In Sachsen ist laut DWD ab dem Mittag bis zum Montagnachmittag wieder mit Dauerregen zu rechnen. Vom Erzgebirge bis in die Oberlausitz können demnach Regenmengen zwischen 30 und 50 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden fallen. In Staulagen im Osterzgebirge seien eng begrenzt auch Mengen von bis zu 60 Liter pro Quadratmeter möglich.

 

Ausgelöst werden die Regenfälle durch eine seltene Wetterlage, bei der ein Tief aus dem warmen Mittelmeerraum im Alpenraum auf polare Kaltluft trifft. Solche Entwicklungen führten häufig zu ergiebigen, manchmal auch zu extremen Niederschlägen und Unwettern, erklärt Rainer Behrendt vom ARD-Wetterkompetenzzentrum. Viel Feuchtigkeit vom zuletzt stark überwärmten Mittelmeer begünstigten dies im Fall des Tiefs "Anett", das international "Boris" heißt, in außerordentlichem Maß.

15 Im dieses September Dieses Am Programm: 09:00 über Berichtete