Trump schaut während einer Wahlkampfveranstaltung in Salem (US-Bundesstaat Virginia) auf eine Video-Leinwand.
analyse

Künftige US-Regierung Loyal, prominent und gläubig

Stand: 30.11.2024 09:55 Uhr

Bei der Zusammenstellung seines Teams ist Trump anders vorgegangen als 2016. Die künftige Regierung zeigt zudem ein erstaunliches Maß an Diversität. Wen hat Trump weshalb ausgesucht und belohnt?

Von Samuel Jackisch, ARD Washington

Nach seinem ersten Wahlsieg 2016 nominierte Donald Trump zahlreiche erfahrene Beamte aus der Republikanischen Partei, zu denen er kaum eine Beziehung hatte und von denen er sich danach häufig nicht ernst genommen fühlte.

Das ist diesmal anders: Fast alle der innerhalb von nur einer Woche nominierten Kandidaten haben den designierten US-Präsidenten entweder bereits im Wahlkampf unterstützt oder ihn in schwierigen Zeiten öffentlich verteidigt.

Willkommener Sinneswandel

Dabei nimmt Trump in Kauf, dass manche Kandidaten erst spät in sein Lager gewechselt sind: Marco Rubio, vorgesehen für das Außenministerium, hatte Trump lange scharf angegriffen, nun arbeitet er für ihn. Tulsi Gabbard soll die Koordination der US-Geheimdienste übernehmen und Robert Kennedy Jr. Gesundheitsminister werden, nachdem beide zunächst in der Demokratischen Partei Karriere gemacht hatten.

Der designierte Finanzminister Scott Bessent war nicht nur Großspender für die Demokraten, er arbeitete auch für den Finanzinvestor George Soros, den Trump wiederholt scharf attackiert hat.

Besonders gewissenhaft belohnt Donald Trump das juristische Team, das ihn in seinem zweiten Amtsenthebungsverfahren im Jahr 2021 verteidigt hatte: Seine damaligen Anwälte sollen nun Justizministerin, CIA-Direktor, Verwalter der Umweltschutzbehörde oder Botschafterin bei den Vereinten Nationen werden.

Prominenz schlägt Berufsbiografie

Im Wahlkampf hatte Trump erneut versprochen, das politische Establishment in Washington auszuwechseln. Ins Visier nimmt er nun vor allem zwei Bereiche, die ihn in seiner ersten Amtszeit besonders frustriert hatten: das Pentagon und das Justizministerium.

An die Spitze des US-Militärs soll der Fernsehmoderator Pete Hegseth treten. Er wäre mit 44 Jahren der jüngste Minister in diesem Amt und ohne jegliche Erfahrung in der Verwaltung verantwortlich für rund 2,3 Mio. Soldaten und einen Jahreshaushalt von 900 Milliarden US-Dollar.

Hegseth moderierte acht Jahre lang beim konservativen TV-Sender FOX News und diente als Soldat der Army National Guard in Guantanamo Bay, Irak und Afghanistan. 

Und er schreibt Bücher: In "The War On Warriors" argumentiert er unter anderem, das US-Militär solle künftig keine Frauen mehr in Kampfeinsätze schicken, die Genfer Konventionen gelegentlich ignorieren und sogar Kriegsverbrechen in Kauf nehmen.

Noch mehr von Fox

Co-Moderatorin bei Fox News war früher auch die Juristin Pam Bondi. Als Leiterin des Justizministeriums könnte sie bald über den Fortgang der beiden noch laufenden Bundesgerichtsverfahren gegen Donald Trump entscheiden - zur Erstürmung des US-Kapitols vor vier Jahren und zu seinem Umgang mit vertraulichen Dokumenten.

Weitere Kandidaten mit erhöhter Medienprominenz sind der TV-Arzt Mehmet Oz, der sich um Krankenkassen und Gesundheitsfürsorge kümmern soll sowie die frühere Wrestling-Managerin und kommende Bildungsministerin Linda McMahon.

Religion trifft politische Entscheidungen

Die theologische Begründung politischer Ansichten ist im Team Trump üblich. So äußerte Hegseth etwa zur Interventionspolitik im Nahen Osten, zur Verteidigung Israels brauche es einen "amerikanischen Kreuzzug", und auch innerhalb der USA müsse für die menschliche Freiheit in einem "heiligen Krieg für die gerechte Sache" gekämpft werden.

Auch bei der Berufung des früheren evangelikalen Pastors Mike Huckabee zum US-Botschafter in Israel verwies Donald Trump auf dessen religiöse Biografie.

Im Inneren soll Russel Vought erneut das Amt für Verwaltung und Haushalt (OMB) leiten. Vought war eng in das "Project 2025" eingebunden, ein konservatives Konzept für Trumps zweite Amtszeit, von dem dieser sich während des Wahlkampfes zu distanzieren versuchte.

Kritiker des Papiers befürchten, die darin geforderten strukturellen und politischen Veränderungen würden einen autoritären und christlich-nationalistischen Staat schaffen, der die Macht des Präsidenten ausweiten und konservative christliche Werte auf aggressive Weise fördern würde.

Diverser als beim ersten Mal

Bei den Präsidentschaftswahlen gelang es Trump, Wählergruppen für sich zu gewinnen, die üblicherweise den Demokraten zugesprochen wurden. Frauen, Latinos und Schwarze bildet Trump nun entsprechend stärker in seinem Personaltableau ab als in seiner ersten Amtszeit.

Susie Wiles würde die erste weibliche Stabschefin im Weißen Haus und Tulsi Gabbard das erste Kabinettsmitglied aus Amerikanisch-Samoa. Der Frauenanteil im Kabinett wäre zwar niedriger als zuletzt in der Regierung unter Joe Biden, jedoch doppelt so hoch wie in Trumps erster Amtszeit.

Nun ist der Senat am Zug

Die neuen Regierungsmitglieder müssen zunächst im US-Senat bestätigt werden. Aufgrund der knappen Machtverhältnisse dort kann sich jeder Kandidat höchstens drei Abweichler unter den 53 Republikanischen Senatoren erlauben.

Aufgabe der Kammer ist zu prüfen, ob die politischen Ansichten und Biografien der Kandidaten den Auftrag der Ministerien, die sie leiten sollen, kompromittieren würden. Kritisch geäußert haben sich bereits einige Senatoren über Tulsi Gabbard, der eine Nähe zur Regierung Russlands und ein Treffen mit Syriens Diktator Baschar al-Assad vorgeworfen werden.

Der designierte Gesundheitsminister Kennedy fiel jüngst durch die Verbreitung wissenschaftlich widerlegter Thesen zu Impfungen, AIDS oder der Behandlung von Covid-19 auf.

Und Hegseth steht unter zusätzlichem Druck wegen des Vorwurfs einer Vergewaltigung aus dem Jahr 2017. Die Anhörungen der Kandidaten im US-Senat sollen am 3. Januar beginnen.

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