Eien Frau geht in Tel Aviv an einer Wand mit Fotos von in den Gazastreifen entführten Menschen vorbei

Krieg im Nahen Osten Laut Israel noch mehr als 130 Geiseln im Gazastreifen

Stand: 01.12.2023 21:17 Uhr

Nach dem Ende der Feuerpause befinden sich laut Israel noch mehr als 130 Geiseln in der Gewalt der Terrormiliz Hamas. Angehörige von Freigelassenen berichten unterdessen von deren Zeit in Gefangenschaft.

Im Gazastreifen werden nach Angaben eines israelischen Regierungssprechers noch 137 Geiseln festgehalten. Darunter seien 115 Männer, 20 Frauen und zwei Kinder, sagte Eylon Levy. Es handle sich um 126 Israelis und elf Ausländer.

Dabei zählt die israelische Regierung zu den Geiseln auch eine Frau und ihre beiden kleinen Söhne, die die militant-islamistische Hamas vor wenigen Tagen als getötet angegeben hatte. Die Terrormiliz hatte behauptet, das zehn Monate alte Baby Kfir Bibas sei gemeinsam mit seiner Mutter Shiri und seinem vierjährigen Bruder Ariel bei einem israelischen Luftangriff ums Leben gekommen. Das israelische Armee erklärte daraufhin, die Angaben zu prüfen. Laut einem Militärsprecher ist ihr Tod jedoch nicht bestätigt.

Bei den Ausländern handelt es sich Levy zufolge um acht Thailänder und jeweils einen Staatsbürger aus Nepal und Tansania, eine Geisel habe zudem die französische sowie die mexikanische Staatsbürgerschaft. Nach Angaben der Familien haben acht israelische Geiseln auch den deutschen Pass.

Tod von fünf weiteren Geiseln bestätigt

Am späteren Abend bestätigte die israelische Militär den Tod von fünf weiteren Geiseln. Die Leiche von Ofir Tzarfati sei identifiziert worden, teilte die Armee mit. Außerdem seien die Familien von Eliyahu Margalit, Maya Goren, Ronen Engel und Arye Zalmanovich über den Tod ihrer Angehörigen informiert worden, erklärte Armeesprecher Daniel Hagari. Grundlage dafür seien Informationen der Geheimdienste.

Sieben Menschen seit 7. Oktober vermisst

Nach Angaben des israelischen Regierungssprechers Levy gelten zudem sieben Menschen seit dem Massaker am 7. Oktober weiter als vermisst. Terroristen der Hamas sowie anderer Gruppierungen hatten an dem Tag Israel überfallen und im Grenzgebiet ein Blutbad angerichtet. Rund 1.200 Menschen wurden ermordet, der Großteil davon Zivilisten. Die Identifikation aller Leichen dauert auch acht Wochen später weiter an.

Rund 240 Menschen wurden damals in den Gazastreifen verschleppt. In den vergangenen Tagen kamen während einer Feuerpause 105 Menschen frei. Im Gegenzug entließ Israel 240 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen. Seit dem Morgen ist die Feuerpause beendet, die Kämpfe im Gazastreifen wurden wieder aufgenommen.

Hamas nach eigener Darstellung zu weiteren Freilassungen bereit

Nach Darstellung der Hamas ist die Terrormiliz weiterhin zu Gesprächen über die Freilassung ziviler Geiseln bereit. Voraussetzung sei eine neuerliche Feuerpause, sagte der ranghohe Funktionär Chalil al-Hajeh dem Fernsehsender Al-Dschasira. Verhandlungen über die Freilassung von Militärangehörigen aus der Gewalt der Hamas seien aber nur im Rahmen eines umfassenden Waffenstillstands möglich. Eine Kampfpause reiche dafür nicht.

"Dies ist eine komplizierte Angelegenheit, die an verschiedene Bedingungen geknüpft ist", sagte er über die Freilassung von Soldaten. "Aber wenn es um Zivilisten geht, sind wir offen für jede neue Waffenruhe, um den Fall der zivilen Geiseln zu schließen." Genaue Angaben über die Zahl der Geiseln, die noch von der Hamas festgehalten werden, habe er nicht.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Angehörige schildern schlimme Erlebnisse der Geiseln

Unterdessen berichteten Angehörige bereits freigelassener Geiseln israelischen Medienberichten zufolge von deren schlimmen Erlebnissen aus der Zeit der Gefangenschaft. Zwei zwölf und 16 Jahre alte Jungen, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, sollen von Terroristen unter Drogen gesetzt worden sein, meldete die israelische Zeitung "Haaretz" unter Berufung auf den Onkel der Kinder. Die Entführer hätten auch jeweils ein Bein der Jungen in ein Auspuffrohr eines Motorrads gesteckt, um so eine Markierung zu hinterlassen, damit sie im Fall einer Flucht identifiziert werden können. Beide seien in der Geiselhaft sehr schlecht behandelt worden.

