Im Stadtstaat Singapur setzt die Regierung bereits eine App zur Kontaktüberwachung ein. Sie soll die Ausbreitung des Coronavirus niedrig halten.

App gegen das Virus Wie Singapur Handydaten nutzt

Stand: 01.04.2020 12:30 Uhr

Singapurs Regierung setzt im Kampf gegen die Pandemie schon jetzt auf eine App und nutzt zur Übertragung der Handydaten Bluetooth. Die Privatsphäre, behauptet die Regierung, bleibe geschützt.

Der Kampf gegen das Coronavirus klingt in Singapur so: "Singapur, wir halten zusammen -– Singapur, wir siegen gemeinsam", singt der Chor der Fairfield Methodistenschule. Die Lieder über Corona könnten inzwischen ein ganzes Album füllen, der Kampf gegen das Virus gilt als nationale Aufgabe.

"Testen, isolieren abschotten", lautet die Devise, und zwar rigoros. Offenbar funktioniert es: Die Zahl der aktiven Fälle ist in den letzten Tagen sogar leicht gesunken. 423 waren es am Dienstagmorgen. Aktive Fälle sind Corona-Patienten im Krankenhaus, also letztlich die entscheidenden Zahlen wenn es um die Kapazität eines Gesundheitssystems geht.

Ein Fünftel der Singapurer nutzt die App

Singapurs neueste Waffe im Kampf gegen Corona ist die Anwendung "Trace Together", zu Deutsch "gemeinsam aufspüren". Im Internet, Radio, Fernsehen, Zeitungsanzeigen und auf Plakaten wirbt die Regierung dafür, die App herunterzuladen.

21 Tage lang erfasst die App über den Funkstandard Bluetooth die Mobilfunkdaten von allen Personen, die sich in der Nähe des einzelnen Smartphone-Nutzers aufhalten. Gemeint sind damit jene Menschen, die ebenfalls "Trace Together" auf dem Handy installiert haben. Das sind immerhin bislang ein knappes Fünftel aller Singapurer. 

"Wird einer von denen positiv auf Covid-19 getestet, werde ich und alle anderen Kontakte der infizierten Person unverzüglich informiert", erklärt Gesundheitsminister Gan Kim Yong.  "Sie wissen dann sehr früh Bescheid und können sich in Quarantäne isolieren, um Ihre Familie zu schützen oder zum Arzt gehen."

"App speichert keinen Aufenthaltsort"

Als der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn eine gesetzliche Grundlage für die Erfassung von Handy-Standortdaten schaffen wollte, war die Empörung groß. Denn das deutsche Konzept hätte Funkzellen genutzt und würde komplette Bewegungsprofile ermöglichen. Für Datenschützer ist das ein Graus.

Singapurs "Trace Together" dagegen nutzt die Übertragungstechnik Bluetooth. Sie ist in allen modernen Smartphones verbaut und kann über kurze Entfernungen eine Funkverbindung zu anderen Geräten aufbauen. Das ist einerseits sehr viel präziser, andererseits lassen sich damit keine Bewegungsprofile erstellen, versichert Singapurer Gesundheitsminister Gan Kim Yong:  "Jenen die sich um ihre Privatsphäre sorgen, kann ich garantieren, dass diese App ihren Aufenthaltsort nicht speichert, sondern nur, welche Mobiltelefone sich nahegekommen sind. Wo sie sind und wohin sie gehen, spielt keine Rolle dabei."

Allgemeinwohl vor persönlichen Freiheiten

Allerdings weiß die Regierung, wem all die erfassten Mobiltelefone gehören. Sie kontrolliert diese Menschen auch im Zweifelsfall. Wer in Heimquarantäne ist, der muss durch das GPS seines Mobiltelefones oder auch spontan abgefragte Handy-Fotos seiner Umgebung ständig nachweisen, dass er sich auch tatsächlich in seiner Wohnung aufhält. Persönliche Freiheiten stehen in Singaur immer hinter dem Allgemeinwohl zurück.

In Deutschland wäre der Datenschutz wohl durchaus ein Thema. Experten halten es denn auch für möglich, die "Trace Together App" so zu modifizieren, dass sie  komplett ohne persönliche Daten auskommt. Der Vorteil wäre, dass man nichts komplett Neues entwickeln müsste: Singapur hat angekündigt, den Quellcode jederzeit auch anderen Nationen zur Verfügung zu stellen.