Der britische Premier Boris Johnson spricht bei einer Debatte im Unterhaus

Niederlagen im Unterhaus Johnsons Brexit-Strategie scheitert - vorerst

Stand: 05.09.2019 06:03 Uhr

Das britische Unterhaus hat am Abend ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit beschlossen und Neuwahlen abgelehnt. Trotz dieser Pleiten setzt Premier Johnson den Machtkampf mit Labour-Chef Corbyn fort.

Drei Abstimmungen, drei Niederlagen. Im Fußball würde die britische Regierung damit auf einem Abstiegsplatz landen. Doch noch ist die Spielzeit nicht zu Ende. Und Premierminister Boris Johnson ist weiter im Amt. Seine Angriffe auf Oppositionsführer Jeremy Corbyn sind aber erst einmal ins Leere gelaufen.

Johnson hatte dem Labour-Chef vorgeworfen, mit dem Gesetzentwurf gegen einen No-Deal-Brexit die britische Verhandlungsposition in Brüssel zu schwächen. Damit konnte Johnson die Abgeordneten allerdings nicht beeindrucken. Das Unterhaus verabschiedete mit klarer Mehrheit das Gesetz, das einen Austritt mit Abkommen oder alternativ eine dreimonatige Verschiebung des Brexit verlangt.

Antrag auf vorgezogene Neuwahlen scheitert

Daraufhin sah der Premierminister nur noch eine Möglichkeit: Er beantragte vorgezogene Neuwahlen - in der Hoffnung, danach mit einer Mehrheit regieren zu können. An Labour-Chef Corbyn gewandt, sagte Johnson: "Aus meiner Sicht und aus Sicht der Regierung muss es eine Unterhauswahl am 15. Oktober geben. Damit entschieden wird, wer von uns beiden zwei Tage später zum entscheidenden EU-Gipfel nach Brüssel fährt."

Corbyn aber ließ Johnson abblitzen. Er will erst einmal das Gesetz gegen den No-Deal-Brexit in trockenen Tüchern sehen. Denn es ist noch nicht sicher, ob es nach vor der von Johnson verordneten Zwangspause des Parlaments in Kraft treten kann. Das liegt jetzt am Oberhaus, dem House of Lords.

"Zynischer Antrag eines zynischen Premierministers"

Dort hatten die Brexit-Anhänger unter den Lords Hunderte von Änderungsanträgen vorbereitet, um das Inkrafttreten des Gesetzes zumindest zu verzögern. In den frühen Morgenstunden hieß es dann allerdings: Das Gesetz wird das Oberhaus bis Freitagnachmittag passieren. Am Montag könnte es dann das Unterhaus abschließend beraten, bevor es die Queen unterzeichnet.

Labour-Chef Corbyn will die zwischenzeitlich drohende Verzögerungstaktik nicht hinnehmen und Neuwahlen deshalb erst zustimmen, wenn das Anti-No-Deal-Gesetz in Kraft ist. "Lassen Sie dieses Gesetz passieren und die Queen unterschreiben", forderte Corbyn in der Debatte am Abend. "Dann werden wir auch einer vorgezogenen Neuwahl zustimmen, aber verhindern, dass wir mit einem Crash aus der Europäischen Union austreten. Ihr Antrag ist der zynische Antrag eines zynischen Premierministers."

In der mehrwöchigen Zwangspause kann das Parlament den Regierungschef nämlich nicht kontrollieren. Er könnte dann den Wahltermin auch noch einmal verschieben, zum Beispiel auf einen Termin nach dem 31. Oktober. Und die Opposition könnte dann einen ungeregelten Austritt aus der EU möglicherweise nicht mehr verhindern.

Kein Vertrauen in Johnson

Deshalb wollten sich auch die schottischen Nationalisten nicht auf Johnsons Antrag einlassen. Weil sie dem Premierminister nicht vertrauten, sagte Ian Blackford, der Fraktionsvorsitzende der SNP. Und so hatte Johnson in der vergangenen Nacht keine Chance, vorgezogene Neuwahlen durchzusetzen. Die Opposition enthielt sich. Der Antrag verfehlte die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit deutlich. 

Der Machtkampf zwischen Regierung und Parlament geht aber heute weiter. Und noch ist nicht entschieden, wer diesen Kampf am Ende gewinnt.

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