Joe Biden und Wolodymyr Selenskyj

Genehmigung für Ukraine Biden erlaubt offenbar Angriffe tief in Russland

Stand: 18.11.2024 00:38 Uhr

Die Ukraine bittet schon lange um die Genehmigung, nun hat US-Präsident Biden sie offenbar erteilt. Medien berichten, dass die Ukraine US-Waffen mit großer Reichweite gegen Ziele tief im russischen Gebiet einsetzen darf.

Der scheidende US-Präsident Joe Biden hat laut übereinstimmenden Medienberichten der Ukraine den Einsatz von US-Waffen mit längerer Reichweite gegen Ziele im russischen Staatsgebiet erlaubt. Die entsprechenden Beschränkungen seien aufgehoben worden.

Die Regierung in Kiew wolle den ersten derartigen Angriff in den kommenden Tagen ausführen. Einzelheiten wurden nicht genannt. Die New York Times berichtete unter Berufung auf US-Regierungskreise, die Raketen dürften zunächst gegen russische und nordkoreanische Soldaten in der Oblast Kursk eingesetzt werden. Demnach dürften die Angriffe mit ATACMS-Raketen ausgeführt werden. Diese haben eine Reichweite von etwa 300 Kilometern. Die Abkürzung ATACMS steht für Army Tactical Missile Systems - Raketensysteme, die von Wirkung und Reichweite häufig mit den britischen "Storm Shadow" und den deutschen "Taurus"-Marschflugkörpern verglichen werden.

Kehrtwende wegen nordkoreanischer Soldaten?

Die Entscheidung stellt einen erheblichen Kurswechsel der US-Regierung kurz vor dem Ausscheiden Bidens aus dem Amt im Januar dar. Laut New York Times ist die Freigabe weitreichender Waffen eine Reaktion auf den Einsatz nordkoreanischer Soldaten auf russischer Seite. Dieser überraschende Schritt der Regierung in Moskau hatte in den USA und der Ukraine Besorgnis ausgelöst.

Wie es mit der US-Unterstützung nach der Amtsübernahme des neuen Präsidenten Donald Trump weitergeht, ist bisher unklar. Im Wahlkampf hatte er angekündigt, den Krieg schnell beenden zu wollen. Seine republikanische Partei hatte Waffenlieferungen an die Ukraine verzögert.

Selenskyj: Raketen werden für sich selbst sprechen

In seiner abendlichen Ansprache ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf die Berichte über die Freigabe der Waffen indirekt eingegangen: "Angriffe werden nicht mit Worten geführt", sagt er. "Solche Dinge werden nicht angekündigt. Die Raketen werden für sich selbst sprechen."

Die Führung in Kiew hatte bei den westlichen Verbündeten zuletzt immer wieder um die Erlaubnis geworben, auch mit weitreichenden westlichen Waffen Ziele in Russland attackieren zu dürfen. Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha hatte erklärt, es sei wichtig, "alle Beschränkungen für den Einsatz amerikanischer und britischer Waffen gegen legitime militärische Ziele in Russland aufzuheben". 

Moskau: "Schritt könnte zum Beginn des Dritten Weltkriegs führen"

Die erste Reaktion aus Russland erfolgte prompt: Angriffe mit US amerikanischen Raketen tief in russische Regionen hinein werden unweigerlich zu einer ernsthaften Eskalation führen, die weitaus schwerwiegendere Folgen haben könnte, sagte Leonid Sluzki gegenüber der russischen Nachrichtenagentur TASS. Slutzki ist Vorsitzender des Ausschusses für Internationale Angelegenheiten in der Staatsduma.

Die scheidende US-Regierung müsse verstehen, dass sie das Team des designierten US-Präsidenten Donald Trump vor das Problem stellt, nicht nur den Ukraine-Konflikt zu lösen. Trumps Team müsse möglicherweise eine globale Konfrontation verhindern, sagte Sluzki.

Noch entschiedener äußerte sich Wladimir Jabarow, der erste stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Internationale Angelegenheiten des russischen Föderationsrates. Die Genehmigung sei ein beispielloser Schritt, der zum Beginn des Dritten Weltkriegs führen könnte, sagte er der Nachrichtenagentur TASS. Russlands Reaktion würde sofort folgen. "Das ist ein sehr großer Schritt", sagte Jabarow. "Und die Amerikaner gehen ihn wegen eines scheidenden alten Mannes, der in zwei Monaten für nichts mehr verantwortlich sein wird."

Putin: Einsatz der NATO-Waffen käme Kriegsbeteiligung gleich

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit betont, dass der Einsatz weitreichender westlicher Präzisionswaffen gegen Ziele tief auf russischem Territorium als Kriegsbeteiligung der NATO zu werten sei.

Völkerrechtler sehen das anders. Waffenlieferungen allein machen ein Land nicht zur Kriegspartei. Zudem gab es ähnliche Debatten bereits bei der Lieferung von "Leopard 2"-Panzern.

Mit Informationen von Björn Blaschke, ARD-Studio Moskau, zzt. Baku.