Wahlkabinen in Chicago
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US-Wahl Worum es im Wahlkampf geht

Stand: 13.10.2020 19:34 Uhr

Trump gegen Biden, das ist nicht nur die Entscheidung über die Person im Weißen Haus. Der Wahlausgang wird die politischen Weichen der USA für Jahre neu stellen. Ein Überblick über die wichtigsten Themen.

Von Julian Heißler, ARD-aktuell

Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf befindet sich in der entscheidenden Phase. Doch für den Wahlsieger endet die Arbeit nicht am Abend des 3. November, wenn überall im Land die Wahllokale schließen. Egal ob der Republikaner Donald Trump oder der Demokrat Joe Biden als Sieger aus der Abstimmung hervorgeht: Die Herausforderungen, mit denen die Vereinigten Staaten in den kommenden Jahren konfrontiert werden, sind enorm.

Die Corona-Pandemie hat die stärkste Volkswirtschaft der Welt nachhaltig geschwächt und die Mängel im US-Gesundheitssystem schonungslos offengelegt. Die Demonstrationen und Proteste nach der Tötung des Schwarzen George Floyd durch einen weißen Polizisten zeigten einmal mehr den tiefen Riss, der sich quer durch die amerikanische Gesellschaft zieht. Für die Wählerinnen und Wähler geht es am Wahltag deshalb vor allem darum, welchem der beiden Kandidaten sie zutrauen, die Probleme des Landes zu lösen. Ein Überblick über die wichtigsten Themen - und die Antworten, mit denen Trump und Biden punkten wollen.

Joe Biden und Donald Trump sind auf zwei Bildschirmen zu sehen, die die Fernsehdebatte übertragen.

Im Wettstreit Trump gegen Biden geht es mehr als nur um die Person im Weißen Haus.

Die Wirtschaft

Kein anderes Thema bewegt die Wählerinnen und Wähler Umfragen zufolge mehr. Laut Meinungsforschungsinstitut Pew ist es 79 Prozent sehr wichtig. Kein Wunder, schließlich hat der wirtschaftliche Absturz im Zuge der Coronakrise Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner den Job gekostet. Staatliche Hilfsprogramme, die den Betroffenen in dieser schwierigen Zeit helfen sollten, sind mittlerweile ausgelaufen. Wenige Wochen vor der Wahl liegt die Arbeitslosigkeit immer noch bei 7,9 Prozent. Die Zentralbank Fed geht davon aus, dass die Wirtschaft in diesem Jahr insgesamt um 3,7 Prozent schrumpfen wird. Es wäre der stärkste Rückgang seit 1946.

Ein Mann mit Mundschutzmaske geht in den USA an einem geschlossenen Geschäft vorbei.

Der Wirtschaftsabsturz im Zuge der Coronakrise ist für die amerikanischen Wähler das wichtigste Thema.

Trotz der schwierigen Lage bietet das Thema für den Präsidenten einen Hoffnungsschimmer. In den meisten Umfragen traut eine Mehrheit der Amerikaner ihm und nicht seinem Herausforderer Joe Biden zu, das Land wirtschaftlich wiederaufzubauen. Zu diesem Zweck verspricht Trump das, was ihm auch in den ersten Jahren seiner Amtszeit geholfen hat: Steuersenkungen und den Abbau staatlicher Regulierung.

Biden hingegen setzt vor allem auf ein massives steuerfinanziertes Konjunkturprogramm, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Allein in die Modernisierung der Infrastruktur sollen über zehn Jahre 1,7 Billionen Dollar fließen. Gleichzeitig will er den Mindestlohn auf 15 Dollar pro Stunde erhöhen. Finanziert werden soll dies unter anderem durch Steuererhöhungen auf Einkommen über 400.000 Dollar im Jahr. Die Agenda ist durchaus beliebt. Eine aktuelle Umfrage des Instituts SSRS im Auftrag des Fernsehsenders CNN sieht Biden auch beim Thema Wirtschaft knapp vorne. Ob dieses Ergebnis mehr ist als ein Ausreißer, werden die kommenden Wochen zeigen.

Gesundheitsversorgung

Auch dieses Thema hat angesichts Pandemie einen weiteren Schub bekommen. Laut Pew ist es 68 Prozent der Wählerinnen und Wähler sehr wichtig. Nicht, dass es die zusätzliche Aufmerksamkeit nötig gehabt hätte. Der Streit über die Ausgestaltung des Gesundheitssystems ist seit Jahren fester Bestandteil der politischen Auseinandersetzung in den USA. Daran hat auch die Verabschiedung des Affordable Care Acts, genannt Obamacare, vor zehn Jahren nichts geändert.

