Ein Mann betrachtet Waffen und militärische Ausrüstung, die nach Angaben des israelischen Militärs von Hamas-Bewaffneten aus dem Gazastreifen eingesetzt wurden

Krieg in Nahost Wie die Hamas ihre Waffen bekam

Stand: 17.02.2024 12:27 Uhr

Die Terrororganisation Hamas hat in ihrem Kampf gegen Israel aus einem riesigen Waffenarsenal geschöpft. Mörsergranaten, Maschinengewehre oder Granaten gelangten über mehrere Wege in den abgeriegelten Gazastreifen.

Gaza-City Anfang Januar: Das israelische Militär nimmt ausländische Journalistinnen und Journalisten mit in das Kampfgebiet. Darunter auch Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters, die das Material veröffentlicht.

Die Häuser entlang der von den Panzern zerfurchten Wege gleichen Ruinen. Der Tross hält vor einem hallenartigen Gebäude, das nur leicht beschädigt ist. Mit dabei ist auch der israelische Militärsprecher Daniel Hagari.

Er klärt auf, was es mit der Halle auf sich hat. "Wir betreten hier eine Industrie-Werkhalle, in der die Raketen der Hamas gefertigt wurden. Hier wurden sie zusammengebaut und dann über das Tunnelsystem weitertransportiert. Und wir sehen hier auch, wie die Zünder der Raketen mit speziellen CNC-gesteuerten Maschinen angefertigt wurden", so Hagari.

Granaten aus den USA

Ein israelischer Soldat beugt sich hinunter auf den Boden und nimmt eine Mörsergranate in die Hand. Woher sie stammt, lässt sich leicht identifizieren: aus den USA.

Mehr als zehn, vielleicht 15 Jahre hat die Terrororganisation Hamas ihr Waffenarsenal vervollständigt: Leichte Waffen wie Pistolen, automatische Waffen, Maschinengewehre, Panzerfäuste. Aber auch gefährlichere Waffensysteme wie Panzerabwehrlenkwaffen, Kurz- und Mittelstreckenraketen.

Waffen verschwanden in den Tunneln

Doch wie war es möglich, dass die Hamas im Gazastreifen, der jahrelang von Israel und Ägypten weitgehend abgeriegelt wurde, solch ein Waffenarsenal aufbauen konnte? Yehoshua Kalisky, Waffenexperte beim sicherheitspolitischen Think Tank INSS in Tel Aviv klärt auf, dass es unterschiedliche Wege dafür gab.

Einer davon war Schmuggel: "Ein Großteil des Schmuggels über das Meer erfolgte mit Hilfe der Fischer. Israel ging zu leichtfertig mit den Fischern um, sie wurden nicht ausreichend kontrolliert. Sie schmuggelten die Waffen", sagt Kalisky. Die zweite Route hingegen, die vom Iran über den Sudan zum Sinai verläuft, sei Israel bereits bekannt gewesen. "Das Problem ist, sobald die Waffen in den Sinai gelangen und über die Tunnel gehen, kann man sie nicht weiterverfolgen."

Blindgänger werden wiederverwendet

Der Schmuggel von Waffen war ein Weg. Dazu gab es, wie auch die israelischen Behörden eingeräumt haben, immer wieder Diebstähle aus zum Teil schlecht gesicherten Armeestützpunkten, vor allem im Süden des Landes.

Und noch einen Weg zählt Waffenexperte Yehoshua Kalisky auf: Die Hamas nutzte das, was herumlag. Blindgänger aus vorherigen Kriegen, nicht explodierte Sprengsätze. "Etwa 15 Prozent der Bomben explodieren nicht. Das betrifft oft ältere Bomben für den allgemeinen Einsatz, keine intelligenten Bomben. Sie sind nicht explodiert und ihr Sprengstoff wurde von der Hamas recycelt, um ihn in die Raketen einzubauen oder um Sprengsätze daraus herzustellen, die explodieren", so Kalisky.

Im Dezember gab es in Gaza einen Vorfall, bei dem zehn israelische Soldaten gefallen sind. Der Sprengsatz stammte von einem Blindgänger, erklärt Kalisky.

"Wir hatten nicht das große Bild vor Augen"

So konnten etwa aus einer nicht detonierten 250-Kilo-Bombe Hunderte Raketen mit Sprengstoff bestückt werden. In einem Propagandavideo bestätigt ein Hamas-Mitglied diese Methode: "Durch diesen Bestand aus dem Krieg 2014 konnten wir trotz der Belagerung unsere Raketenleistung verdoppeln und so die für den Kampf erforderliche Feuerintensität erreichen."

Hat Israel die Hamas unterschätzt? Wie konnte es passieren, dass die Hamas über viele Jahre militärisch so aufrüsten konnte - quasi vor den Augen Israels? Waffenexperte Yehoshua Kalisky räumt Versäumnisse ein. "In gewisser Weise haben wir es zu leichtfertig genommen. Wir hatten nicht das große Bild vor Augen."

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