Ein Demonstrant zwischen den Flaggen der EU und Großbritannien

Brexit-Gespräche Hoffnung, aber noch kein Plan

Stand: 04.04.2019 20:01 Uhr

Längere Verschiebung, ein neues Referendum - im Brexit-Chaos erscheint wieder vieles möglich. Regierung und Opposition reden. Die Kanzlerin hofft auf ein gutes Ende.

Die britische Premierministerin Theresa May und Labour-Chef Jeremy Corbyn haben den Auftakt ihrer Gespräche zwar positiv bewertet, doch ein Ergebnis ist noch nicht in Sicht. Heute haben sie ihre Vertreter in die nächste Runde geschickt, zu "technischen Gesprächen", wie es heißt.

Labour-Brexit-Sprecher Keir Starmer sagte vor dem Beginn, die Opposition habe ihren Austrittsplan einschließlich der Forderung nach einem zweiten Referendum vorgelegt.

Jeremy Corbyn

Skeptischer Blick trotz positiver Gespräche mit May: Jeremy Corbyn.

Regen im Unterhaus

Andrea Leadsom, die in der Regierung für die Beziehungen zum Unterhaus zuständig ist, erklärte, die Premierministerin habe keine andere Wahl gehabt, als jetzt das Gespräch mit der Opposition zu suchen: "Jeder weiß, dass das Parlament das Austrittsabkommen der Regierung bisher nicht unterstützt. Deshalb müssen wir jetzt herausfinden, was die Abgeordneten wollen. Aber wir müssen aus der EU austreten." Es sieht nicht so aus, als würde bald weißer Rauch aufsteigen und ein Brexit-Kompromiss verkündet werden.

Dadurch wird es unwahrscheinlich, dass die Abgeordneten das Austrittsabkommen noch vor dem EU-Gipfel am Mittwoch verabschieden - die Voraussetzung für eine kurze Verschiebung des Austritts auf den 22. Mai. Zu allem Überfluss mussten heute auch noch die Beratungen im Unterhaus abgebrochen werden: Es regnete durch die Decke des alten Parlaments.

Längere Verschiebung erscheint möglich

Eine längere Verschiebung des Austritts Großbritanniens rückt nun wieder in den Fokus - möglich erscheint ein Aufschub um ein oder zwei Jahre. Nach Medienberichten bereiten britische Diplomaten bereits einen entsprechenden Antrag für den EU-Gipfel vor. Auch Schatzkanzler Philip Hammond zieht die lange Verschiebung in Erwägung. Es sei unwahrscheinlich, das Austrittsabkommen noch vor dem Gipfel durch das Unterhaus zu bringen.

Immerhin scheinen sich Regierung und Opposition aufeinander zu zu bewegen. Der Schatzkanzler kann sich inzwischen sogar ein weiteres Referendum vorstellen, in dem über den Austrittskompromiss oder den Verbleib Großbritanniens in der EU abgestimmt würde. Auch die Mitgliedschaft Großbritanniens in einer Zollunion mit der EU, eine zentrale Forderung der Labour Party, schließt Hammond nicht mehr aus.

Merkel: "Bis zur letzten Stunde kämpfen"

Eine Zollunion würde jedenfalls die an der irischen Grenze drohenden Probleme entschärfen. Am Nachmittag traf Kanzlerin Angela Merkel in Dublin den irischen Regierungschef Leo Varadkar. "Wir setzen immer noch auf einen geregelten Brexit", betonte sie. Zugleich versicherte sie dem EU-Mitglied Irland die Solidarität der anderen EU-Staaten.

Merkel und Varadkar werden sich vermutlich in der kommenden Woche auf dem EU-Gipfel für eine Verschiebung des Austritts Großbritanniens einsetzen. Sie hatte gestern erklärt: "Ich habe immer gesagt, ich werde bis zur letzten Stunde des jeweiligen Datums dafür kämpfen, dass wir zu einem geordneten Austritt Großbritanniens kommen. Das ist im Interesse Großbritanniens."

Dies sei außerdem auch im Interesse der anderen EU-Staaten. "Meine Reise nach Irland gilt dem Land, das natürlich in ganz besonderer Weise als Mitgliedsstaat der Europäischen Union betroffen ist. Denn hier geht es auf der einen Seite um die Integrität des Binnenmarktes, der dann ja auf der irischen Insel endet. Aber gleichermaßen geht es um den Frieden zwischen Nordirland und der Republik Irland."

EU-Gipfel muss zustimmen

Sollte es dazu kommen, dass die Briten eine längere Brexit-Verschiebung fordern, müsste der EU-Gipfel dies einstimmig beschließen. Tanzt nur ein Land aus der Reihe, ist der No-Deal-Brexit am 12. April besiegelt.   

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