Eine Ärztin in Schutzkleidung geht über einen Krankenhausflur in Houston, Texas.

Die Zukunfts der Gesundheitsversorgung beschäftigt ebenfalls viel Wähler.

Auch hier sind die Positionen klar verteilt. Herausforderer Biden will auf das Gesetz aufbauen, das er als Vize-Präsident mit auf den Weg brachte. Sein Plan sieht vor, eine staatliche Krankenversicherungsoption zu schaffen und die Altersgrenze für den Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem für Senioren abzusenken. So soll die Zahl der Amerikanerinnen und Amerikaner ohne Krankenversicherung weiter sinken. Laut Berechnungen der Kaiser Family Foundation waren dies 2018 noch fast 28 Millionen. Mittlerweile dürften es durch den Wirtschaftsabsturz noch mehr geworden sein, denn die Krankenversicherung ist in den USA häufig an den Arbeitsplatz gekoppelt.

Präsident Trump ist weniger konkret, wenn es um seine Pläne für das Gesundheitssystem geht. Obamacare lehnt er jedoch weiterhin ab. Nachdem es ihm in vier Jahren im Weißen Haus nicht gelungen ist, das Gesetz durch den Kongress zurücknehmen zu lassen, unterstützt seine Administration derzeit eine Klage vor dem Obersten Gerichtshof, die den Affordable Care Act zu Fall bringen könnte. Die Verhandlung über die Zukunft des Gesetzes ist wenige Tage nach der Wahl angesetzt.

Sollte das Gericht Obamacare kassieren, verspricht Trump, dass Patienten mit Vorerkrankungen dennoch weiter von den privaten Krankenkassen versichert werden müssen - eine zentrale Provision von Obamacare. Wie dies genau aussehen soll, hat der Präsident im Detail jedoch nicht vorgelegt. Die Wählerinnen und Wähler überzeugt diese vage Aussicht nicht. Beim Thema Gesundheitsversorgung liegt Biden in den Umfragen üblicherweise weit vor dem Mann im Weißen Haus.

Der Oberste Gerichtshof

Die Besetzung des Supreme Court ist eigentlich kein Thema, das für den Wahlkampf entscheidend ist. Traditionell war die Frage vor allem Republikanern wichtig, während sie Demokraten eher weniger interessierte. In diesem Jahr ist das jedoch anders. Nach dem Tod der liberalen Ikone Ruth Bader Ginsberg und der schnellen Nominierung ihrer potenziellen Nachfolgerin, der konservativen Juristin Amy Coney Barrett, haben nun auch Wählerinnen und Wähler im linken Teil des politischen Spektrums das Thema für sich entdeckt. Laut Meinungsforschungsinstitut Pew ist es den Anhängern der Demokraten sogar wichtiger als denen der Republikaner. Eine historische Verschiebung.

Der Oberste Gerichtshof der USA in Washington

Am Obersten Gerichtshof in Washington entscheiden neun Richter über zentrale Fragen des Rechtssystems.

In der Vergangenheit hat vor allem Trump von dem Thema profitiert. Vor vier Jahren präsentierte er als erster Kandidat in der Geschichte eine Liste mit Namen potenzieller Richterinnen und Richter, die er nominieren würde. Die benannten Kandidatinnen und Kandidaten waren ausnahmslos stramm konservativ. Der Zug beruhigte nervöse Republikaner, die Trump damals noch nicht so richtig über den Weg trauten. In diesem Jahr wiederholte er den Schritt deshalb. Da er jedoch bereits drei Juristen für das höchste Gericht im Land nominieren konnte, steht seine Glaubwürdigkeit in dieser Frage ohnehin nicht mehr in Zweifel.

Biden ist weniger konkret. Zwar hat er versprochen, die erste schwarze Frau in der Geschichte des Gerichts zu berufen, Namen hat er jedoch nicht veröffentlicht. Klar ist, dass ein Präsident Biden Juristen mit einem anderen politischen Profil berufen würde als Trump. Von ihm benannte Richterinnen und Richter würden etwa das Recht auf Schwangerschaftsabbruch nicht in Frage stellen und auch in Fragen des Wahlrechtes oder der Regulierungspolitik wohl anders abstimmen als die derzeitige Mehrheit am Supreme Court.