Eine freigelassene französisch-israelische Frau wurde nach Schilderung ihrer Tante trotz Verletzung nicht angemessen medizinisch behandelt, hieß es in dem Bericht weiter. Ein Tierarzt soll demnach die durch Schüsse verwundete Hand der jungen Frau operiert haben. Ihre Hand schmerze immer noch. Sie erzählt den Angaben nach kaum etwas aus der Zeit der Geiselhaft. Auf Fragen ihrer Verwandten zu antworten, falle ihr sehr schwer.

Der Vater eines neun Jahre alten israelisch-irischen Mädchens berichtete laut "Haaretz" zudem davon, dass seine Tochter und ihre 13 Jahre alte Freundin in einem Haus im Norden des Gazastreifens festgehalten wurden. Als Israels Armee sich genähert habe, seien die Kinder unter Beschuss in andere Häuser getrieben worden. Die Neunjährige hat nach Angaben ihrer Schwester auch die Tötung eines Mannes gesehen. Unklar ist, wer der Mann war und von wem er getötet wurde. Die Entführer hätten Essen mit den Mädchen geteilt.

Alle Angaben können derzeit nicht unabhängig überprüft werden.

Angehörige: Geiselhaft vor allem mental hart

Der Deutsch-Israelin Yarden Romann geht es nach Worten ihrer Angehörigen nach ihrer Freilassung aus der Geiselhaft der Hamas den Umständen entsprechend gut. "Ihre Erfahrung war offensichtlich sehr hart, vor allem mental", sagte ihre Cousine Maya Romann der Nachrichtenagentur dpa. Yarden Romann war am Mittwoch freigelassen worden. "Es geht ihr recht gut, wenn man bedenkt, was sie alles durchgemacht hat", sagte ihr Cousine weiter. Die Zeit der Geiselhaft sei sehr gefährlich gewesen. Einzelheiten über die Erlebnisse ihrer Cousine während der Zeit könne Maya Romann aber nicht mitteilen. Es gebe eine entsprechende Anweisung der Armee.

Die 36-Jährige war nach Angaben ihrer Familie zu Besuch bei ihren Schwiegereltern im Kibbutz Beeri im Grenzgebiet gewesen, als sie, ihr Mann und ihre kleine Tochter dort von Terroristen in einen Wagen gezerrt wurden. Den dreien gelang es zunächst, auf dem Weg in den Gazastreifen zu fliehen, sie wurden jedoch auf der Flucht getrennt. Ihr Mann und ihre Tochter versteckten sich im Gebüsch und entkamen. Romann wusste nach Angaben ihrer Cousine in den ersten drei Wochen ihrer Geiselhaft nicht, ob ihre kleine Tochter und ihr Mann überlebt haben.

Gegenseitige Vorwürfe zu Ende der Waffenruhe

Unterdessen gibt es von Israel und der Hamas gegensätzliche Angaben dazu, wer verantwortlich für das Auslaufen der Feuerpause ist. Regierungssprecher Eylon Levy schrieb die Schuld der Hamas zu, weil diese "nicht alle entführten Frauen freigelassen" habe. Er sagte, die Terrormiliz habe vor Ablauf der Feuerpause am Freitagmorgen keine neue Liste von Geiseln übergeben, die freigelassen werden sollen. Zudem habe sie vor Ende der Waffenruhe eine Rakete auf israelisches Gebiet abgefeuert. 

Die Terrormiliz wiederum gab die Schuld Israel. Das Land habe "mehrere Angebote, Initiativen und Vorschläge" für eine Verlängerung der Feuerpause abgelehnt, sagte al-Hajeh. "Wir standen bis heute Morgen mit den Vermittlern in Kontakt, aber die Gespräche über eine Feuerpause endeten, als die Bombenangriffe anfingen." Al-Hajeh warf Israel vor, den Vermittlern böswillig eine Liste mit Namen übergeben zu haben, die sich "allesamt als weibliche Soldaten" herausstellten.

Die USA stützten hingegen die israelischen Angaben, nach denen die Hamas keine Liste übergeben habe.

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