Eine Frau geht an einem Schild am Stuttgarter Flughafen vorbei, auf dem "Corona-Testzentrum" steht.

Einreisende aus China Gespaltene Meinungen zur Corona-Testpflicht

Stand: 04.01.2023 13:59 Uhr

In China sind die Corona-Infektionszahlen zuletzt rapide angestiegen. Die EU will nun beraten, ob Einreisende sich verpflichtend testen lassen müssen. Fachleute, Politiker und Verbände sind sich hier uneinig.

Vor den Beratungen der EU zu einer möglichen Corona-Testpflicht für Einreisende aus China herrscht in Deutschland Uneinigkeit zu dem Thema. Eine generelle Testpflicht sei nur auf europäischer Ebene wirksam, sagte etwa Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. Er halte es für sinnvoll, stichprobenartig zu testen. "Es würde beispielsweise Sinn machen, mit Stichprobentests gerade Mutationsvarianten frühzeitig zu identifizieren und ein Variantenmonitoring auszuweiten", sagte Dahmen im ARD-Morgenmagazin.

Es gebe im Moment keine Hinweise darauf, dass das Virus, das aktuell in China grassiere, gefährlicher sei als die Virusvarianten in Europa. "Nach alledem, was man im Moment weiß, ist es das gleiche Coronavirus der gleichen Omikronstämme, die dort verbreitet sind, wie auch hier", sagte Dahmen.

Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, befürwortete hingegen eine generelle PCR-Testpflicht für alle Einreisenden aus China. "Wir wissen nicht, was in China derzeit passiert. Die Infektionen laufen völlig unkontrolliert ab", sagte Montgomery der "Rheinischen Post". Er sprach sich ebenfalls für eine Sequenzierung bei positiv Getesteten aus, um in Deutschland noch nicht registrierte Varianten erkennen zu können. 

Stöhr: Ausbreitung neuer Varianten trotz Tests möglich

Um die Ausbreitung neuer Virusvarianten zu verhindern, seien Tests dem Epidemiologe Klaus Stöhr zufolge allerdings nur wenig zielführend. "Das Monitoring ist keine so schlechte Idee, wissenschaftlich sicherlich interessant, aber rein praktisch müsste man ja dann sehen, wie sich diese Variante auch in der Population verhält", sagte der ehemalige Leiter des Influenzaprogramms der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Deutschlandfunk.

Es gehe darum, welche Eigenschaften sich neben den genetischen geändert hätten, ob auch andere Altersgruppen betroffen seien oder der Immunschutz unterlaufen werde. "Alles das dauert ja eine gewisse Zeit und dann ist die Variante dann auch schon durchgeschlüpft. Selbst Testen kann das ja nicht verhindern", sagte Stöhr. Die Tests würden nicht jeden Infizierten ermitteln.

IATA: Testpflicht schadet der Wirtschaft

Der internationale Verband der Fluggesellschaften IATA äußerte Kritik an der bereits bestehenden Testpflicht für China-Reisende in einigen Ländern. "Es ist sehr enttäuschend, zu sehen, dass Maßnahmen, die sich in den vergangenen drei Jahren als unwirksam erwiesen haben, reflexartig wieder eingeführt werden", teilte IATA-Chef Willie Walsh in einer Stellungnahme mit.

Solche Maßnahmen könnten nach wissenschaftlichen Studien die Ausbreitung von Coronavirus-Varianten allenfalls um ein paar Tage verzögern. Stattdessen schadeten sie der Wirtschaft und vernichteten Arbeitsplätze, so Walsh. "Wir haben die Werkzeuge, mit Covid-19 umzugehen, ohne auf unwirksame Maßnahmen zurückzugreifen." In dem Verband sind rund 300 Fluggesellschaften, die zusammen gut 80 Prozent des weltweiten Flugverkehrs abwickeln.

Studie: Welle bedroht ländliche Regionen Chinas

Laut einer Studie chinesischer Wissenschaftler dürfte die Ansteckungswelle in den Millionenmetropolen wie Peking oder Shanghai ihren Höhepunkt bereits überschritten haben. Der massive Ausbruch dürfte bis Ende des Monats allerdings auch die Provinzen in Zentral- und Westchina sowie den ländlichen Raum erfassen, wie die Forscher im Wissenschaftsmagazin "Frontiers of Medicine" warnten.

Dauer und Ausmaß des bevorstehenden Ausbruchs in den Provinzen und auf dem Lande könnte durch die Reisen zum Neujahrsfest am 22. Januar "dramatisch erweitert" werden. Zu dem wichtigsten chinesischen Familienfest reisen traditionell viele Millionen Menschen in ihre Heimatdörfer. Weil in kleinen und mittelgroßen Städten sowie in ländlichen Gebieten viele ältere Menschen leben und die medizinische Versorgung häufig unzureichend ist, blicken Fachleute besorgt auf die Corona-Situation in den Regionen.