Maßnahme gegen Öl-Katastrophen EU will Plattformen stärker kontrollieren

Stand: 21.05.2013 16:02 Uhr

Das Risiko, dass es auf Bohrinseln im Meer zu Katastrophen kommt, ist groß. Das stellte die EU-Kommission bei einer Umfrage unter Plattformbetreibern fest. Das EU-Parlament hat nun beschlossen, die Betreiber stärker zu kontrollieren.

Von Werner Eckert, SWR-Umweltredaktion

Mehr als 1000 Anlagen zur Öl- und Gasförderung stehen bzw. schwimmen in europäischen Gewässern. Die meisten davon in der Nordsee und im Nordatlantik. Das Risiko eines schweren Unfalls ist zu hoch, hat die EU-Kommission festgestellt. Bei 14 solcher Unfälle in den vergangenen 30 Jahren weltweit sei es nur eine Frage der Zeit, bis auch wieder eine europäische Anlage schwere Schäden verursacht. Das kann sehr viel Geld kosten. Bei der Explosion der Ölplattform "Deepwater Horizon" im Jahre 2010 im Golf von Mexiko betrugen die finanziellen Schäden 30 Milliarden Euro.

In den europäischen Gewässern wird immer tiefer gebohrt: Vor Norwegen bis 1300 Meter, 1600 Meter vor den Shetlandinseln und 2000 Meter vor der nordafrikanischen Küste im Mittelmeer. Auch in der Nordsee gibt es viele Ölquellen, die durch hohen Druck und hohe Temperaturen grundsätzlich gefährlich sind. Das haben die Betreiber bei einer Umfrage der EU-Kommission angegeben.

Jährlich Schäden von bis zu einer Milliarde Euro durch Öl

Diese Betreiber sind bislang für die Sicherheit ihrer Anlagen selbst verantwortlich. Bestenfalls deren Versicherungen mischen sich ein, um die Risiken abzuschätzen. Einen staatlichen Plattform-TÜV aber gibt es nicht. Wenn nationale Behörden überhaupt prüfen, dann nur die Unterlagen. Die Anlagen sind in der Regel für maximal 25 Jahre Laufzeit ausgelegt. In der Nordsee läuft aber die Hälfte von ihnen schon länger. Die Kommission schätzt, dass jedes Jahr Schäden von 200 Millionen bis knapp eine Milliarde Euro durch Öl entstehen.

Die EU will mit ihrer neuen Regelung an zwei entscheidenden Punkten ansetzen: Bisher ist es so, dass Plattformbetreiber nur dann für Wasserschäden zahlen, wenn sich der Unfall innerhalb von zwölf Meilen vor der Küste ereignet. Nun sollen sie für alle Schäden an Gewässern haften - egal, wie weit die Förderanlage und der Unfall vom Land entfernt sind.

Die Grünen bemängeln allerdings, das sei eine stumpfe Vorschrift, denn im Zweifel sei nicht viel Geld zu holen. Es fehle ein gemeinsamer Sicherungsfonds, in den die Firmen einzahlen müssten und der die Schäden auch dann deckt, wenn die Verursacherfirma längst pleite ist.

Konkrete Umsetzung wird in die Hände nationaler Behörden gelegt

Außerdem sollen Bohr-Lizenzen in Zukunft erst dann vergeben werden, wenn die Firma nachweist, dass sie genug Erfahrung und Geld mitbringt, um die Sicherheit auf der Plattform zu gewährleisten und im schlimmsten Fall auch die Folgen einer Ölpest einzudämmen.

Grundsätzlich sollen alle Anlagen zugelassen und dann ständig überprüft werden. Entsprechen sie nicht dem Stand der Technik, müssen sie nachgerüstet werden. In den ursprünglichen Papieren der EU-Kommission sollte ursprünglich allerdings sehr viel mehr sehr viel klarer geregelt werden. Stattdessen wird jetzt die konkrete Umsetzung der Vorschriften wieder in die Hände der nationalen Behörden gelegt, die auch die Einhaltung der Vorschriften überwachen. Ursprünglich war eine unabhängige, gemeinschaftliche Institution geplant. Die Europäische Agentur für maritime Sicherheit hat keine zentralen Funktionen und kann erst nach einem eventuellen Unfall die Zügel in die Hand nehmen.

Interesse der Wirtschaft zu groß für ein Verbot

Ursprünglich hatte die EU-Kommission auch ein Moratorium für Tiefseebohrungen verhängen wollen, was einem Verbot auf mittlere Sicht gleichkommt. Sie hält die Risiken in größeren Tiefen für derzeit grundsätzlich nicht beherrschbar. Doch das Interesse der Wirtschaft und der Staaten am "eigenen Öl" war offensichtlich zu groß für ein solches Verbot. Ganz wie in den USA nach der Katastrophe auf der "Deepwater Horizon", wo der Bann nur wenige Monate hielt.

In der EU wird er gar nicht erst zustande kommen. Im Gegenteil: Großbritannien etwa ködert die Branche mit erheblichen Steuererleichterungen. Dort nämlich ist die Ölförderung in nur zehn Jahren auf die Hälfte zurückgegangen. In Norwegen ist es nicht viel besser. Aber steigende Ölpreise machen die Förderung jetzt wieder interessanter. Ein bis zwei Billionen Euro könnten die Vorräte alleine in der Nordsee noch wert sein.

Das reicht allerdings auch nach derzeitigen Verbrauchswerten gerade mal hin, um die Welt 267 Tage lang mit Öl zu versorgen.