EU-Finanzministertreffen in Mailand Privatinvestitionen gegen die Krise

Stand: 13.09.2014 13:49 Uhr

Die EU-Finanzminister beraten in Mailand über mögliche Wege, wie die lahmende Konjunktur in den europäischen Krisenländern überwunden werden kann. Ihre Vorschläge, private Investitionen zu stärken und Steuern zu senken, stoßen in Italien aber auf Kritik.

Wirtschaft sei zu 50 Prozent Psychologie, zitierte Finanzminister Wolfgang Schäuble in Mailand Ludwig Erhard. Am liebsten würden die EU-Finanzminster in Mailand Unternehmern und Konsumenten eine kollektive Aufbruchstimmung suggerieren. Da das nicht geht, bleibt den Ministern nur die nüchterne Bestandsaufnahme.

So sagte Finanzminister Schäuble: "Wir werden uns natürlich im Wesentlichen mit der wirtschaftlichen Lage in Europa beschäftigen."

Italien in der Wirtschaftskrise

Positive Entwicklungen diagnostizieren Europas Finanzminister bei den Krisenstaaten Spanien, Portugal und Griechenland. Spaniens Verschuldung ist mittlerweile niedriger als die Italiens. Auch Zypern sehen die Finanzminister tendenziell auf dem richtigen Konsolidierungsweg und Irland möchte einen Teil seiner EU-Rettungsgelder sogar vorzeitig zurückzahlen. Doch diese erfreulichen Befunde ändern nichts daran, dass die zweit- und die drittwichtigste Volkswirtschaft der EU massiv kränkeln: Frankreich und Italien.

Die Finanzminister müssen nur vor die Tür des Kongresszentrums gehen und sich mit Mailänder Geschäftsleuten unterhalten: Sie klagen kollekiv über die massive Kaufzurückhaltung ihrer Landsleute, die auf monatlich fallende Preise spekulieren. Das Wort "Inflation" ist in Italien bereits ein Fremdwort. Sie lag im August bei minus 0,1 Prozent und das Wirtschaftswachstum bei 0 Prozent.

Italiens Unternehmer haben keine Probleme, an Kredite zu kommen. Doch warum sollen sie investieren, wenn sich die potentiellen Konsumenten vor allem durch Kaufzurückhaltung auszeichnen?

"Bessere Rahmenbedingungen für Investitionen" müsse es in Ländern wie Italien, Frankreich und auch Deutschland geben, fordern Bundesfinanzminister Schäuble und EU-Währungskommissar Katainen in Mailand. Die Begriffe Strukturreform und verbesserte Rahmenbedingungen sind ihre Lieblingsvokabeln bei diesem Finanzministertreffen. "Mehr Investitionen in der privaten Wirtschaft durch verbesserte Rahmenbedingungen", wiederholt Schäuble. Im Klartext: Italien soll zum Beispiel seine Steuern auf Arbeitseinkommen senken.

Kredite dort möglich, wo sie nicht nötig sind

Doch die Botschaft aus Mailand kommt bei der Regierung in Rom nicht gut an. Italien halte die EU-Schuldenobergrenze von drei Prozent ein und brauche keine Ratschläge von außen - weder von europäischen Finanzministern noch von der EU in Brüssel, konterte Italiens Premier Matteo Renzi und demonstrierte damit eindrücklich, auf welchen innenpolitischen Widerstand die Therapievorschläge des EU-Finanzministertreffens im Gastgeberland Italien stoßen.

Diese Vorschläge richten sich nicht nur an Europas Regierungen, sondern auch an kleine und mittlere EU-Unternehmen. Mehr private Investitionen fordert Schäuble. Dem Ratschlag würden viele kleine und mittlere Unternehmen in den südeuropäischen Krisenländern gerne folgen - zum Beispiel in Griechenland, wo Start-up-Unternehmen in den Bereichen Pharma, Umwelt , IT und Tourismus händeringend auf Kredite warten, die sie aber häufig nicht bekommen. Denn die örtlichen Banken sitzen auf einem Berg fauler Kredite und sind dementsprechend äußerst risikoscheu.

All das führt zu einer paradoxen Situation: Unternehmer in Italien, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland könnten ohne Probleme an Kredite kommen, sind aber wegen der stagnierenden Wirtschaft daran zurzeit wenig interessiert. Umgekehrt bräuchten Unternehmer in den Euro-Sorgenländern dringend Kredite, erhalten sie aber nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten. An diesem Problem ändern auch alle Investitionsappelle in Mailand nur wenig.

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