Ein Demonstrant bewirft Polizisten in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad.
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Landesweite Unruhen Was gerade in Pakistan passiert - und warum

Stand: 11.05.2023 16:52 Uhr

Seit der Festnahme von Ex-Premier Khan lieferten sich Demonstranten und die pakistanische Polizei in verschiedenen Teilen des Landes Gefechte - ehe Khan nun freigelassen wurde. Warum ist die Lage so eskaliert?

Wer ist Imran Khan?

Weltweit bekannt wurde Imran Khan als Cricketspieler, als Kapitän der pakistanischen Cricket-Nationalmannschaft. Vor mehr als 30 Jahren, 1992, gewann er für Pakistan den Cricket World Cup. Cricket ist der beliebteste Sport in Pakistan und Khan wurde zum Nationalhelden. Khan machte auch immer wieder international Schlagzeilen - in Boulevard-Blättern dank verschiedener Affären. Aus einer Ehe mit einer britischen Milliardärserbin hat er zwei Söhne.

Imran Khan

Imran Khan war von 2018 bis 2022 Premierminister von Pakistan.

Vier Jahre nach dem World Cup-Sieg zog es ihn in die Politik. 1996 gründete er die nationalistische Partei PTI, die Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit (Pakistan Tehreek-e-Insaf). Seitdem ist er auch der Vorsitzende der Partei. Von 2018 bis 2022 war er Premierminister von Pakistan. Im April vergangenen Jahres musste er durch ein Misstrauensvotum von seinem Amt zurücktreten. Seitdem rief Khan immer wieder zu Massenprotesten auf. Im November schoss ein Attentäter Khan drei Mal ins Bein.

Khan wuchs als Sohn eines Bauingenieurs in Lahore auf, nicht als Teil der politischen oder finanziellen Elite. Für die Oberstufe wechselte er nach England und studierte später in Oxford Politik und Wirtschaft. Dort wurde er 1974 auch Kapitän des Cricket-Teams. Drei Jahre vorher hatte er schon für die pakistanische Nationalmannschaft angefangen zu spielen.

Was hat die Proteste jetzt ausgelöst?

Am Dienstag war Imran Khan bei einem Termin am Obersten Gericht von Pakistans Hauptstadt Islamabad erschienen - offenbar eine gute Gelegenheit für die Behörden, ihn festzunehmen. Die Verhaftung geschah auf spektakuläre Weise: Etwa 50 Einsatzkräfte einer Spezialeinheit der Antikorruptionsbehörde bedrängten ihn in einem Büro, als er gerade ein Dokument unterschrieb. Anschließend führten sie ihn in ein gepanzertes Fahrzeug.

Ein Video der Verhaftung verbreitete sich schon kurz danach in den sozialen Medien in Pakistan. Daraufhin gingen Tausende auf die Straße. Die Parteispitze der PTI rief ihre Anhänger auf, gegen die Festnahme von Khan zu protestieren. Erst waren die Proteste nur in der Hauptstadt Islamabad, dann in vielen Teilen des Landes. Demonstranten stürmten ein Militärgelände und zerstörten das Haus eines hochrangigen Militäroffiziers.

Warum wurde Khan festgenommen?

Hinter dem Misstrauensvotum gegen ihn steckten die USA - das behauptete Khan immer wieder. Seitdem fordert der 70-Jährige immer wieder Neuwahlen. Und genau das hat möglicherweise seinen politischen Gegnern Sorge bereitet. Denn eigentlich soll es in diesem Jahr Neuwahlen geben. Experten halten Kahns Wiederwahl dann für ziemlich wahrscheinlich.

Und: Erst Anfang der Woche hatte ihn das Militär vor Verleumdung gewarnt. Khan hatte zuvor einen Militäroffizier beschuldigt, ein Mordkomplott gegen ihn zu planen. Lange Zeit galt es als gesichert, dass das Militär Imran Khan immer unterstützte. Manche behaupten sogar, Generäle hätten seine Wahl zum Premierminister 2018 erst ermöglicht.

Gleichzeitig erhebt die Regierung schon seit langem Vorwürfe wegen Korruption, Geldwäsche und Beleidigung gegen Khan. Es laufen mehrere Verfahren gegen ihn. Khan und seine Partei wehren sich juristisch dagegen. Hinter dem Attentat auf ihn im November vermutet er eine Verschwörung des Militärs und der Regierung. Beide wiesen die Vorwürfe von sich.

Schon im März hatten Sicherheitskräfte versucht, den ehemaligen Premierminister an seinem wie eine Festung verbarrikadierten Haus in seiner Heimatstadt Lahore festzunehmen. Seine Anhänger protestierten daraufhin so lange, dass die Polizei schließlich wieder abzog.

Was bedeutet die Lage jetzt?

Pakistans politische Landschaft ist schwer zu durchschauen. Korruption und Intrigen sind weit verbreitet. Immer wieder kommt es zu politischen Coups. Auf der einen Seite steht die intellektuelle Elite, das Establishment, dann gibt es das Militär - und die ländliche Bevölkerung in den verschiedenen Landesteilen, viele davon Anhänger von Khan und seiner Partei PTI.

Umfragen zufolge gilt Khan aktuell als beliebtester Politiker, gerade bei jungen Menschen. Dabei wird ihm immer wieder vorgeworfen, als Populist kaum politische Lösungen anzubieten. Er stilisiere sich als Opfer und stachele seine Anhänger auf. Und seine Gegner haben offenbar den starken Rückhalt in der Bevölkerung für Khan unterschätzt, das zeigen jetzt auch die anhaltenden Proteste. Für sie ist er ihr Nationalheld: muslimisch und selbstbewusst.

Auf der anderen Seite steht das Militär und die zwei wichtigsten Familien im Land: Bhutto und Sharif. Beide Familien stellen regelmäßig das Amt des Premierministers. Aktuell hat dieses Amt Shebaz Sharif inne.

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