Menschen auf einer Kundgebung halten Plakate.

100 Tage nach Hamas-Angriff Israel zwischen Gedenken und Entschlossenheit

Stand: 14.01.2024 13:29 Uhr

In ganz Israel gedenken die Menschen der Opfer des Hamas-Überfalls, Angehörige Verschleppter fordern weiter eine Verhandlungslösung. Premier Netanyahu bekräftigte: Der Krieg ende nicht vor einem "endgültigen Sieg".

Von Tim Aßmann, ARD Berlin, zzt. Tel Aviv

Auf dem sogenannten Platz der Geiseln in Tel Aviv hat am Samstagabend die 24-Stunden-Kundgebung begonnen, mit der an das Schicksal der noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln erinnert wird. Eine der ersten Rednerinnen: die Deutsch-Israeli Raz Ben Ami. Sie wurde entführt und kam frei. Ihr Mann Ohad nicht. Sie sagt: "45 Tage sind nun vergangen, seit ich aus der Geiselhaft im Gazastreifen befreit wurde. Solange Ohad nicht wieder nach Hause kommt, fühlt es sich für mich aber noch so an, als wäre ich noch immer eine Geisel."

Am 100. Tag seit dem Hamas-Überfall vom 7. Oktober gibt es in ganz Israel Veranstaltungen, mit denen an die Terrorattacke erinnert wird. Am Vormittag legten viele Beschäftigte in Betrieben, Geschäften, Cafés und Schulen aus Solidarität mit den Geiseln für 100 Minuten die Arbeit nieder.

Die Familien der Verschleppten wollen den Druck auf die israelische Regierung erhöhen. Sie verlangen eine Verhandlungslösung, um die Entführten freizubekommen. Zu der Massenkundgebung am Beginn der Gedenkveranstaltungen in Tel Aviv kamen nach Veranstalterangaben gestern Abend rund 120.000 Menschen.

Frühere Geisel: "Schließt euch uns an!"

Die 85 Jahre alte Yocheved Lifshitz, die ebenfalls in Geiselhaft war und freigelassen wurde, appellierte an die Bevölkerung: "Ich rufe das ganze Volk Israel auf, sich unserem Marsch anzuschließen und die Stimme zu erheben mit der Forderung, alle Geiseln freizulassen. Niemand darf dort zurückgelassen werden. Volk Israels, Ihr seid stark, Ihr könnt das machen! Schließt Euch uns an!"

Auch Benjamin Netanyahu wandte sich gestern Abend ans Volk und er warb für eine Fortführung der Kämpfe im Gazastreifen. "Niemand wird uns stoppen", sagte Israels Premierminister. "100 Tage sind seit diesem schrecklichen Tag vergangen, an dem unsere Bürger massakriert und entführt wurden. Wir werden den Krieg bis zum Ende weiterführen, bis zum endgültigen Sieg, bis all unsere Ziele erreicht sind."

Heftige Kämpfe gehen weiter

Generalstabschef Herzi Halevi richtete sich in einer Videobotschaft an die Israelis und verteidigte die bisherige Strategie. Der Kampf gegen die Hamas eröffne Möglichkeiten, um die Geiseln freizubekommen, erklärte Halevi.

Die heftigen Kämpfe im Gazastreifen dauern an, die Zahl der Todesopfer steigt und eine Feuerpause, in der das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung gelindert werden könnte, ist nicht in Sicht.

Im israelischen Grenzgebiet zum Libanon bleibt die Lage angespannt. In der vergangenen Nacht kam es erneut zu einem Schusswechsel. Die israelische Armee erklärte, eine Gruppe von Terroristen sei über die Grenze gekommen und habe auf eine Militärpatrouille geschossen. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert und vier Angreifer getötet. An Israels Nordgrenze kommt es immer wieder zu Gefechten zwischen der Armee und der libanesischen Hisbollah-Miliz.

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