Debatte um angeblichen Sozialmissbrauch Ein Leitfaden gegen Missverständnisse

Stand: 13.01.2014 17:53 Uhr

Die hitzige Debatte um angeblichen Sozialmissbrauch von Zuwanderern versucht die EU-Kommission mit Fakten herunterzukühlen. Es gebe klare Schutzklauseln im EU-Recht, sagte Arbeitskommissar Andor und stellte einen Leitfaden zu Regeln für die Arbeit im EU-Ausland vor.

"Überemotional und fehlgeleitet" werde die Debatte um angeblichen Sozialmissbrauch in einigen Ländern geführt, sagte EU-Arbeitskommissar Lazlo Andor. Dass er damit auch Deutschland meinte, sagte Andor so nicht. Aber natürlich kennt der Kommissar die Diskussion auch hierzulande nur zu gut. "Was die Frage zum Zugang zu Hartz-IV-Sozialförderung angeht, so gab es in letzter Zeit sehr viele fehlerhafte Veröffentlichungen. Es gab viele Missverständnisse."

"Brüssel: Hartz IV für arbeitslose Ausländer" - so titelte zum Beispiel die "Süddeutsche Zeitung" am vergangenen Freitag. Das heizte die gerade erst auf Zimmertemperatur abgekühlte Debatte wieder auf.

Es habe falsche Berichte gegeben, sagte Andor. "Es stimmt nicht, dass Brüssel Druck macht, Sozialhilfe an alle vom ersten Tag an zu zahlen. Es gibt keinen automatischen Anspruch darauf, wenn jemand in ein anderes Land geht. Unser Punkt ist: Wenn jemandem nach drei Monaten Sozialhilfe verweigert wird, dann muss eine Prüfung erfolgen, wo der Betreffende seinen gewöhnlichen Wohnort hat."

Jeder Fall muss geprüft werden

Die Kommission dringt also auf eine Einzelfallprüfung. Es gebe keinen Automatismus, nach dem arbeitslose Ausländer generell keine Sozialhilfe bekommen. Es seien genug Sicherungen in das EU-Recht eingebaut, um Sozialmissbrauch zu vermeiden, sagte Andor. "Es gibt ganz sicher Grenzen für EU-Bürger, sich in einem anderen Land aufzuhalten."

Der jetzt vom Arbeitskommissar vorgestellte Leitfaden widmet sich denn auf rund 50 Seiten auch eher denjenigen, die Arbeit haben. Neue Erkenntnisse betreffend arbeitslose Zuwanderer, die für so erbitterte Debatten in Deutschland und auch in Großbritannien geführt hatten, liefert er nicht. "Wenn die Menschen in Großbritannien zum Beispiel feststellen, dass es seit dem 1. Januar gar keinen Zustrom von Rumänen und Bulgaren gibt, dann hilft das, die Besorgnis zu verringern. Dann werden die Menschen mehr darauf aufmerksam, dass die arbeitenden Einwanderer nicht nur der Wirtschaft, sondern auch den Sozialsystemen viele Vorteile bringen."

Seit Wochen versucht nicht nur die EU-Kommission die Debatte mit dem Hinweis herunterzukühlen, dass sozialer Missbrauch eher die Ausnahme ist. Die Industrie - auch in Deutschland und Großbritannien - sucht verzweifelt nach Fachkräften und kann eine ausländerfeindliche Debatte ganz und gar nicht gebrauchen. Und Arbeitskommissar Andor betonte jetzt erneut: Zuwanderer zahlen in die Sozialsysteme mehr ein als sie herausbekommen.

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