Das Unterhaus in London beschließt eine Verschiebung der Brexit-Abstimmung

Brexit-Chaos Johnson beantragt weiteren Aufschub

Stand: 20.10.2019 00:13 Uhr

Nach der verschobenen Abstimmung über den Brexit-Deal fügt sich Premier Johnson dem britischen Parlament: In einem Brief bittet er Brüssel um einen Aufschub des Austritts.

Statt auf die Zielgerade geht das Brexit-Drama weiter: Großbritannien und die EU drehen noch mindestens eine Extrarunde im jahrelangen Rennen zum Austritt. Die britische Regierung hat im Namen ihres Premierministers Boris Johnson am Samstagabend in einem Brief - wie vom Gesetz verlangt - eine Brexit-Verschiebung bei der EU beantragt. Das teilte EU-Ratschef Donald Tusk auf Twitter mit. Er werde nun mit den Regierungschefs der EU-Länder Beratungen aufnehmen, schrieb Tusk weiter.

Aus britischen Regierungskreisen verlautete allerdings, Premierminister Boris Johnson habe das Schriftstück nicht unterzeichnet. Zudem habe er einen zweiten Brief an die EU geschickt, in dem er betont, dass er einen weiteren Brexit-Aufschub ablehne. Diesen Brief habe er unterzeichnet, hieß es aus Downing Street.

In einem dritten Schreiben, das vom britischen EU-Botschafter Tim Barrow verfasst wurde, wird laut Medienberichten zudem klargestellt, dass der erste Brief zur Fristverlängerung nur abgeschickt worden sei, um den Gesetzesvorgaben nachzukommen.

Johnson hatte sich zwar wiederholt gegen eine Verschiebung ausgesprochen und erklärt, er läge lieber "tot im Graben" als einen solchen Antrag zu stellen. Aber ihm sind juristisch die Hände gebunden. Denn das Unterhaus hatte ihm zuvor erneut eine schwere Niederlage zugefügt.

Großes Misstrauen gegen den Premier

Statt wie eigentlich geplant über Johnsons mühsam mit der EU ausgehandeltes Brexit-Abkommen abzustimmen, hatten die Abgeordneten mit 322 gegen 306 Stimmen dafür vortiert, dass zunächst das Gesetzespaket zum Brexit-Vertrag im britischen Parlament beschlossen werden muss.

Hintergrund ist das Misstrauen vieler Abgeordneter gegen Johnson. Das Votum soll sicherstellen, dass Großbritannien Ende Oktober nicht ohne Abkommen aus der EU ausscheidet. Das hätte passieren können, wenn die Abgeordneten dem Deal heute zugestimmt, es dann aber nicht geschafft hätten, die nötigen Gesetzesänderungen bis zum 31. Oktober durchs Parlament zu bringen.

Brexit im Schnellverfahren?

Erwartet wird, dass Johnson versuchen wird, den Deal noch rechtzeitig durchs Parlament zu bringen, indem er die entsprechenden Gesetze bereits am Montag vorlegt. Schon am Dienstag könnte dann eine weitere wichtige Abstimmung mit der zweiten Lesung des Gesetzespakets anstehen. Würde es diese Hürde passieren, könnte Johnson damit rechnen, die Unterstützung für den Deal doch noch zu bekommen.

Die EU-Botschafter der 27 anderen Mitgliedstaaten kommen am Sonntagvormittag zusammen, um die neuen Entwicklungen zu bewerten. Über eine erneute Brexit-Verschiebung müssten die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden EU-Staaten nach einem Antrag Londons entscheiden. Dazu müsste EU-Ratspräsident Donald Tusk einen Sondergipfel einberufen.

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