Mitarbeiter eines Krankenhauses in der chinesischen Stadt Zouping geben sich Handzeichen. (28. Januar)

Ausbreitung des Coronavirus Der Druck auf China wächst

Stand: 01.02.2020 19:40 Uhr

Einreiseverbote, abgesagte Flüge und deutliche Warnungen: Viele Staaten setzen beim Schutz vor dem Coronavirus auf drastische Maßnahmen. China reagiert mit Unverständnis, ein Parteifunktionär räumte aber Fehler ein.

Von Mit Informationen von Steffen Wurzel, ARD-Studio Shanghai

Durch die steigende Zahl der Coronavirus-Infizierten steigt der internationale Druck auf China. Mehrere Staaten verhängten Einreiseverbote für Reisende aus China - unter anderem die USA.

Ausländer, die ein Ansteckungsrisiko darstellen könnten, würden ab Sonntag vorübergehend nicht mehr ins Land gelassen, teilte US-Gesundheitsminister Alex Azar mit. Zudem müssten sich US-Bürger, die in den 14 Tagen zuvor in der stark betroffenen chinesischen Provinz Hubei waren, für bis zu 14 Tage in Quarantäne begeben. US-Staatsbürger, die in den 14 Tagen vor der Rückkehr in die USA in anderen Teilen Chinas waren, würden aufgefordert, sich selbst für 14 Tage zu isolieren. Die US-Regierung rief eine "gesundheitliche Notlage" aus.

Die chinesischen Behörden kritisierten das Verbot scharf. "Es ist mit Sicherheit keine Geste des guten Willens", sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying. Während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von Reisebeschränkungen abrate, gingen die USA in die entgegengesetzte Richtung und setzten ein "schlechtes Beispiel".

Australien weitet Einreiseverbote aus

Auch die australische Regierung verhängte ein Einreiseverbot für Nicht-Australier, die zuvor in China waren. Von dem Verbot ausgenommen seien neben australischen Bürgern auch Menschen mit ständiger Aufenthaltsgenehmigung sowie deren Angehörige, erklärte Premierminister Scott Morrison. Bisher galt ein Einreiseverbot nur für Menschen, die sich in der Provinz Hubei aufgehalten hatten.

Das Außenministerium in Canberra verschärfte zudem seine Reisehinweise für China und empfiehlt Australiern nun, auf Reisen in die Volksrepublik zu verzichten. Bisher sind zehn Coronavirus-Infektionen in Australien bekannt.

Hongkong: Klinikpersonal droht mit Streik

In Hongkong drohten Tausende Mitarbeiter der staatlichen Krankenhäuser, in den Streik zu treten, sollte die Grenze der Metropole zu Festland-China nicht geschlossen werden. Bei einer Versammlung der neugegründeten Gewerkschaft für medizinisches Personal (HAEA) stimmten mehr als 3000 Klinikangestellte für einen Streik als Druckmittel.

Die Vorsitzende der HAEA, Winnie Yu, warnte, Hongkong hätte nicht genügend Ressourcen, um den Virus zu bekämpfen, sollte er sich in der Stadt ausbreiten. Ihren Angaben zufolge würden rund 9000 Gewerkschaftsmitglieder die Streikforderung unterstützen.

Am Montag sind Gespräche zwischen Vertretern der HAEA und den Hongkonger Gesundheitsbehörden geplant. Sollten diese kein Ergebnis bringen, werde die Gewerkschaft ab Wochenbeginn 30 Prozent ihrer Mitglieder auffordern, ihre Arbeit niederzulegen.

Bisher wurden in Hongkong 14 bestätigte Coronavirus-Fälle gemeldet. 112 weitere Patienten befinden sich in isolierter Behandlung. Hongkongs pekingtreue Regierung weigert sich bislang, die Grenzen zu China zu schließen.

Viele China-Flüge gestrichen

Die australische Fluggesellschaft Qantas kündigte an, ihre China-Direktverbindungen zwischen Sydney und Peking sowie zwischen Sydney und Shanghai vom 9. Februar bis 29. März einzustellen. Die neuseeländische Fluggesellschaft Air New Zealand setzt die Direktverbindung zwischen Auckland und Shanghai im gleichen Zeitraum aus.

