Eine Unterstützerdemonstration für die Ukraine am Golden Beach von Durban, Südafrika (Bild vom 6.03.2022).

Globale Auswirkungen Krieg in der Ukraine - Angst in Afrika

Stand: 13.03.2022 08:08 Uhr

In den Ländern Afrikas sind die weltweiten Folgen des Ukraine-Kriegs schon spürbar: Nahrung und Treibstoff werden immer teurer - und viele ahnen, was es heißt, wenn die völkerrechtliche Ordnung infrage steht.

"Wir beten für die Ukrainer, damit dieser Krieg bald endet - alles, was einen Anfang hat, hat auch ein Ende", ist Maheshe aus Goma überzeugt. Das ist mehr, als er bislang für sich selbst und seine Familie erwarten durfte. Massaker und Anschläge haben hier, im Osten der Demokratischen Republik Kongo, seit Jahren kein Ende gefunden. Maheshe steht vor einer Kaserne mit ukrainischen Luftwaffensoldaten. Hinter den gelb-blau gestrichenen Kasernentoren packen die nun ihre Sachen, um die Front zu Hause zu verstärken. Klar ist: Sie werden eine Lücke hinterlassen, als Bestandteil der UN-Friedenstruppe, die auf die 250 Ukrainer und ihre acht Helikopter angewiesen ist.

Mehr als 1000 Kilometer weiter nördlich, in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), demonstrierten zuvor ein paar dutzend Bewohner für die andere Seite. Die meisten ausgestattet mit russischen Plastikfähnchen und klaren Slogens: "Russland, die ZAR ist mit Dir", "Russland und die ZAR gegen die Nazis" oder "Das ist die Schuld der NATO". Die ZAR ist derzeit des größte Einsatzgebiet für russische Wagner-Söldner - und die Dankbarkeit anscheinend gut organisiert. Sie zeigt aber auch: Die Länder Afrikas sind im europäischen Konflikt uneins.

Angst vor "Tendenz, Grenzen infrage zu stellen"

Im UN-Sicherheitsrat hatten 27 von 54 afrikanischen Ländern eine Resolution gegen Russland unterstützt, vor allem solche mit pro-westlichem Ansatz und Mehrparteienstaaten. Afrika ist gespalten, es gibt in der Politik auf der einen Seite Angst vor russischen Repressionen, aber zum Beispiel auch "Angst, den Franzosen wie Schafe zu folgen". Solche Aussagen sammelte das Investigativ-Portal "Africa Confidential" nach der Abstimmung in New York bei Delegierten ein, natürlich anonym. Eine Meinung, die durchweg anscheinend für viele steht: "Ihr redet nur über die UN-Charta, weil einer von Euch in Schwierigkeiten ist. Afrikaner haben keine Stimme. Das ist echt frustrierend."

Timothy Njagi, Wissenschaftler an der Egerton University in Nairobi, sieht, dass für viele Menschen in Afrika der Krieg in Europa weit weg ist. "Anders ist das vor allem bei jungen Leuten, die in der Ukraine oder in Russland studiert haben", glaubt er. Zuletzt sollen etwa 80.000 Afrikaner, vor allem Studenten, in der Ukraine gelebt haben.

Was aber in der Politik über den ganzen Kontinent zu spüren sei, sagt Njagi, sei die Furcht auf dem afrikanischen Kontinent vor einem Aufweichen der völkerrechtlichen Ordnung, die den Bestand von Grenzen sichert und die Souveränität der Staaten. "Wir haben unsere Grenzen nicht selbst gezogen, das waren die Kolonialmächte", stellt er fest. "Die Tendenzen, diese Grenzen infrage zu stellen, könnte zunehmen, wenn Russland kein Einhalt geboten wird."

Nahrungsmittel aus der Region fehlen

Die Bilder aus dem Krieg in der Ukraine werden auch in Afrika empfangen. Die Sorgen vieler Menschen auf dem Kontinent, der in den vergangenen Jahrzehnten so viele Kriege erlebt hat, sind aber erstmal andere: Wie ernähre ich meine Familie? Schon 2021 waren die Nahrungsmittelpreise in vielen afrikanischen Ländern explodiert, als Folge der Covid-Pandemie und extremer Trockenheit. Im Vorjahr war der Kontinent aus der heutigen Krisenregion mit Weizen, Mais, Speiseöl und anderen Grundnahrungsmitteln im Wert von 2,6 Milliarden Euro aus der Ukraine bzw 3,6 Milliarden Euro aus Russland versorgt worden. Das dürfte vorbei sein. "Das ist eine große Lücke, die nicht leicht zu schließen ist", sagt Njagi. Die UN rechnet bereits mit einer schweren weltweiten Nahrungsmittelkrise, von der gerade auch Afrika betroffen wäre.

Die Furcht auf dem Kontinent ist groß, dass der Krieg in der Ukraine - nach verschiedenen Umstürzen in afrikanischen Ländern und den drohenden Versorgungskrisen - weitere Unsicherheit schafft. Der Nigerianer Wole Soyinka, Nobelpreisträger für Literatur des Jahres 1986, warnt bereits: "Putin ist ein zynischer und skrupelloser Herrscher, und es gibt überall auf der Welt Leute, die mit Putin vergleichbar sind. Afrika ist voll von solchen Karikaturen von Machthabern, die es der Welt zeigen wollen."

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