Theresa May und Jean-Claude Juncker

EU-Gipfel in Brüssel Brexit-Aufschub - nur bis wann?

Stand: 21.03.2019 22:48 Uhr

Die EU erwägt einen Aufschub des Brexits bis kurz vor der Europawahl. Unklar ist jedoch das genaue Datum. Auf dem Gipfel werden vor allem zwei Termine diskutiert - sofern das britische Unterhaus den Austrittsvertrag doch noch billigt.

Die EU-Staats- und Regierungschefs könnten sich Insidern zufolge bei ihren laufenden Verhandlungen auf einen zweistufigen Ansatz zur Verschiebung des Brexit einigen. Sollte das Austrittsabkommen in der kommenden Woche vom Parlament in London verabschiedet werden, würde Großbritannien eine Frist bis zum 22. Mai angeboten werden, verlautet aus Diplomatenkreisen. Wenn nicht, hätte Großbritannien bis zum 12. April Zeit mitzuteilen, ob das Land an den EU-Wahlen teilnimmt.

Am Abend war die Debatte unterbrochen worden. Es sollte beim Abendessen weiter um den Austritt Großbritanniens aus der EU gehen, teilte der Sprecher von EU-Ratschef Donald Tusk auf Twitter mit. Eigentlich hatte die Debatte gegen 19 Uhr zu Ende sein sollen.

Zuvor waren während der Sitzung mehrere Daten für eine Brexit-Verschiebung diskutiert worden, darunter der 7. und der 22. Mai. In jedem Fall sollte der eigentlich für Freitag kommender Woche geplante Austritt demnach vor der Europawahl (23.-26. Mai) vollzogen werden, sofern das britische Unterhaus nächste Woche den Austrittsvertrag doch noch billigt. Die britische Premierministerin Theresa May hatte einen deutlich längeren Aufschub erbeten - bis zum 30. Juni.

Warnung vor ungeregeltem Austritt

Mehrere Politiker hatten auf dem Gipfel in Brüssel an das britische Unterhaus appelliert, einen chaotischen Austritt Großbritanniens abzuwenden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte nach einem Vier-Augen-Gespräch mit der britischen Ministerpräsidentin Theresa May, das Risiko eines No-deal-Brexit sei nicht gebannt. Falls es im Unterhaus in der kommenden Woche erneut zu einer Ablehnung der Vereinbarung komme, "bewegen wir uns auf ein No-Deal-Szenario zu".

Auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte, wenn das Unterhaus abermals mit Nein stimme, "wird alles schwieriger". Der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel mahnte eine rasche Entscheidung in London an: "Wir suchen hier nicht nach der Ausgangstür, wir suchen den Notausgang." Das Problem liege eindeutig in London: "Mich erinnert das hier manchmal an das Drama 'Warten auf Godot'."

May schließt "No deal" nicht aus

May, die im Parlament in London bisher keine Mehrheit für das Austrittsabkommen zustande gebracht hat, schloss in einer Erklärung auch einen ungeordneten Brexit nicht mehr aus. Das wichtigste sei, den Brexit vollziehen, sagte sie in Brüssel. Die Entscheidung des britischen Volkes müsse anerkannt werden - und entsprechend geliefert werden.

Aufschub, um No-deal-Brexit zu verhindern

Vor ihrer Reise nach Brüssel hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag erklärt: "So sehr wir auf einen geordneten Austritt hinarbeiten, so bereiten wir uns auch darauf vor, dass es einen ungeregelten Austritt geben kann." Sie hoffe auf ein positives Votum der britischen Parlamentarier. Dieses sei Voraussetzung für einen Brexit-Aufschub.

Druck von britischer Wirtschaft

Auch in ihrer Heimat gerät May weiter unter Druck. Die beiden größten Gewerkschafts- und Unternehmerverbände in Großbritannien haben die Regierung zu einem Kurswechsel im Brexit-Streit aufgerufen. Ansonsten drohe ein "nationaler Notstand", warnten Frances O’Grady vom Gewerkschaftsverband TUC und Carolyn Fairbairn vom Unternehmerverband CBI in einem offenen Brief an May. "Ein neuer Ansatz muss her, einer, der Arbeiter, die Wirtschaft und eine offene Grenze in Irland schützt, eine Mehrheit im Parlament bekommt und mit der EU verhandelbar ist", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Oppositionsführer Jeremy Corbyn - der ebenfalls in Brüssel ist - warb für einen alternativen Brexit-Plan. Er halte er es für möglich, noch vor der Europawahl einen Deal über engere wirtschaftliche Beziehungen mit der EU zu vereinbaren, erklärte Corbyn. "Es ist Zeit, dass Abgeordnete zusammenarbeiten und einen Konsens finden, der durchs Parlament geht."

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