Huthi-Kämpfer im Jemen (Archivbild).
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Säbelrasseln im Roten Meer Was steckt hinter den Angriffen der Huthi?

Stand: 05.12.2023 11:56 Uhr

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel gibt es auch mehr Attacken der Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer. Die Aufständischen aus dem Jemen werden vom Iran unterstützt. Was steckt dahinter?

Schiitische Milizen greifen Stützpunkte der US-Streitkräfte im Irak an, Hisbollah-Kämpfer im Libanon feuern Geschosse auf Ziele in Israel ab, jemenitische Huthi attackieren Handelsschiffe im Roten Meer - seit dem Angriff der militant-extremistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober scheint sich der Konflikt zwischen der Palästinenser-Organisation im Gazastreifen und Israel auf die Region auszuweiten. Erhöhen diese Angriffe die Gefahr eines Flächenbrandes im Nahen Osten?

Karte: Jemen, Israel und das Rote Meer

Iran unterstützt Huthi-Rebellen

Lange galten die Huthi als eine bewaffnete Gruppe, die lediglich ihre eigenen Interessen verfolgt. Doch sie erhalten immer mehr Unterstützung aus dem Iran - vor allem seit die Aufständischen aus der bergigen Region im Norden des Jemen die Hauptstadt Sanaa 2014 überrannt und große Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht haben.

Mit Geld und Waffen aus der Islamischen Republik kämpfen die Huthi nicht allein um die Vorherrschaft im Jemen, sondern wehren auch die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition ab. Die hatte sich zum Ziel gesetzt, die vertriebene jemenitische Regierung wieder an die Macht zu bringen.  

Das zumindest hatte sich der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman vorgenommen, als seine Einheiten und die anderer Länder 2015 begannen, die Huthi im Jemen aus der Luft zu bekämpfen. Innerhalb weniger Monate wollte der Kronprinz diesen Krieg gewinnen. Doch Mohammed bin Salman hatte seine Rechnung ohne die Huthi gemacht. Sie kämpfen wie eine Guerilla-Gruppe und kennen sich in den unwegsamen Gebieten des Jemen gut aus.

Stellvertreterkrieg im Jemen

Nach jahrelangem Krieg im Jemen gilt erst seit wenigen Monaten eine brüchige Waffenruhe. Die war möglich geworden, nachdem sich Saudi-Arabien und Iran unter der Vermittlung Chinas einander angenähert hatten. Beiden Kriegsparteien im Jemen scheint inzwischen klar zu sein, dass sie die jeweils andere Seite nicht besiegen können.  

Dieser Konflikt wird oft als Stellvertreterkrieg bezeichnet. Denn die jemenitische Zentralregierung wird von Saudi-Arabien unterstützt, die aufständischen Huthi von Iran. Die beiden Regionalmächte am Persischen Golf kämpfen um die Vorherrschaft im Nahen Osten.

Die beiden Länder unterscheiden sich darin, dass die saudische Armee mit modernsten Waffen und im Verbund mit anderen Staaten gegen ihre Gegner kämpft. Iran dagegen lässt bewaffnete Gruppen in anderen Ländern für seine Interessen kämpfen. Dafür rüstet er Milizen aus: im Irak, in Syrien, im Libanon - und mittlerweile auch die Huthi im Jemen.   

Huthi üben Druck auf Israel aus

Das wiederum bewegt die Huthi dazu, nicht nur für die eigenen Ziele zu kämpfen, sondern auch im Interesse Irans zu agieren. "Mit den Angriffen auf die Handelsschiffe im Roten Meer verfolgen die Huthi vor allem ein Ziel", sagt der ägyptische Politikwissenschaftler Mohammed Ezz Al-Arab, der am Ahram-Zentrum für Strategische Studien in Kairo forscht.

"Die Huthi versuchen damit, Druck auf Israel auszuüben, um den Gazakrieg zu beenden. Denn die Huthi gehören zur sogenannten Achse des Widerstands, die für ihren Kampf gegen Israel von Iran unterstützt wird." Auch die Hamas zählt zur sogenannten Achse des Widerstands und wird von Iran ausgerüstet.  

 

Mit den Angriffen auf Handelsschiffe im Roten Meer signalisieren die Aufständischen im Jemen der Hamas im Gazastreifen, dass sie nicht allein gegen Israel kämpft. Ähnlich verhalten sich die schiitischen Milizen im Irak, die dort US-Stützpunkte angreifen - und damit Israels wichtigste Schutzmacht. Schon vorher hatte die von Iran finanzierte und mit Waffen ausgerüstete Hisbollah im Libanon mit Geschossen über die Grenze Ziele in Israel angegriffen.  

Seit die israelische Armee ihre Bodenoffensive im Gazastreifen ausgeweitet hat, haben auch die iranischen Verbündeten ihre Angriffe verstärkt. Doch Iran selbst hält sich weitgehend zurück. Seit der Revolution 1979 ist die Islamische Republik selten aktiv in einen Krieg verwickelt gewesen. Kaum etwas deutet darauf hin, dass sich daran etwas ändern wird.    

Denn wenn Iran einen Krieg mit seinem erklärten Erzfeind Israel beginnen würde, müsste er auch gegen die USA kämpfen. Dass ein solcher Krieg nicht zu gewinnen wäre, dürfte auch den Mächtigen in Iran klar sein. Das ist ein möglicher Grund dafür, dass auch die Hisbollah - von den teilweise tödlichen Gefechten an der israelisch-libanesischen Grenze abgesehen - bislang nicht in den Krieg gegen Israel eingestiegen ist.  

Viele Menschen in Sorge

Die Angriffe der Huthi auf Frachter im Roten Meer wirken wie lautes Säbelrasseln: Sie versetzen viele Menschen in Sorge - im Nahen Osten und darüber hinaus. Politikwissenschaftler Mohammed Ezz Al-Arab glaubt nicht, dass diese Drohungen ein Zeichen dafür sind, dass sich der Gazakrieg zu einem regionalen Konflikt entwickelt. "Damit sollen lediglich bestimmte Botschaften an die USA, aber auch an Israel und einige arabische Staaten geschickt werden."

Unter anderem, meint der Wissenschaftler, wollten die Huthi bei den Verhandlungen über eine dauerhafte Lösung im Jemenkrieg eine wichtigere Rolle spielen. Bevor sich der Krieg im Gazastreifen auf die gesamte Region ausweitet, sind also noch andere Akteure am Zug: nicht nur die von Iran unterstützen Milizen, sondern vor allem die Strippenzieher in Teheran.