Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, vor Flaggen der EU (Archivbild)

Verfahren wegen "Souveränitätsgesetz" EU-Kommission geht erneut gegen Ungarn vor

Stand: 07.02.2024 15:59 Uhr

Seit Dezember gilt in Ungarn das "Souveränitätsgesetz". Es soll laut Regierung vor Wahl-Beeinflussung aus dem Ausland schützen. Die EU sieht darin allerdings eine Gefahr für die Demokratie und geht wieder einmal gegen Ungarn vor.

Die EU-Kommission wirft Ungarn erneut vor, mit einem Gesetz europäisches Recht zu verletzen und leitet deswegen ein Verfahren ein. Das kürzlich im ungarischen Parlament verabschiedete "Gesetz zur Verteidigung der nationalen Souveränität" verstoße unter anderem gegen Grundsätze der Demokratie, der freien Meinungsäußerung und der Vereinigungsfreiheit, teilte die Brüsseler Behörde mit. Sie habe Ungarn deswegen um Stellungnahme gebeten und damit ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Neue Behörde mit "weitreichenden Befugnissen"

Mit dem im Dezember verabschiedeten Gesetz wurde auch ein neues "Amt für Souveränitätsschutz" eingerichtet. Aufgabe der neu geschaffenen Behörde ist es, "Organisationen ausfindig zu machen und zu untersuchen, die Finanzmittel aus dem Ausland erhalten und darauf abzielen, den Wählerwillen zu beeinflussen". Das bereits geltende Verbot der Parteienfinanzierung aus dem Ausland wurde damit auf Vereine und andere Organisationen ausgeweitet.

"Die Schaffung einer neuen Behörde mit weitreichenden Befugnissen und einem strengen Überwachungs- und Sanktionsregime birgt die Gefahr, der Demokratie in Ungarn ernsthaften Schaden zuzufügen", sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel.

Orban: "Wollen das Land kiloweise kaufen"

Ungarn muss nun innerhalb von zwei Monaten auf die Vorwürfe reagieren. Kann das Land sie nicht entkräften, kann die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Ungarn klagen. Im Fall einer Verurteilung würde dem Land dann bei einem weiteren Festhalten an dem Gesetz eine Geldstrafe drohen.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hatte das "Souveränitätsgesetz" bei einem Parteitag seiner Fidesz-Partei im vergangenen November angekündigt und damit begründet, dass Ausländer angeblich "die künftige ungarische Regierung und mit ihr das Land kiloweise kaufen" wollten. Die ungarische Regierung beschuldigt die EU und Organisationen aus den USA und anderen Ländern immer wieder, "Milliarden von Euro" an die Opposition zu verteilen.

Parallelen zu russischem Gesetz

In den vergangenen Wochen hatten bereits mehrere EU-Parlamentarier das Gesetz heftig kritisiert - als einen weiteren Schritt hin zu einer vom russischen Präsidenten Wladimir Putin inspirierten Gesellschaft. Auch die USA hatten scharfe Kritik an dem "Souveränitätsgesetz" und der neuen Behörde geübt. Sie habe "ein Mandat von atemberaubendem Ausmaß", sagte der US-Botschafter in Ungarn, David Pressman. Im Vergleich dazu wirke das russische Gesetz über "ausländische Agenten" milde. Damit unterdrückt der Kreml nach westlicher Einschätzung die Zivilgesellschaft in Russland.

Es ist nicht das erste Mal, dass die für die Einhaltung von EU-Recht zuständige EU-Kommission gegen das Land wegen Bedenken am Zustand des Rechtsstaats ein Verfahren einleitet. Im Dezember hatte sie allerdings auch zehn Milliarden Euro an eingefrorenen Geldern für Ungarn freigegeben mit der Begründung, dass der ungarische Regierungschef die dafür nötigen Reformen umgesetzt habe.

Orban regiert Ungarn seit 2010 ununterbrochen und hat seitdem die Pressefreiheit und die Grundrechte nach Einschätzung der EU-Partner immer weiter eingeschränkt.

Mit Informationen von Matthias Reiche, ARD Brüssel

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