Die Zukunft des Brexit ist ungewisser denn je.

Johnson droht mit Neuwahl Der Brexit liegt wieder einmal auf Eis

Stand: 23.10.2019 01:32 Uhr

Das britische Unterhaus hat wieder einmal einen Brexit-Plan durchkreuzt und den Austritts-Zeitplan von Premier Johnson abgelehnt. Der Brexit liegt damit erneut auf Eis. Johnson droht deshalb mit Neuwahlen.

Es hatte so vielversprechend für Boris Johnson begonnen. Das Austrittsgesetz nahm mit einer klaren Mehrheit von 30 Stimmen die erste Hürde an diesem Abend. Jubel auf den Regierungsbänken. Die Abgeordneten hatten damit das zwischen London und Brüssel ausgehandelte Abkommen zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.

Nur wenige Minuten danach aber die große Enttäuschung für das Johnson-Lager, als das Unterhaus über den weiteren Zeitplan der parlamentarischen Beratung abstimmte. Johnson wollte das Gesetz im Schnellverfahren bis Donnerstagabend vom Unterhaus endgültig verabschieden lassen.

Die Antwort der Abgeordneten darauf: Nur 308 Stimmen für den ambitionierten Zeitplan, aber 322 dagegen. Diesmal kam der Jubel von den Oppositionsbänken. Und Boris Johnson schmollte:

Die EU muss jetzt sagen, wie sie den Antrag des Parlaments auf eine Verschiebung des Austritts beantwortet. Die erste Konsequenz aber ist, dass wir jetzt die Vorbereitungen auf einen ungeregelten Austritt vorantreiben. Zweitens werde ich jetzt mit den EU-Mitgliedsländern über deren Ansichten reden. Bis wir hier eine Entscheidung haben, werden wir das weitere Gesetzgebungsverfahren anhalten.

Tusk will Verschiebung des Austritts empfehlen

EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte kurz darauf in Brüssel, er werde den EU-Mitgliedern empfehlen, einer Verschiebung des Austritts zuzustimmen.

Das Unterhaus wird sich nun zumindest bis Ende der Woche nicht mehr mit dem Austrittsgesetz beschäftigen, sondern mit der Regierungserklärung der vergangenen Woche, mit der britischen Gesundheitspolitik und wirtschaftspolitischen Vorhaben der Regierung Johnson.

Für den Brexit gibt es jetzt nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder die EU stimmt einer erneuten Verschiebung des Austritts zu oder es gibt am 31. Oktober den sogenannten No Deal Brexit - den Chaos-Austritt. Völlig offen ist, ob dieses Austrittsabkommen irgendwann noch einmal wieder belebt wird.

Johnsons Flucht nach vorne: Neuwahlen

Oppositionsführer Jeremy Corbyn machte den Premierminister für den Schlamassel verantwortlich.

Das Unterhaus hat sich heute Nacht geweigert, ein so bedeutendes Gesetz in gerade einmal zwei Tagen durchzupeitschen, ohne wirkliche Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen. Der Premierminister ist der Verursacher seines eigenen Missgeschicks.

Johnson wird jetzt die Flucht nach vorn in Neuwahlen versuchen. Vielleicht noch in diesem Jahr. Er wird dann versuchen, aus seiner derzeitigen Minderheitsregierung eine Mehrheitsregierung zu machen. Um dann einen Brexit ohne Rücksicht auf andere Parteien durchzusetzen. Die Chance dafür gibt es. Die Umfragewerte für die Torys sind gestiegen, seit Johnson die Partei und die Regierung führt. Die Konservativen sind bei allen Demoskopen klar die stärkste Kraft in Großbritannien.

Kein neues Referendum mit Johnson an der Macht

Die Chefin der EU-freundlichen Liberaldemokraten Jo Swinson forderte Johnson dagegen auf, sich jetzt als Staatsmann zu erweisen, mit der EU eine Verschiebung des Austritts zu verhandeln und ein neues Referendum auf den Weg zu bringen.

Mit Johnson als Premier wird es aber keine neue Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft geben. Um das zu erreichen, müsste die Opposition ihn schon über ein Misstrauensvotum stürzen und eine Übergangskoalition bilden. Dazu war sie bisher nicht in der Lage.

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