Der Berg Fuji ist durch ein Loch in einem schwarzen Sichtschutz zu sehen, der gegenüber einem Supermarkt in der Stadt Fujikawaguchiko in Zentraljapan installiert ist

Tourismus in Japan Mit Sichtschutz und Gebühren gegen den Besucheransturm

Stand: 12.08.2024 12:00 Uhr

Seit dem Ende der Pandemie kommen immer mehr Touristen nach Japan. Die sind durchaus willkommen, doch das Verhalten der Besucher sorgt für Unmut. Das Land hat nun Maßnahmen ergriffen - auch um Overtourism zu verhindern.

Fast drei Jahre hatte sich Japan während der Coronapandemie von der Welt abgeschottet. Dann gingen die Türen wieder auf und seitdem strömen die Touristen ins Land. Das liegt auch an dem schwachen Yen, der zugleich dafür sorgt, dass Einheimische ihre freien Tage ebenfalls in Japan verbringen, statt ins Ausland zu reisen.

Von Januar bis Mai dieses Jahres zählte die Nationale Tourismusorganisation fast 15 Millionen Touristen. Ein Anstieg um 6,5% im Vergleich zu 2019, also vor der Pandemie. Über den Zuwachs sind nicht alle froh: Von Overtourism ist die Rede - also von einer Ballung von Touristen, die die Belastbarkeit der Region übersteigt - obwohl es den in Japan längst noch nicht gibt.

Sichtblende auf dem Supermarkparkplatz

In der japanischen Kleinstadt Fujikawaguchiko pfeift der Wachmann, was das Zeug hält, doch die Touristen laufen trotzdem quer über die Straße. Zwei junge Australier sind trotz Ansturm richtig happy: "Wenn du nach Japan kommst, dann musst du die Natur und Berg Fuji anschauen", erzählt einer von ihnen. "Der Ausblick hinter uns: Wir lieben das."

Der Parkplatz vor einem Supermarkt mit einem sensationellen Blick auf den Fuji hatte die Diskussion über Overtourism in Japan richtig befeuert. Inzwischen steht dort eine Sichtblende - allerdings mit ersten Löchern.

Ein Besucher versucht, ein Foto durch ein Loch in einem schwarzen Bildschirm gegenüber einem Supermarkt in der Stadt Fujikawaguchiko zu machen

Die Stadt Fujikawaguchiko arbeitet daran, die Löcher im Sichtschutz zu reparieren.

Problematisches Verhalten von Touristen

Ein weiterer Aufreger an Orten mit zu vielen Touristen wie in der Stadt Kyoto oder in Kamakura ist das problematische Verhalten der Besucher. "Sie werfen ihren Müll auf die Straße, essen auf der Straße oder in Geschäften", kritisiert Masafumi Kon, Vorsitzender des Einkaufsviertels Komachi in Kamakura.

Alles Dinge, die Japaner nie tun - es ist für sie selbstverständlich, den Müll zum Beispiel mit nach Hause zu nehmen, weil es in Japan kaum öffentliche Mülleimer gibt. Dass Touristen damit Schwierigkeiten haben, können Einheimische hingegen nur schwer nachvollziehen.

Besucher sollen besser verteilt werden

Am Fuji ist Müll auch ein Problem. Dort gibt es jetzt zwar nicht mehr Abfalleimer, aber erstmals wird eine Aufstiegsgebühr von etwa 11 Euro erhoben. Die Besucherzahl wird auf 4000 täglich begrenzt und man muss sich anmelden. Bergsteiger Masaki Yamazumi findet so ein Vorab-Reservierungssystem gut. "Denn es ist gefährlich, wenn zu viele Menschen auf der Strecke sind."

Auch wenn in Japan jetzt gern von Overtourism geredet wird, Fakt ist: Im internationalen Vergleich sind die Touristenzahlen noch verhältnismäßig niedrig, nur eben schlecht verteilt.

Japans Regierungschef Fumio Kishida bringt das Dilemma auf den Punkt: "Unser Ziel von 60 Millionen Besuchern bis 2030 und 88 Mrd. Euro Einnahmen sind in Reichweite. Wichtig ist, dass Gäste in mehr Regionen als bisher reisen und wir so Overtourism vorbeugen und kontrollieren."

Zwei Touristinnen stehen vor einer für Besucher gesperrten Straße im Geisha-Viertel Gion in Kyoto.

Um den Massentourismus einzudämmen, hat die Stadt Kyoto Teile des Gion-Viertels für Besucher gesperrt. Viele Touristen kommen dort hin, um Geishas zu sehen.

Reiseveranstalter für Alternativrouten gesucht

Tomokage Nakayama vom Nationalen Tourismusverband ist genau dafür zuständig und möglicherweise Teil des Problems. Er erzählt, wie der Verband versucht, Touristen von den klassischen Regionen wegzulocken: "Wir bitten andere Regionen Japans, uns ihre Besonderheiten mitzuteilen, und daraufhin werben wir damit auf unserer Webseite und in den Sozialen Medien."

Damit würden sie jedoch kaum jemanden erreichen, räumt er selbst ein. Wichtiger sei es, Reiseveranstalter für Alternativrouten zu gewinnen. Doch das sei wegen fehlender Infrastruktur manches Mal schwierig. Zudem ist auf dem Land oft ab 20 Uhr tote Hose.

Touristen machen gegenüber von einem Supermarkt in der Stadt Fujikawaguchiko Fotos vom Berg Fuji

Diese Aussicht in Fujikawaguchiko hatte die Diskussionen befeuert - das Foto entstand einen Tag, bevor die Sichtblende aufgebaut wurde.

Der Einfluss der Influencer

Dass Orte wie Fujikawaguchiko mit dem Parkplatz quasi über Nacht so einen Ansturm erlebt haben, liegt nicht zuletzt an Influencern wie Ariel Lee. Die Taiwanerin ist sich ihrer Verantwortung bewusst. Sie empfiehlt Besuchern Alternativen, zum Beispiel Kanazawa statt Kyoto. Man käme dort gut mit dem Zug von Tokio aus hin, könnte dort Geishas sehen.

Hakone sei auch ein sehr beliebter Ort für Onsen-Bäder. "Aber überall muss man lange anstehen, es ist total voll. Dabei kann man mit dem Shinkansen auch nach Atami fahren. Auch das ist ein sehr schöner Ort für Onsen."

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