Ein Bus mit Unterstützern der angolanischen Oppositionspartei Unita.
Hintergrund

Wahlen in Angola Machtwechsel nach fast 50 Jahren?

Stand: 24.08.2022 03:59 Uhr

Erstmals seit Angolas Unabhängigkeit 1975 könnte die Opposition die Wahlen gewinnen. Die Regierungspartei MPLA und ihre Gegner von der Unita liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Angolas Jungwähler dürften den Ausschlag geben.

Zum ersten Mal seit dem Ende des Bürgerkriegs in Angola wird es eng für die "Movimento Popular de Libertação de Angola" (MPLA), die "Volksbewegung der Befreiung Angolas". Seit fast 50 Jahren regiert sie das Land, ihr größter Widersacher, die "União Nacional para a Independência Total de Angola" (Unita), auf Deutsch "Nationale Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas", hatte bei all den bisherigen Wahlgängen keine Chance.

MPLA und Unita - das hört sich so an, als dauerte der Unabhängigkeitskrieg gegen Portugal immer noch an - es sind seltsame Namen für zwei Parteien in einem Land, das seit 1975 unabhängig ist. Doch Angola ist auch ein Land, in dem bis ins Jahr 2002 Bürgerkrieg herrschte. Ein Land, das für viele Jahre als Symbol für Korruption und Vetternwirtschaft galt - und zum großen Teil immer noch gilt.

Die Partei mit den meisten Stimmen stellt in Angola automatisch den Staatspräsidenten, er wird nicht direkt gewählt. Seit 2017 ist das João Lourenço von der MPLA, ein 68-jähriger Ex-General, der von 2014 bis 2017 Verteidigungsminister des Landes war. Vor ihm hatte seit 1979 José Eduardo dos Santos Angola regiert, der als einer der größten Kleptokraten des afrikanischen Kontinents galt. Er ist im Juli gestorben. Gegen dos Santos hatten die Unita-Kandidaten seit 2008 - da wurde zum ersten Mal seit dem Ende des Bürgerkriegs wieder gewählt - nie eine Chance.

Jetzt aber ist die Unita mit anderen Oppositionsparteien ein Bündnis eingegangen, das allerdings von der Wahlkommission nicht als eine Liste anerkannt wurde. Der Unita-Kandidat heißt Adalberto Costa Junior, kurz "ACJ" genannt: 60 Jahre alt, charismatisch, ein guter Redner, der ankommt bei der Jugend Angolas. Das zählt viel in einem Land, in dem 60 Prozent der Bevölkerung unter 24 Jahre alt sind. In Umfragen liegt er knapp vor dem Amtsinhaber, die beiden Parteien liegen gleichauf.

Adalberto Costa Junior

Adalberto Costa Junior, bekannt als ACJ, kommt mit seiner Eloquenz bei Angolas Jugend gut an.

Reiches Land - arme Menschen

Angola ist eigentlich ein reiches Land, die drittgrößte Volkswirtschaft Subsahara-Afrikas. Laut Zahlen der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) ist Angola seit Mai wieder größter Ölproduzent in Subsahara-Afrika - ein Titel, um den das Land mit Nigeria konkurriert. Es gibt große Diamanten-Vorkommen, das Wirtschaftswachstum ist seit drei Jahren das höchste auf dem Kontinent. Zugleich sind Angolas Menschen bettelarm, etwa die Hälfte der Einwohner lebt unterhalb der Armutsgrenze, vor allem auf dem Land. Der Grund: Korruption und Vetternwirtschaft.

Der frühere Präsident dos Santos und seine Familie gelten als Paradebeispiel dafür. Allein von 2007 bis 2010 sind nach Recherchen der "Financial Times" mehr als 32 Milliarden US-Dollar aus dem Staatshaushalt verschwunden. Das Vermögen seiner Tochter Isabel wurde vor zwei Jahren teilweise eingefroren, auch wegen Korruptionsvorwürfen. Seit dem Amtsantritt von João Lourenço 2017 war die Familie dos Santos plötzlich nicht mehr unangreifbar.

Schleppende Korruptionsbekämpfung

Trotz dieses spektakulären Erfolges kommt der derzeitige Präsident aber mit der Korruptionsbekämpfung kaum voran. Lourenço verweist zwar auf die mehr als 700 Strafverfahren, die anhängig sind, aber großen Teilen der Zivilgesellschaft genügt das nicht. Laut Transparency International ist Angola immer noch unter den 50 korruptesten Ländern der Welt, obwohl die Organisation betont, dass Angola seit 2017 um 31 Plätze nach oben gerückt ist.

Auch beim Kampf gegen die Armut geht es schleppend vorwärts. Das von Lourenço versprochene "Wunder" ist nicht eingetreten, was auch an der Covid-Pandemie gelegen haben mag. 500.000 neue Jobs hatte er versprochen, die Wirtschaft wollte er breiter aufstellen - nicht mehr nur auf Erdöl und Diamanten setzen. Damit ist er bisher gescheitert. Die Inflation liegt bei 25 Prozent, die Arbeitslosigkeit bei 30 Prozent. Die Infrastruktur des Landes ist 20 Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs immer noch nicht wiederhergestellt. Enge wirtschaftliche Bande mit China haben Angola auch keine Erleichterung gebracht: Die zahlreichen von Peking finanzierten Straßen müssen alle zwei Jahre grundsaniert werden. Zahlreiche von Chinesen erbaute Wohngebäude drohen einzustürzen.

Nun sieht es so aus, als ob die jungen Angolaner die wahlentscheidende Rolle spielen werden. Ihre Werte und Überzeugungen würden sich dramatisch von denen der Machthaber unterscheiden, heißt es. An die 14 Millionen Angolaner sind zur Stimmabgabe aufgerufen.

Was aber, wenn der Opposition tatsächlich der Machtwechsel gelingt, das Ergebnis dann aber unterdrückt wird? Der Sicherheitsapparat des Landes gilt immer noch als so repressiv wie unter dos Santos. Bereits vor dem Wahltag hat Amnesty International Menschenrechtsverletzungen angeprangert: Immer wieder seien Aktivisten erschossen worden, als sie friedlich demonstriert hätten. Mit ersten Ergebnissen wird am Freitag gerechnet.

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