Boris Johnson vor der Tür zu Downing Street 10
Chronologie

Johnson und der Brexit Mit "Umph" ins "goldene Zeitalter"

Stand: 03.09.2019 17:24 Uhr

Große Versprechungen und wenig diplomatisches Fingerspitzengefühl prägen die bisherige Amtszeit von Großbritanniens Premier Johnson. Eine Bilanz seiner bisherigen sechs Wochen.

Am 24. Juli erhält Boris Johnson von der Queen den Auftrag zur Regierungsbildung. Er nimmt den Auftrag an. Was folgt, ist eine grundlegende, weitreichende Kabinettsumbildung mit dem Ergebnis, dass sich nun fast das gesamte Team der Leave-Kampagne von 2016 in der Regierung wiederfindet. Die Brexit-Kritiker sind draußen, die Brexit-Befürworter sind in Ministerämtern oder im Beraterstab.

Brexit-Hardliner Boris Johnson.

Premier Boris Johnson ist erst knapp sechs Wochen im Amt.

Versprechungen vom goldenen Zeitalter

Einen Tag nach seiner Ernennung hält Premier Johnson seine erste Rede im Unterhaus und spart nicht mit Superlativen. Die Mission laute, den Brexit am 31. Oktober zu liefern und das Land zum großartigsten Ort der Welt zu machen, sagt Johnson. Später in der Rede wird er noch ein goldenes Zeitalter versprechen.

Anschließend bereist er das Land, besucht Schottland, Wales und Nordirland. Besonders freundlich wird er dort nicht empfangen, obwohl er Geld verspricht: 300 Millionen Pfund sagt er den Regionen zu, aber allein Wales erhält jährlich mehr als 700 Millionen Euro aus den Fördertöpfen der EU, die nun wohl bald wegfallen.

Auch die Summen für die Brexit-Vorbereitungen werden aufgestockt, wobei die Regierung nicht müde wird zu betonen, dass sie einen Deal mit der EU will. Die Regierung stehe bereit, mit der EU zu verhandeln, versichert Kabinettsmitglied Michael Gove.

Verhandlungen mit "Umph"

Auffällig ist aber, was Boris Johnson nach seinem Amtsantritt wochenlang nicht tut: Er reist nicht auf den Kontinent - weder zu Antrittsbesuchen, noch um in Brüssel über den Brexit zu verhandeln. Die Freunde jenseits des Kanals seien "ein bisschen negativ", sagt Johnson, zeigt sich aber optimistisch, dass es noch eine Lösung geben werde.

Statt konkreter Vorschläge gibt es von ihm selbst eine Wortschöpfung: Johnson will mit sehr viel "Umph" verhandeln - das führt allerdings zu keinen greifbaren Ergebnissen. Als der Premier am 21. August dann doch in Berlin eintrifft, um mit Kanzlerin Angela Merkel zu sprechen, bietet die ihm 30 Tage an, um eine Alternative zum Backstop zu präsentieren. Es folgt ein Auftritt auf dem G7-Gipfel in Biarritz, der Johnson zwar eine gute Presse bringt, aber nach wie vor keinen echten Fortschritt im Streit mit der EU.

Zwangspause für das Unterhaus

Ende August sorgt Johnson dann in anderer Hinsicht für Schlagzeilen: Er lässt die Queen das Parlament beurlauben und zwar gleich für fünf Wochen, mutmaßlich um zu verhindern, dass die Abgeordneten einen No-Deal-Brexit blockieren. Die Empörung ist gewaltig. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon spricht von Diktatur.

Die Vorsitzende der schottischen Konservativen, Ruth Davidson, tritt am Tag nach Johnsons Manöver zurück. Gerichte in drei Landesteilen werden angerufen, um zu klären, ob die Parlamentsschließung rechtmäßig ist.

Als die Abgeordneten vor der Zwangspause heute für wenige Tage aus der Sommerpause zurückkommen, verliert Johnson mitten in der Parlamentsdebatte überraschend seine Regierungsmehrheit im Unterhaus: Der Abgeordnete Phillip Lee erklärt seinen Austritt aus der Konservativen Partei und schließt sich den Liberaldemokraten an.

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