Das Coronavirus

Die Covid-Pandemie spielt derzeit in fast allen Lebensbereichen eine Rolle. Das macht auch ihre Bekämpfung zu einem zentralen Wahlkampfthema - zumindest für einen Teil der amerikanischen Bevölkerung. In keiner anderen Frage ist die Differenz zwischen den Parteien größer. Während laut Pew 82 Prozent der Demokraten die Anti-Corona-Strategie für ein sehr wichtiges Thema halten, sind es bei den Republikanern lediglich 39 Prozent. Insgesamt sehen es 62 Prozent der Bevölkerung so.

Medizinisches Personal steht in einer Corona-Teststation in Vilafranca del Penedes in der Provinz Barcelona.

Das Management der Pandemie beschäftigt vor allem Anhänger der Demokraten.

Diese Spaltung spiegelt die Bedeutung wider, die die beiden Kandidaten dem Thema zuschreiben. Demokrat Biden legte bereits vor Wochen einen Plan vor, wie er vom 20. Januar an das Virus bekämpfen will. Er stellte ein "Kriegskabinett" zusammen, das bereits heute an Plänen für die Verteilung von Schutzkleidung und einem möglichen Impfstoff arbeitet, Tests flächendeckend bereitstellen soll und die Wiedereröffnung von Schulen vorbereitet. Milliardenprogramme sollen zudem den ungehinderten Zugang zu Therapien sicherstellen. Eine landesweite Maskenpflicht und im Zweifel sogar neue Lockdowns schloss der Kandidat in der Vergangenheit ebenfalls nicht aus.

Anders der Präsident: Trump sieht vor allem die Bundesstaaten in der Verantwortung, die Krise zu lösen. Gleichzeitig stellte seine Administration Milliarden für die schnelle Entwicklung eines Impfstoffs und andere Behandlungsformen bereit. Angesichts von mittlerweile mehr als 210.000 Toten in den USA kommt dieser zurückhaltende Ansatz in Umfragen gleichwohl nicht gut an. Trumps Zustimmungswerte für seinen Umgang mit Covid-19 sinken seit Monaten stetig.

Kriminalität/Gewalt

Kriminalität war lange Zeit aus dem Fokus der US-Öffentlichkeit verschwunden. Vor vier Jahren schaffte das Thema es nicht einmal in der Top 10 der wichtigsten Wahlthemen. Doch in den vergangenen Monaten sind Gewaltverbrechen zurück ins Bewusstsein der Amerikanerinnen und Amerikaner gerückt. Der Grund: Einem Bericht des Council on Criminal Justice zufolge ist die Mordrate in 27 US-Großstädten zwischen Juni und August um mehr als 50 Prozent gestiegen. Schwere Körperverletzungen nahmen im selben Zeitraum um 14 Prozent zu. Auch das FBI stellte landesweit in der ersten Jahreshälfte einen starken Anstieg der Morde fest.

Einsatzkräfte der Polizei bei Ausschreitungen in Portland

Die Zahl der Gewaltverbrechen in den USA ist in den vergangenen Monaten ungewöhnlich stark angestiegen.

Experten sind uneinig über die Ursachen. Manche sehen in der Entwicklung eine Folge der Pandemie und des Wirtschaftsabsturzes, andere bringen sie mit den Protesten nach der Tötung von George Floyd in Verbindung.

Trump reagierte auf die Entwicklung vor allem mit der Androhung von Härte. Unter ihm führte die US-Bundesregierung erstmals seit fast 20 Jahren wieder eine Hinrichtung durch. Als Protest gegen Polizeigewalt in mehreren amerikanischen Städten teilweise in Ausschreitungen umschlugen, schickte seine Administration Bundestruppen - auch gegen den Willen der zuständigen Bürgermeister und Gouverneure. All dies sollte die "Law-and-Order"-Botschaft seines Wahlkampfs unterstreichen, um ihm eine zweite Amtszeit im Weißen Haus zu bringen.

Biden wählt auch hier einen anderen Ansatz. Kriminalität will er unter anderem durch Sozialprogramme bekämpfen, Polizisten besser ausbilden und gleichzeitig die Aufsicht durch die Bundesbehörden über lokale Ordnungshüter stärken. Welcher dieser Ansätze in der Bevölkerung auf größere Zustimmung stößt, ist den Umfragen zufolge nicht ganz eindeutig. Konzentriert sich die Frage auf Gewaltverbrechen, liegt Trump knapp vorne. Geht es um den größeren Bereich der öffentlichen Sicherheit, führt Biden mit großem Abstand.

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