Debatte um Einfluss von DiTiB Religion, Politik und viel Misstrauen

Stand: 29.04.2016 03:53 Uhr

Noch schwelt die Debatte eher, als dass sie lodert - doch die Kritik an der Finanzierung von Imamen und Moscheen aus der Türkei wird zunehmend lauter. 970 türkische Imame sollen sich derzeit in deutschen Moscheen aufhalten - und was genau sie predigen, wissen die wenigsten.

Von Sabine Müller, ARD Berlin

Von Sabine Müller, ARD-Hauptstadtstudio

Es ist nicht die erste politische Debatte über den türkisch-islamischen Dachverband DiTiB und seinen Einfluss in Deutschland, aber im Moment fällt sie auf sehr fruchtbaren Boden, weil viele Faktoren zusammenkommen. Von beunruhigenden Entwicklungen in der Türkei über die laufende Integrationsdebatte hier in Deutschland, dem wachsenden Zulauf der islamkritischen AfD, der die anderen Parteien zutiefst verunsichert, bis hin zur Böhmermann-Affäre und die Frage, ob der türkische Präsident Erdogan die deutsche Politik in der Hand hat.

Pünktlich zum Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in der Türkei, veröffentlichte die "Welt am Sonntag“ am vergangenen Wochenende eine Zahl, die seitdem für Diskussionen sorgt: 970. So viele Imame hat DiTiB zurzeit nach Deutschland entsandt, sie predigen in den 900 Moscheen, die der Dachverband hier betreibt. Doch was genau wird da gepredigt von Menschen, die oft schlecht oder gar kein Deutsch sprechen?

DiTiB - eine politische Vorfeldorganisation?

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der Zeitung, DiTiB sei nichts anderes als der verlängerte Arm des türkischen Staates. Anstatt zu einer wirklichen Religionsgemeinschaft zu werden, entwickle sich DiTiB unter dem Einfluss der türkischen Regierung immer mehr zu einer politischen Vorfeldorganisation.

Der bayerische Innenminister Joachim Hermann sekundierte, die Ausbildung von Imamen, die in Deutschland tätig seien, müsse in der Hand der Bildungsministerien der Bundesländer liegen. In die gleiche Kerbe hatte ein paar Tage vorher schon CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer gehauen. Er forderte, nur einen aufgeklärten Islam zu unterstützen, der sich an deutschen Werten orientiere. Es könne nicht sein, das Geld aus Saudi-Arabien oder aus der Türkei dazu führe, "dass unsere Wertvorstellungen und unser Zusammenleben konterkariert werden", so Scheuer. "Oder dass Imame aus anderen Kulturbereichen geschickt werden, die mit unserem Zusammenleben nichts zu tun haben und kein Interesse haben, diese Werte auch zu vermitteln."

Zentralrat der Muslime will Imame weiter importieren

Die Gegenreaktionen kamen prompt. Als "Polemik" kritisieren DiTiB-Vertreter die Äußerungen von Özdemir und anderen und der Zentralrat der Muslime will nichts davon wissen, den Import von Imamen zu stoppen. Er nennt solche Forderungen verfassungswidrig, von Doppelmoral durchzogen und nicht zielführend. Die DiTiB-Imame seien verfassungstreu, predigten einen gemäßigten Islam und träten damit gegen Radikale und Fanatiker ein.

Kritiker wandten zudem ein, wer mehr deutsch sprechende, in Deutschland ausgebildete Imame fordere, der müsse auch die entsprechenden Institutionen und das entsprechende Geld bereitstellen. Beendet war die Debatte damit nicht. So erneuerten Bildungsexperten ihre Forderung, man müsse auch die Auswahl der Religionslehrer durch DiTiB, die an deutschen Schulen islamischen Religionsunterricht geben, kritisch beobachten. DiTiB müsse völlig unabhängig vom türkischen Staat sein.

Merkel hat kein Interesse an der Debatte

Kanzlerin Merkel hat erkennbar wenig Interesse, sich groß in die Debatte einzumischen. Auf die Frage nach dem von der CSU geforderten Islamgesetz ließ sie ihren Regierungssprecher kurz und knapp auf Artikel vier des Grundgesetzes verweisen: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens, der religiösen und der weltanschaulichen Bekenntnisse. Und auch die ungestörte Religionsausübung. Das gilt", so Steffen Seibert.

Noch schwelt die Debatte eher, als dass sie lodert, aber sie kann durchaus noch an Fahrt gewinnen, so viel Nervosität, wie im deutsch-türkischen Verhältnis und in der deutschen Innenpolitik herrscht. Der Nährboden ist auf jeden Fall da.

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