EU Präsident Charles Michel

Verhandlungen über Corona-Hilfen Michels eindringlicher Appell

Stand: 20.07.2020 00:04 Uhr

Mit einem letzten Appell hat EU-Ratspräsident Michel versucht, den Sondergipfel zu den geplanten Corona-Hilfen vor einem Scheitern zu bewahren. Allerdings liegen die Vorstellungen immer noch weit auseinander.

EU-Ratspräsident Charles Michel hat nach Angaben von Diplomaten einen weiteren Kompromissvorschlag unterbreitet, ist aber auf Widerstand der sogenannten sparsamen EU-Staaten gestoßen. Demnach sollte die Summe der Zuschüsse aus dem Corona-Krisenprogramm von ursprünglich 500 Milliarden auf 400 Milliarden Euro reduziert werden.

Die Ländergruppe Österreich, Schweden, Dänemark, die Niederlande und Finnland hätten den Vorschlag jedoch abgelehnt. Sie wollen nach Angaben von Diplomaten nicht mehr als 350 Milliarden Euro an Zuschüssen und bezeichnen dies als letztes Angebot.

Rabatte auf Beitragszahlungen gefordert

Darüber hinaus verlangten sie Rabatte auf ihre Beitragszahlungen an den EU-Haushalt, wie es weiter hieß. Michels Vorschlag umfasste den Angaben zufolge auch Lösungsansätze zum Streit über die Kontrolle der Auszahlung von Geldern, ein Angebot für Rabatte und Kompensation für Bauern in Österreich, einen Schlüssel für die Verteilung der Krisenhilfen und für die Koppelung von EU-Geldern an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit.

Wie ein Ausweg aus der Sackgasse aussehen könnte, ist weiter unklar. Die Staats- und Regierungschefs berieten am Abend in großer Runde darüber, derzeit ist der Gipfel für Gespräche in kleiner Runde unterbrochen.

Ratspräsident mahnt

Nach Angaben von Teilnehmern rief Michel die 27 Staats- und Regierungschefs eindringlich zur Einheit auf. Sonst werde die EU "das Gesicht eines schwachen, vom Misstrauen untergrabenen Europas zeigen", warnte der Belgier. Seine Hoffnung sei, dass die Zeitungen am Montag titeln könnten, "dass die EU eine unmögliche Mission erfolgreich gemeistert hat". 

Zuvor hatte Michel in stundenlangen Einzel- und Gruppengesprächen versucht, einen Kompromiss in den völlig verkeilten Verhandlungen auszuloten.

Die Staats- und Regierungschefs müssen nun entscheiden, ob sie den Gipfel noch fortsetzen wollen. Er sollte ursprünglich bereits am Samstag enden, war aber wegen der schwierigen Verhandlungen verlängert worden.

Orban giftet gegen Rutte

Die Fronten sind verhärtet. Der Widerstand der sparsamen Ländergruppe sei nicht mehr akzeptabel, sagte etwa der portugiesische Regierungschef Antonio Costa. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte sprach von einem harten Kampf.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban lehnt es nach wie vor kategorisch ab, dass europäische Fördermittel gekürzt werden können, wenn ein Land die Grundrechte einschränkt. Seinem niederländischen Kollegen Mark Rutte warf Orban vor, Ungarn zu hassen und das Land bestrafen zu wollen.

Knackpunkt ist der Corona-Hilfsfonds

Bei dem Gipfel in Brüssel geht es um ein Finanz- und Krisenpaket von gut 1,8 Billionen Euro: Es besteht aus einem schuldenfinanzierten Konjunktur- und Investitionsprogramm im Umfang von 750 Milliarden Euro und dem neuen siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen von mehr als 1000 Milliarden Euro.

Knackpunkt in den Verhandlungen ist der Corona-Hilfsfonds. Fünf Staaten lehnen es ab, dass der Großteil der Gelder als nicht rückzahlbare Zuschüsse an jene Länder ausgezahlt werden, die am schwersten von der Pandemie betroffen sind. Sie verlangen, diesen Anteil deutlich zu verringern und stattdessen Kredite zu vergeben.

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