Der Iran stoppte mit sofortiger Wirkung vorübergehend alle Flüge von und nach China. Das gab Gesundheitsminister Saaid Namaki bekannt. Zwar habe es bis jetzt im Iran keinen Coronavirus-Fall gegeben. Dennoch habe man sich für diese Vorsichtsmaßnahme entschieden. Auch Vietnam untersagte den Flugverkehr von und nach China mit sofortiger Wirkung.

Ein Qantas-Passagierjet steht im Mai 2019 auf dem Flughafen von Los Angeles.

Die australische Qantas fliegt bald für mehrere Wochen nicht mehr nach China.

Gesundheitsnotstand der WHO

Die thailändischen Behörden wollen - ähnlich wie Deutschland - ihre Bürger aus der Provinz ausfliegen. Dies könne innerhalb weniger Tage geschehen, teilte die Regierung mit. Drei Botschaftsmitarbeiter seien auf dem Weg nach Wuhan, um bei der Organisation zu helfen. Bisher hätten sich 182 Bürger in der Provinz registriert.

Auch die Europäische Union hat einen Rückhol-Flug organisiert. Sie hat dafür einen Airbus A380 gemietet, in den mehr als 450 Passagiere passen.

Die USA, Japan, Indien und andere Länder haben bereits Staatsbürger aus der Metropole geholt oder planen Rückholaktionen. Das chinesische Außenministerium begann damit begonnen, chinesische Staatsbürger aus verschiedenen Ländern Südostasiens zurück nach China zu fliegen. Diese seien dort "praktischen Problemen ausgesetzt", wie das Außenministerium in Peking mitteilte. Dies wolle man nicht hinnehmen.

Die WHO hatte wegen der Ausbreitung des Coronavirus am Donnerstag den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus hatte bei der Bekanntgabe der Entscheidung betont, es handele sich nicht um ein "Misstrauensvotum" gegen China. Einschränkungen von Reisen und Handel seien nicht nötig.

"Zustand der Schuld und Selbstvorwürfe"

In China breitet sich die Krankheit immer weiter aus. Nach Angaben der Gesundheitskommission in Peking sind bisher 11.791 Menschen infiziert worden. Fast 300 Menschen sind an der Lungenkrankheit gestorben. Allein in der Region Hubei mit der Provinzhauptstadt Wuhan und den umliegenden Städten kamen am Samstag 45 Tote und 1347 neue Virusfälle hinzu, so dass dort jetzt 7153 Patienten gezählt wurden. Hinzu kommen mehr als 100 Infektionsfälle in rund 25 Ländern.

Der Chef der Kommunistischen Partei in Wuhan räumte Fehler im Umgang mit dem Virus ein. "Wenn früher strikte Kontrollmaßnahmen ergriffen worden wären, wäre das Ergebnis besser gewesen als jetzt", sagte Ma Guoqiang staatlichen Medien zufolge. Er befinde sich in einem "Zustand der Schuld, des Bedauerns und der Selbstvorwürfe".

Ma räumte ein, dass es in den Krankenhäusern zu wenig Platz für Patienten gebe. Auch Medizintechnik und Medikamente seien knapp. Die Lage verbessere sich aber. Lebensmittel gebe es genügend, betonte der Parteifunktionär. "Dank der Vorkehrungen des Staatsrates in Peking und der Hilfe aus den anderen Provinzen haben wir genügend Reis, Mehl, Speiseöl, Eier und Milchprodukte. Wenn es etwas gibt, woran es mangelt, sind es frisches Obst und Gemüse."

Freier Warenverkehr nach China

China will Güter, die im Kampf gegen das Coronavirus gebraucht werden, von Zöllen und Abgaben ausnehmen. Das kündigt das Finanzministerium in Peking an. Die Befreiung solle zunächst bis 31. März gelten. Spenden aus dem Ausland wie Krankenwagen und Desinfektionsmittel würden von Importzöllen, Mehrwert- und Konsumsteuern befreit.