EU-Wahlkampf in Großbritannien Schottlands spezielle Brexit-Haltung

Stand: 21.02.2016 16:52 Uhr

Bis zum Referendum über einen möglichen Brexit dauert es noch Monate. Doch der Wahlkampf hat bereits begonnen. Derzeit liegen die Befürworter eines EU-Verbleibs in den Umfragen vorn. Spannend könnte aber die Schottland-Frage werden.

Der Countdown bis zum 23. Juni, dem geplanten Termin für den Volksentscheid, läuft - und sowohl die "in"- als auch die "out"-Kampagnen-Macher lassen keine Zeit verstreichen: Bereits am Wochenende sind sie auf den Straßen unterwegs, um die Briten von ihrer jeweiligen Position zu überzeugen.

Die Wahlkämpfer werden dabei auf viele noch unentschiedene Bürger treffen, denn Umfragen zufolge weiß jeder fünfte bis jeder vierte Brite noch nicht, wie er stimmen wird. So wie diese Frau, die einen Marktstand in Corby betreibt: "Wenn ich höre, welche Vorteile die EU bietet, dann denke ich: okay, besser drin bleiben. Aber dann höre ich die Argumente der anderen Seite und komme ins Schwanken. Ich brauche einfach noch viel mehr Informationen, bevor ich mich entscheide."

Skepsis in Camerons Partei

Diese noch unentschlossenen Wähler muss der britische Premierminister David Cameron auf seine Seite ziehen, wenn er den Volksentscheid gewinnen will. In der BBC verteidigte er jene EU-Reformen, die er in Brüssel durchgesetzt hat - auch gegen die Kritik der zahlreichen Euro-Skeptiker in seiner konservativen Tory-Partei.

Der britische Premier Cameron

Will den Briten einen Verbleib in der EU empfehlen: David Cameron

Fünf seiner Minister haben sich bereits gegen ihren eigenen Premier gestellt. Sie kämpfen dafür, dass Großbritannien den europäischen Klub verlässt. Diese starke innerparteiliche Opposition macht es für Cameron nicht einfacher: "Natürlich gibt es in der konservativen Partei - genauso wie bei Labour - viele, die denken, wir wären besser dran, wenn wir die EU verließen. Ich meine aber, das Risiko und die Unsicherheit ist zu groß. Es wäre ein Sprung ins Ungewisse."

Was machen die Schotten?

Cameron argumentierte erneut, Großbritannien sei sicherer, stärker und wohlhabender als Teil der EU. Der Historiker Timothy Garton Ash warnt bereits: Ein britischer EU-Abschied könnte nicht nur das Ende der Europäischen Union einläuten, sondern auch das Ende des Vereinigten Königreichs. Das zieht auch die pro-europäische schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon ins Kalkül.

Sollten die Briten insgesamt - anders als die Schotten - mehrheitlich für den EU-Ausstieg votieren, dann wäre die Abspaltung des Nordens wohl unvermeidlich, glaubt Sturgeon: "Sollten wir Schotten für einen Verbleib in der EU stimmen, aber gegen unseren Willen zum Verlassen der EU gezwungen werden, könnten viele sagen: Der einzige Weg, um unsere EU-Mitgliedschaft zu sichern ist, unabhängig zu werden. Das wäre dann unausweichlich."

Aber auch wenn Sturgeon als Vorsitzende der schottischen Nationalpartei SNP für die Loslösung Schottlands vom Rest Großbritanniens kämpft: Lieber sähe sie es, wenn das ganze Land in der EU bliebe.

UKIP greift Cameron an

Dass ein britischer EU-Austritt das Vereinigte Königreich sprengen könnte, scheint der United Kingdom Independence Party (UKIP) egal zu sein. Parteichef Nigel Farage will um jeden Preis raus aus der EU, lieber heute als morgen: "Wir haben eine offene Tür für 500 Millionen EU-Bürger, die Netto-Zuwanderung liegt bei 300.000 - obwohl uns der Premier versprochen hat, es würden nur noch Zehntausende kommen. Darum geht es. Und darum, dass wir jeden Tag 50 Millionen Pfund EU-Beitrag zahlen", kritisiert Farage.

In einer heute veröffentlichen Umfrage hat - nach dem langen Brüsseler Gipfel und dem Reformdeal - wieder die Pro-EU-Seite die Nase vorn. Die Opposition unterstützt Cameron ebenfalls: Neben der SNP werden auch Labour, die Liberaldemokraten und die Grünen für die EU werben.

Johnson wirbt für Brexit

Londons Bürgermeister Boris Johnson hat laut BBC angekündigt, für einen Brexit werben zu wollen. Für seinen Parteifreund Cameron ist dies ein herber Rückschlag. Denn Johnson ist beliebt an der Tory-Parteibasis und gilt als Wahlkämpfer, der ein breites Publikum erreicht.

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