Das Kohlekraftwerk Mehrum und Windräder produzieren Strom.
Kommentar

Corona und Klimaschutz Der Wiederaufbau muss ökologisch sein

Stand: 02.05.2020 11:43 Uhr

Hinter den Kulissen arbeitet die EU-Kommission an einem Konjunkturprogramm für die Nach-Corona-Zeit. Nutzt die EU die Chance für einen klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft? Deutschland sollte darauf dringen.

Ein Kommentar von Helga Schmidt, ARD Brüssel

In genau zwei Monaten übernimmt die Bundeskanzlerin den Vorsitz in der Gruppe von Europas Staats- und Regierungschefs. Angela Merkel hat dann die Ratspräsidentschaft inne und kann Weichen stellen für die vielleicht schwierigste Herausforderung ihrer Kanzlerschaft: die Frage, wie Europas Volkswirtschaften aus der Corona-Krise kommen.

Aus Berlin sind im Moment widersprüchliche Signale zu hören. Die Bundeskanzlerin spricht sich zwar dafür aus, den Klimaschutz mitzudenken, wenn die milliardenschweren Konjunkturprogramme verteilt werden. Aber gleichzeitig kommen aus der Union ganz andere Töne. In der Pandemie muss der Klimaschutz pausieren, so der Tenor. Und die Textbausteine in Reden und Presseerklärungen der Union klingen so, als sei der Klimaschutz ein Luxus. Nice to have, aber im Moment nicht zu bezahlen. Die Industrie muss erst mal wieder Geschäfte machen, dann kann man später über ökologische Auflagen nachdenken.

Man kann das Geld nur einmal ausgeben

Richtig ist, dass die Maßnahmen gegen die Auswirkungen der Corona-Krise Billionen Euro kosten werden. Und richtig ist auch, dass Industrie- und Wirtschaftsunternehmen dringend Unterstützung brauchen, um aus der Krise herauszukommen. Die Frage ist, was dann noch übrig bleibt für die andere globale Herausforderung - für den Kampf gegen den Klimawandel. Das Geld kann nur einmal ausgegeben werden.

Deshalb ist es Unsinn, jetzt den alten Zustand der CO2-speienden Produktionsweise wiederherzustellen. Und später, irgendwann, in Richtung klimafreundlich umzusteuern. Deshalb muss Deutschland die EU- Ratspräsidentschaft dafür nutzen, das europäische Wiederaufbauprogramm an klare ökologische Vorgaben zu knüpfen. Sonst ist nachher kein Geld mehr da für den grünen Umbau der Wirtschaft.

Die Blaupausen dafür liegen längst in den Schubladen des Brüsseler Klima-Kommissars Frans Timmermans. Der Niederländer scheint fest entschlossen, beides unter einen Hut zu bringen: Das gigantische Konjunkturprogramm der EU soll die Wirtschaft in Schwung bringen, ja. Aber es soll gleichzeitig den CO2-Ausstoß radikal herunterfahren. Durch Milliardenspritzen in eine  umweltfreundliche Modernisierung der Produktion, zum Beispiel von Stahl und Chemie. Durch gigantische Sanierungsprogramme für energiesparendes Wohnen in ganz Europa. Und vor allem: durch eine endlich klimagerechte Modernisierung des Verkehrs.

Lobby-Schlacht hinter den Kulissen

Im Moment laufen die Lobbyverbände Sturm gegen Timmermans Pläne. Hinter den Brüsseler Kulissen findet eine richtige Lobby-Schlacht statt. Vom Verband der Autohersteller bis zur Plastikindustrie - alle versuchen sie, die Milliarden-Konjunkturprogramme zu bekommen, aber ohne grüne Auflagen. Klimakommissar Timmermans braucht Unterstützung, und die sollte von der größten Volkswirtschaft Europas kommen. Von Deutschland.

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