Flüchtlingslager Moria auf Lesbos und wilde Zelte (Archiv)

Corona-Krise in Griechenland Die Angst vor Moria

Stand: 30.03.2020 03:28 Uhr

Die Verhältnisse in den Flüchtlingslagern auf Lesbos machen Hilforganisationen schon lange Sorgen. Die Corona-Krise hat die Situation weiter verschärft. Die Forderungen nach Räumungen werden lauter.

Das Flüchtlingslager Moria war schon immer ein Ort, in dem sich Krankheiten schnell ausbreiteten. Auch jetzt leiden dort viele an Krätze oder Erkältungen. Man kann sich nicht schützen, wenn 20.000 Menschen in Containern, Zelten und Hütten aus Plastikplanen dicht zusammengedrängt leben müssen.

Lager wie Moria sind zu Corona-Zeiten lebensgefährlich, warnt der Arzt Apostolos Veizis von "Ärzte ohne Grenzen": "Es gibt nur eine Toilette für jeweils 167 Personen, nur eine Dusche für mehr als 200 Personen, nur einen Wasserhahn für 1300 Personen. Wenn das Corona-Virus hier ins Lager käme, wäre das eine riesige Katastrophe."

Flüchtlingskinder laufen über eine provisorische Brücke im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos.

Die Zustände im Flüchtlingslager machen Hilfsorganisationen ernste Sorgen.

Regierung wiegelt ab

Und zwar nicht nur für die Flüchtlinge im Lager, sondern auch für die Einheimischen auf Lesbos. Das Insel-Krankenhaus wäre völlig überfordert. Aber die griechische Regierung wiegelt ab. Bislang sei in den Lagern auf den Inseln noch kein einziger Corona-Fall registriert, worden, sagte Migrationsminister Notis Mitarakis bei einer Parlamentsdebatte Ende vergangener Woche; die Behörden hätten die Lage unter Kontrolle.

"Wir haben die neu angekommenen Migranten streng abgetrennt. Alle, die ab dem 1. März angekommen sind, werden nicht in die bestehenden Lager gebracht. Wir bringen sie in separaten Camps unter", sagt er. Und wenn doch Corona-Fälle in den Lagern auftreten würden, seien die Behörden vorbereitet. "Wir richten in den Lagern spezielle Gesundheits-Zentren ein. Das machen wir zusammen mit der EU. Und wir informieren die Migranten in den Sprachen, die sie verstehen."

Apostolos Veizis von "Ärzte ohne Grenzen" kann da nur den Kopf schütteln. Ja, sagt er, da steht jetzt ein Extra-Wohncontainer am Lager-Eingang, in dem notfalls Corona-Patienten behandelt werden sollen. Aber im Ernstfall werde das nicht ausreichen. Und: Ja, es gibt jetzt in den Lagern Informationsblätter zu Corona auf Arabisch oder auf Farsi, in denen steht: Man solle Abstand halten, sich häufig die Hände waschen.

Räumung gefordert

Genau das aber mache den Flüchtlingen Angst: "Natürlich sind die beunruhigt. Wenn es heißt: Wascht Eure Hände, dann fragen sie: Wo kann ich denn meine Hände waschen? - Wenn es heißt: Bleibt Hause, dann fragen sie: Welches Zuhause? - Wenn es heißt: Haltet Euch fern von anderen, dann fragen sie: Wie denn, wenn wir zu sechst in einem Zelt leben? Die Flüchtlinge sind also umso mehr verängstigt, weil sie sich bei einem Ausbruch der Corona-Krankheit gar nicht richtig schützen könnten", so Veizis.

Deshalb müssten die Lager sofort geräumt werden. Das fordern inzwischen nicht nur Hilfsorganisationen wie "Ärzte ohne Grenzen", sondern auch das Europaparlament in Brüssel oder gestern wieder der Grünen-Chef Robert Habeck. Die Flüchtlinge sollten aufs griechische Festland gebracht werden oder in andere EU-Länder.

Doch weder die griechische Regierung noch die EU haben Pläne, die Lager zu räumen. Allenfalls 1600 Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern im Lager leben, sollen in mehrere EU-Länder umgesiedelt werden; die ersten von ihnen möglicherweise schon in dieser Woche.

Für die 1600 Kinder und Jugendlichen besteht also etwas Hoffnung. Insgesamt harren in den überfüllten Lagern aber mehr als 40.000 Menschen aus, die nun zusätzlich zu all der Not auch noch mit der Angst vor Corona leben.

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