Jean-Claude Juncker spricht im Europäischen Parlament.

EU-Austritt "Risiko eines No-Deal-Brexits ist real"

Stand: 18.09.2019 11:59 Uhr

Eindringlich warnt EU-Kommissionschef Juncker vor einem chaotischen Brexit. Doch der britische Premierminister Johnson gibt keinen Anlass zur Hoffnung. Aus Schottland kam eine Drohung Richtung London.

Eine Einigung im Brexit-Streit mit Großbritannien ist aus Sicht von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sehr unsicher. "Das Risiko eines No-Deal ist sehr real", sagte Juncker in Straßburg. Das EU-Parlament befasst sich dort heute mit dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU. An der Plenardebatte nimmt auch EU-Chef Juncker teil, um von seinem Treffen mit dem britischen Premierminister Boris Johnson am Montag zu berichten.

Er habe Johnson aufgefordert, schriftlich konkrete Alternativen für eine Regelung für die irische Grenze im Ausstiegsvertrag vorzulegen, sagte Juncker. "Solange derartige Vorschläge nicht vorgelegt worden sind, kann ich ihnen auch nicht sagen, dass diese Fragen geklärt sind." Der Backstop ist der größte Streitpunkt in den Verhandlungen. Die Klausel garantiert eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland nach dem Brexit. Insgesamt verliefen die Gespräche in einer freundlichen Atmosphäre, doch sei die Zeit kurz und es deshalb unklar, ob man zu einem Ergebnis komme.

Nichts Neues von Johnson

Juncker hatte von seinem Gespräch mit Johnson nichts Neues zu berichten: Der Brite habe bekräftigt, dass er Großbritannien in jedem Fall am 31. Oktober aus der Europäischen Union herausführen wolle, ob mit oder ohne Austrittsvertrag.

Das britische Parlament verabschiedete jedoch ein Gesetz, das einen sogenannten No-Deal-Brexit ausschließen soll. Ohne Einigung mit Brüssel soll demnach der Austritt um nochmals drei Monate verschoben werden.

Barnier warnt den britischen Premier

Juncker sagte den Parlamentariern, er habe bei seinem Treffen mit Johnson vereinbart, dass die Verhandlungen durch den EU-Unterhändler Michel Barnier und Brexit-Minister Stephen Barclay nun auch auf politischer Ebene geführt werden und nicht nur durch Fachleute auf technischer Ebene. Barnier warnte Johnson vor den Abgeordneten, es könne nicht darum gehen, Verhandlungen mit der EU nur "vorzutäuschen".

EU-Chefunterhändler Michel Barnier

EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte im Parlament, es reiche nicht, wenn Großbritannien erkläre, warum es den Backstop streichen wolle. "Wir brauchen Lösungen, die rechtlich umsetzbar sind."

Die finnische Europaministerin Tytti Tuppurainen bekräftigte, angesichts der unklaren Situation in Großbritannien müsse die EU ihre Vorbereitungen auf einen No-Deal-Brexit weiter vorantreiben. Sie verwies auch darauf, dass die Verhandlungen nach dem Brexit über die künftigen Beziehungen zwischen beiden Seiten ganz wesentlich davon abhingen, "ob das Vereinigte Königreich mit oder ohne Deal austritt". Sie hält allerdings einen ungeregelten Brexit am 31. Oktober ebenfalls für "ein ziemlich wahrscheinliches Ergebnis".

Nach der Debatte zum Brexit will das EU-Parlament eine Entschließung zum britischen EU-Austritt verabschieden. In ihr geht es unter anderem um die weitere mögliche Verschiebung des Brexit-Datums. Parallel dazu verhandelt der Oberste Gerichtshof Großbritanniens, ob die von Premierminister Johnson verfügten Zwangspause für das Parlament in London rechtmäßig ist.

Drohung aus Schottland

Unterdessen wird der Ton in Großbritannien schärfer. Die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon kündigte an, Schottland werde im Falle eines ungeordneten Brexits ein neues Referendum über die Unabhängigkeit ins Auge fassen. "Wir sollten dies dann im nächsten Jahr ins Auge fassen", sagte Sturgeon. "Es ist zu diesem Zeitpunkt sehr schwierig zu sehen, wie Johnson sich mit der EU einigen will, so dass sowohl die EU zufrieden ist und er zugleich eine Mehrheit im Unterhaus bekommt", sagte Sturgeon.

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