Menschen nehmen ein Bad im Ganges.

Der Ganges in Indien Giftige Brühe oder heiliges Wasser?

Stand: 25.02.2024 16:10 Uhr

Varanasi gilt als Indiens heiligste Stadt, und durch sie fließt Indiens längster Fluss. Hindus glauben traditionell an die heilende Wirkung des Ganges - obwohl dessen Wasser hier extrem verschmutzt ist.

Morgens um Viertel vor sechs am Ufer des Ganges in Varanasi. Zum Sonnenaufgang steigt Vishwambhar Nath Mishra in Indiens heiligsten Fluss. Genau sechs Mal taucht er darin unter, zwei Schlücke nimmt er aus dem Wasser. Anschließend betet er zum Sonnengott, zitiert dabei alte mythologische Texte. Es ist ein Ritual, das Mishra jeden Vormittag vollzieht.

Mishra hat eine ganz besondere Beziehung zu Indiens längstem Fluss. Er ist Tempelpriester, Professor für Ingenieurwesen und leitet gleichzeitig eine Organisation, die sich um die Reinigung des Flusses kümmert. “Wir glauben an die Kraft des Ganges”, sagt er. “Für mich ist der Fluss rein. Trotz all der Verschmutzung. Wer nach Varanasi kommt, der verneigt sich vor dem Ganges.” 

Vishwambhar Nath Mishra nimmt ein Bad im Ganges.

Vishwambhar Nath Mishra weiß, wie verschmutzt der Ganges ist. Trotzdem badet er jeden Morgen in dem heiligen Fluss.

Einer der verschmutztesten Flüsse weltweit

Der Ganges versorgt etwa 40 Prozent der indischen Bevölkerung mit Wasser. Studien zufolge ist er einer der verschmutztesten Flüsse der Welt. "Allein in Varanasi werden Abflüsse an 22 verschiedenen Stellen ungefiltert in den Fluss geleitet", erklärt Udai Kant Chaudhary, Direktor des Institute for Ganga Management. "So gelangt eine Vielzahl an Schadstoffen in den Ganges."

In Varanasi haben Wissenschaftler an einigen Stellen extrem hohe Mengen an Schwermetallen wie Blei und Quecksilber gefunden. Auch zahlreiche Krankheitserreger wie Bakterien, Viren und Parasiten wurden hier bereits nachgewiesen, die zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen. Hinzu kommen verschiedene Chemikalien, darunter Pestizide, Lösungsmittel und Öle, die in den Ganges fließen und die Wasserqualität nachhaltig schädigen. 

Dreck schwimmt im indischen Fluss Ganges.

Dem Glauben nach kann ein Schluck des heiligen Ganges-Wassers sämtliche Krankheiten heilen.

Der Glaube an die heilige Kraft

Wissenschaftliche Fakten scheinen in Varanasi für viele Menschen allerdings weniger wichtig als der Glaube. Die Stadt gilt für viele Millionen Hindus als heilig. In Varanasi, so die Legende, ist die bedeutende Gottheit Shiva zu Hause. Im Ganges selbst sehen Hindus die personifizierte Flussgöttin Ganga. Dem Glauben nach kann ein Bad im Ganges helfen, alle Sünden loszuwerden. Ein Schluck des heiligen Wassers soll sämtliche Krankheiten heilen können.

Daran glaubt auch Ram Bali. Er ist 73 Jahre alt und arbeitet seit mehr als fünf Jahrzehnten als Bootsfahrer auf dem Ganges. "Ich trinke das Wasser auch öfter", sagt er. "Es ist ja schließlich heilig." Dass das Wasser ihm schaden könnte, daran glaubt er nicht. Ganz im Gegenteil. "Ich habe dem Ganges all meine Gesundheit und Energie zu verdanken", erzählt Ram Bali mit einem freudigen Lächeln im Gesicht.

Ram Bali

Ram Bali ist 73 Jahre alt und meint, seine Gesundheit und Energie habe er dem Wasser des Ganges zu verdanken. Schaden könne es ihm nicht.

"Fische können nicht mehr überleben"

Regelmäßig fahren Vishwambhar Nath Mishra und seine Mitarbeiter zu einer der Stellen, an denen Abwässer in den Fluss geleitet werden. Der Geruch von Fäkalien liegt in der Luft, das dunkelbraune Wasser fließt hier mit hohem Druck in den Ganges. "Wer aus dem Ganges trinken will, der sollte eigentlich sicher sein, dass überhaupt keine Fäkalien im Wasser sind", sagt Mishra. "Aber dass dies nicht der Fall ist, sieht man ja mit bloßem Auge."

Ein Mitarbeiter Mishras nimmt eine Wasserprobe. Im Labor haben sie bereits in der Vergangenheit nachgewiesen, dass an vielen Stellen so viele Bakterien im Wasser sind, dass Fische nicht mehr überleben können. "Es wird zu wenig gegen die Verschmutzung getan. Warum? Das müssen sie die Politik fragen", so Mishra. Auf die Frage, ob er trotz der hohen Verschmutzung weiter morgens im Fluss baden würde, sagt Mishra: "Natürlich, ich liebe den Ganges."

“Varanasi - Stadt des glücklichen Todes” - die 45-minütige Dokumentation von Oliver Mayer und Felix Leichum können Sie am Montag, den 26.2. um 22:50 Uhr im Ersten oder schon jetzt in der ARD-Mediathek sehen.

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