EU-Spitzenpersonal dringend gesucht Eine Favoritin, eine Dänin, ein Pole

Stand: 29.08.2014 17:13 Uhr

Die Besetzung der EU-Spitzenposten ist ein Jonglieren mit vielen politischen Bällen. Eine Nachfolgerin der Außenbeauftragten Ashton scheint gefunden, beim Amt des Ratspräsidenten ist die Lage verworrener. Die Zeit für eine Einigung läuft ab.

Gipfelchef Herman Van Rompuy muss die EU-Spitzen schon zum zweiten Mal zusammenrufen, um seine Nachfolge und die der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton zu regeln. Beim ersten Mal, Mitte Juli, endeten die Beratungen in einer Sackgasse. "Das ist ein bisschen unglücklich, aber nicht dramatisch, gar nicht dramatisch", redete der Belgier danach das Scheitern klein.

Als Stolperstein hatte sich vor allem der Streit um die italienische Außenministerin Federica Mogherini erwiesen. Die will der dortige Regierungschef Matteo Renzi mit aller Macht als neue EU-Chefdiplomatin durchsetzen.

Viele Zweifel an Mogherini

Das rief besonders den Widerstand der Osteuropäer auf den Plan. Die glauben, dass Mogherini zu konziliant gegenüber den Russen agieren könnte. Italien steht immer eher auf der Bremse, wenn es um eine schärfere Reaktion auf Putins Interventionskurs in der Ukraine geht. Außerdem gibt es erhebliche Zweifel, ob Mogherini mit ihren 41 Jahren die nötige Erfahrung und das nötige Durchsetzungsvermögen für den Job mitbringt.

Elmar Brok, der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im EU-Parlament, gab zu bedenken: "In Zeiten solcher Krisen als Neuling hineinzukommen, ist natürlich außerordentlich schwer." Mogherini sei erst seit Februar italienische Außenministerin, vorher habe sie mit Außenpolitik nichts zu tun gehabt. Zudem sollte die europäische Außenpolitik eigentlich nach der blassen und medienscheuen Lady Ashton endlich eine starke Stimme bekommen.

Merkel wird wohl kein Veto einlegen

Aber für Mogherini sprechen zwei Dinge: Sie ist eine Frau und Frauen werden für Europas Spitzenpersonal händeringend gesucht. Und sie kommt aus dem sozialdemokratischen Lager. Diesem Lager steht ein hoher Posten zu, weil mit Jean-Claude Juncker ein Konservativer zum Präsidenten der EU-Kommission bestellt wurde. Das akzeptiert auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Jetzt gibt es eine gewisse Logik, finde ich, dass wenn der Kommissionspräsident EVP ist, dass dann der oder die Hohe Beauftragte Sozialistin ist."

Und so dürfte Italiens Regierungschef Renzi seinen Willen wohl im zweiten Anlauf doch durchsetzen. EU-Diplomaten jedenfalls erwarten eine relativ schnelle Einigung auf Mogherini.

Tusk oder Thorning-Schmidt?

Den anderen europäischen Topjob, der vergeben werden soll, den des EU-Ratspräsidenten, reklamieren sowohl die Osteuropäer als auch die Nordeuropäer für sich. Beide Ländergruppen gingen bislang im europäischen Postenpoker leer aus. Am häufigsten genannt werden da die sozialdemokratische dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt und der polnische Regierungschef Donald Tusk aus dem konservativen Lager.

Lange galt die fließend Englisch und Französisch sprechende Dänin als Favoritin. Auch wenn sie ihr Interesse an dem Job immer wieder dementierte: "Ich bin keine Kandidatin. Dem habe ich nichts hinzuzufügen." Was nicht unbedingt viel heißen muss, denn offen hat sich ohnehin noch nie jemand zu seinen Ambitionen auf die Nachfolge Van Rompuys bekannt.

Auch Donald Tusk hatte bislang immer betont, dass er seine Aufgabe an der Spitze der polnischen Regierung sehe. Aber nachdem sich unter anderem der britische Premier David Cameron diese Woche für ihn stark gemacht hat, ließ Tusk verlauten, dass er sich die Sache überlegen wolle.

Scheitern ist keine Option

Die Wahl des polnischen Premiers wäre ein starkes Signal an Moskau, denn der 57-Jährige gehört zu den entschiedensten Kritikern von Putins Übergriffen auf die Ukraine. Tusks Manko: Er spricht nur wenig Englisch. Das ist ein ziemliches Handicap für einen EU-Ratspräsidenten, der in persönlichen Gesprächen hinter den Kulissen die Strippen ziehen soll.

Wie aufwendig das ist, davon kann Noch-Amtsinhaber Van Rompuy ein Lied singen. Die vergangene Tage hat er mit allen Regierungschefs telefoniert, um den Personaldeal vorzubereiten. Denn ein erneutes Scheitern muss auf jeden Fall vermieden werden. Ein solches Signal der Handlungsunfähigkeit kann sich die EU in diesen gefährlichen Zeiten einfach nicht leisten.