Ein Mann hält die kenianische Flagge in die Höhe und stellt sich damit Demonstranten gegenüber, die in Nairobi gegen ein geplantes Finanzgesetz protestieren.

Unzufriedenheit in Kenia Die Hoffnung, die in Zorn umgeschlagen ist

Stand: 13.09.2024 12:58 Uhr

In Deutschland und anderen europäischen Ländern wird Kenias Präsident Ruto als fortschrittlicher Politiker und verlässlicher Partner gefeiert. Doch in Kenia sehen ihn viele Menschen mittlerweile ganz anders.

Ein kleines, silbernes Auto mit Beulen und Schrammen fährt durch Kenias Hauptstadt Nairobi. Es ist das Uber-Taxi von John. Er ist 29, verheiratet und hat zwei kleine Kinder. John arbeitet sechs Tage die Woche. Pro Tag verdient er umgerechnet etwa 25 Euro.

"Das ist eine sehr schlechte Situation", klagt der junge Mann. "Jeden Tag wird das Leben teurer. Es wird immer härter zu überleben." Ein großes Problem für den Taxifahrer sind die hohen Benzinpreise.

Bevor William Ruto kenianischer Präsident wurde, habe er zugesagt, dass die Spritpreis sinken, sagt John. Doch stattdessen seien sie gestiegen. 

John, Uber-Taxifahrer in Nairobi, in seinem Auto

John ist Taxifahrer, arbeitet sechs Tage die Woche. Er beklagt, dass das Leben immer teurer wird.

"Alle Versprechen ins Gegenteil verkehrt"

Rose ist 43 und betreibt eine kleine Garküche in den Ngong-Hügeln außerhalb von Nairobi. Sie beschäftigt sechs Frauen, allesamt alleinerziehend. Hier kochen sie Mittagessen: Tomatensalat und gebratenes Gemüse, Speisen aus Maismehl, Erbsen und Kartoffeln. Damit kommen sie eher schlecht als recht über die Runden.

Von ihrem Präsidenten ist Rose tief enttäuscht, erzählt sie. "Wir hatten wirklich große Hoffnungen in Ruto gesetzt. Ich war eine glühende Unterstützerin." Es habe große Erwartungen gegeben, weil er so viele Versprechungen gemacht hat. "Aber all diese Versprechungen haben sich ins Gegenteil verkehrt."

Rose in ihrer Garküche in den Ngong-Hügeln

Rose war glühende Unterstützerin von William Ruto, inzwischen ist sie desillusioniert.

Vor seiner Wahl zum Präsidenten vor gut zwei Jahren hatte Ruto versprochen, dass er etwas für die vielen Armen im Land tun werde: Menschen mit geringem Einkommen, wie Kleinbauern, Straßenhändler und Gelegenheitsarbeiter. Ihnen allen sollte es besser gehen. Doch für die meisten ist das nicht eingetreten.

"Es ist eine sehr unbehagliche Wahrheit, dass viele Kenianerinnen und Kenianer nicht glücklich mit ihrem Präsidenten zu sein scheinen", sagt der politische Analyst Herman Manyora von der University of Nairobi.

Proteste gegen geplantes Finanzgesetz

Kenia ist die siebtgrößte Volkswirtschaft Afrikas. Das Land hat ein relativ hohes Wirtschaftswachstum von gut fünf Prozent pro Jahr. Doch es ächzt unter einer hohen Schuldenlast - Schulden, die es unter anderem beim Internationalen Währungsfonds und bei der Weltbank hat.

Um Geld in die Staatskasse zu bekommen, erhebt die Regierung unter Ruto viele verschiedene Steuern. Ein geplantes neues Finanzgesetz hatte junge Leute und Menschen mit kleinen Einkommen Mitte Juni auf die Straßen getrieben.

Mit dem Gesetz sollten unter anderem Grundnahrungsmittel stärker besteuert werden, die durch die hohe Inflation bereits deutlich teurer geworden sind. Der Protest richtete sich aber auch gegen Korruption und die Verschwendung von Steuergeldern.

"Hoffnung ist umgeschlagen - in Verzweiflung und Zorn", sagt Analyst Manyora. Seiner Ansicht nach könnten die Proteste gegen Präsident Ruto und die Regierung in Kenia jederzeit wieder aufflammen. Denn die Unzufriedenheit vieler Menschen im Land sei groß.

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