Donald Trump (links) und Joe Biden bei einer TV-Debatte im US-Fernsehen.

Biden gegen Trump Scharfe Töne bei erster TV-Debatte

Stand: 28.06.2024 09:13 Uhr

"Lügner", "Verbrecher" oder "schlechtester Präsident": Bei der ersten TV-Debatte sind US-Präsident Biden und sein Herausforderer Trump deutlich geworden. Diskutiert wurde über die Ukraine, den Sturm auf das Kapitol - und Trumps Verurteilung.

Beim ersten TV-Duell des US-Wahlkampfes haben sich der amtierende Präsident Joe Biden und Konkurrent Donald Trump gegenseitig schwere Vorwürfe gemacht. Biden bezeichnete seinen Vorgänger bei der Debatte im Sender CNN mehrfach als Lügner. "Er übertreibt, er lügt", sagte Biden mit Blick auf Trumps Aussagen zur Lage an der Grenze.

Auch sprach Biden Trumps Verurteilung in einem Schweigegeldprozess an. "Die einzige Person auf dieser Bühne, die ein verurteilter Verbrecher ist, ist der Mann, den ich gerade anschaue", sagte Biden. Trump werde zudem noch vieler weiterer Verbrechen beschuldigt und müsse hohe Zivilstrafen zahlen, ergänzte Biden.

Trump wirft Biden "Tote an der Grenze" vor

"Milliarden Dollar dafür, eine Frau in der Öffentlichkeit belästigt zu haben und für eine ganze Reihe anderer Dinge; dafür, Sex mit einem Pornostar gehabt zu haben, in der Nacht, in der deine Frau schwanger war", sagte Biden und irrte im Detail: Melania Trump hatte bereits vier Monate zuvor Sohn Barron zur Welt gebracht. "Du hast die Moral eines Straßenköters", sagte Biden.

Trump sagte, dass Biden möglicherweise bald ein verurteilter Verbrecher sein könne, "weil er viele Tote an der Grenze ausgelöst hat". Damit bezog er sich auf Bidens Migrationspolitik und wiederholte seine unbelegte Behauptung, dass Einwanderer unter Biden eine Welle von Verbrechen ausgelöst hätten. Studien zufolge begehen Einwanderer in den USA jedoch nicht häufiger Verbrechen als dort geborene Bürger.

Insgesamt sprach Trump Biden ab, in der Lage zu sein zu regieren. "Er ist, ohne Frage, der schlechteste Präsident - die schlechteste Präsidentschaft in der Geschichte unseres Landes", schimpfte Trump.

Biden: Trump ermutigte Menschen zu Kapitol-Sturm

Zur Sprache kam auch der Sturm auf das Kapitol nach der vergangenen Wahl. Biden kritisierte seinen Amtsvorgänger scharf: "Er hat diese Leute ermutigt." Trump habe drei Stunden lang im Weißen Haus gesessen und nicht eingegriffen, während seine Anhänger Fenster eingeschlagen, das Parlamentsgebäude besetzt und brutal gewütet hätten. Stattdessen habe Trump diese Leute als "Patrioten" bezeichnet und wolle ihnen ihre Strafen erlassen.

Trump erklärte, er habe seine Anhänger damals aufgerufen, "friedlich und patriotisch" zu handeln. Dann attackierte er die damalige demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Fälschlicherweise behauptete er, Pelosi habe damals sein Angebot ausgeschlagen, "10.000 Soldaten oder die Nationalgarde" am 6. Januar 2021 zum Kapitol zu schicken. Pelosi hatte keine Verfügungsgewalt über die Nationalgarde. Als das Kapitol attackiert wurde, forderten sie und der damalige Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, vielmehr Militärhilfe an, darunter von der Nationalgarde.

Ob Trump den Ausgang der kommenden Wahl akzeptieren werde, beantwortete der Ex-Präsident nicht eindeutig. Mehrfach hakten die Moderatoren nach, doch der Republikaner wandte sich heraus, antwortete erst beim dritten Anlauf auf die Frage - und auch da nur ausweichend: "Wenn es eine faire, legale und gute Wahl ist, dann auf jeden Fall."

Trump: Unter mir hätte es keine russische Invasion gegeben

Zur russischen Invasion in die Ukraine behauptete Trump, dass es diese unter seiner Präsidentschaft nicht gegeben hätte. Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich zum Einmarsch in die Ukraine entschlossen, als er gesehen habe, wie unfähig die USA ihren Abzug aus Afghanistan ausgeführt hätten, meinte Trump. Sollte er gewählt werden, werde er den Krieg in der Ukraine noch vor seiner formellen Amtseinführung beenden. Wie er das genau machen will, ließ er offen.

Außerdem kritisierte der Republikaner Bidens Wirtschaftspolitik: "Die Inflation bringt unser Land um. Sie bringt uns absolut um." Biden habe einen schlechten Job gemacht.

Der Demokrat erklärte, er habe bei seinem Amtsantritt im Januar 2021 eine Wirtschaft übernommen, die "im freien Fall" gewesen sei. Tatsächlich ist die Inflationsrate deutlich zurückgegangen und auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist gut. Wegen teils weiterhin hoher Preise sind viele Bürger aber noch immer frustriert.

US-Medien: Bidens Auftritt löst bei Demokraten Panik aus

Neben den inhaltlichen Themen war die Aufmerksamkeit der Beobachter auf das Auftreten der Kontrahenten gerichtet. Un da schnitt der 81-jährige amtierende Präsident teilweise katastrophal ab: Biden stotterte, verlor stellenweise den Faden, sprach mit schwacher Stimme. Seine schwache Performance überlagerte sogar die mit Fehlern und offensichtlichen Lügen gespickte Darbietung Trumps.

Eine Schnell-Umfrage des US-Senders CNN sah Trump eindeutig als Gewinner des Duells. Demnach votierten 67 Prozent der Befragten für den 78-Jährigen, nur 33 Prozent sahen Biden als Gewinner. Biden sagte nach dem Auftritt, er denke, dass er das "gut" gemacht habe. "Ich habe Halsweh", fügte er hinzu.

US-Kommentatoren gaben sich entsetzt über Bidens Debatten-Leistung. "Bidens Antworten waren in vielen Fällen ohne Zusammenhang", sagte Politikjournalistin Abby Phillip.  

US-Medien zufolge löste das mit Spannung erwartete TV-Duell in der Demokratischen Partei Panik aus. Die Washington Post schrieb, dass Bidens Wahlkampfteam intern eingeräumt habe, dass der US-Präsident auf der TV-Bühne zu kämpfen hatte und sein Auftritt seine Kandidatur beschädigt habe. "Eine Katastrophe", sagte ein demokratischer Abgeordneter dem CNN - wollte aber wie viele Kritiker aus der Partei anonym bleiben.

Transatlantik-Beauftragter hält Kandidatenwechsel für möglich

Der Transatlantik-Beauftragte der Bundesregierung hält noch einen Wechsel des demokratischen Kandidaten für möglich. "Ob die Demokraten wirklich mit Joe Biden in die Wahl im November gehen werden, müssen die Demokraten auf ihrem Parteitag Mitte August entscheiden", sagte der FDP-Politiker Michael Link dem Tagesspiegel. Die Demokraten müssen überlegen, wer die größten Chancen habe, gegen Ex-Präsident Donald Trump zu gewinnen.

"Die Wahlen in den USA werden in der Mitte gewonnen", betonte Link. "Die Demokraten brauchen eine Kandidatin oder einen Kandidaten, der in dieser Mitte gewinnen kann, ihr Hoffnung und Visionen gibt und der die Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft überwinden kann."

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