Assistenzärzte während eines Streiks vor dem University College Hospital in London, Großbritannien.

Tarifkonflikt in England Assistenzärzte treten in viertägigen Streik

Stand: 11.04.2023 15:39 Uhr

Die Assistenzärzte in England sind in einen viertägigen Streik getreten. Ihre Gewerkschaft will eine Lohnerhöhung um 35 Prozent. Der zuständige Minister sprach von einer "unvernünftigen" Forderung.

Es soll der längste Streik in der Geschichte des britischen Gesundheitssystems werden: Assistenzärztinnen und -ärzte des öffentlichen Gesundheitssystems in England wollen vier Tage ihre Arbeit niederlegen. Nach Angaben aus dem Gesundheitsdienst könnten während des Streiks bis zu 350.000 Termine und geplante Operationen abgesagt werden.

Die Assistenzärzte verlangen 35 Prozent mehr Gehalt. Zudem beklagen sie pandemiebedingten Nachholbedarf und Personalmangel. Dadurch sei ihr Arbeitspensum massiv gestiegen. Die Assistenzärztin Katrina Forsyth sagte vor dem St.-Thomas-Krankenhaus in London: "Wir hatten massive (Lohn-)kürzungen, und wir füllen mehr Lücken, weil Leute gehen." Die Situation für Patienten werde "weniger sicher", warnte sie.

Nur rund 14 Pfund die Stunde?

Die Ärztegewerkschaft British Medical Association (BMA) argumentiert, dass neu qualifizierte Mediziner nur 14,09 Pfund pro Stunde verdienten. Der britische Mindestlohn liegt bei knapp zehn Pfund pro Stunde. Nachwuchsärzte haben demnach laut BMA seit 2008 real 26 Prozent ihres Gehalts verloren. Die Regierung wies die Forderungen als unbezahlbar zurück.

Gesundheitsminister Steve Barley hatte eigenen Angaben zufolge für März auf den offiziellen Beginn der Tarifverhandlungen gehofft, nannte die Lohnforderung jedoch "unvernünftig". Sie hätten für einige Ärzte eine Gehaltserhöhung um 20.000 Pfund (knapp 23.000 Euro) pro Jahr zur Folge. Die Gewerkschaft müsse "erheblich" von ihrer Position abrücken und die Streiks absagen, damit "wir die vertraulichen Gespräche wieder aufnehmen können", erklärte Barley weiter. 

Der National Health Service (NHS) ist in Großbritannien staatlich organisiert und wird im Gegensatz etwa zum deutschen Gesundheitssystem aus Steuermitteln finanziert.

Streiks in mehreren Branchen

Im März hatten Tausende Ärztinnen und Ärzte in Großbritannien drei Tage lang gestreikt. In Großbritannien wird seit Monaten in zahlreichen Branchen gestreikt, meist geht es den Beschäftigten angesichts der hohen Inflation und gestiegener Energiepreise um kräftige Lohnerhöhungen. Betroffen sind neben dem Gesundheitssektor unter anderem auch die Bahn, die Post und die Grenzpolizei.

In der vergangenen Woche hatte Barclay sich mit Gewerkschaften aus dem Gesundheitssektor auf eine Gehaltserhöhung von fünf Prozent geeinigt. Derzeit läuft diesbezüglich eine Urabstimmung der Mitglieder. Die Einigung gilt jedoch nicht für Nachwuchsärzte, die etwa die Hälfte aller Mediziner im Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) ausmachen. Der jüngste Streik findet nur in England statt und betrifft nicht die übrigen Teile des Vereinigten Königreichs.

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