Filmszene aus "20 Tage in Mariupol"

Oscar für Mariupol-Dokumentation "Ein wichtiger Sieg für das gesamte Land"

Stand: 11.03.2024 15:22 Uhr

"20 Tage in Mariupol" zeigt den Überlebenskampf der Menschen in der ostukrainischen Hafenstadt. Nun hat der Dokumentarfilm einen Oscar gewonnen. Was bedeutet den Menschen in der Ukraine diese Auszeichnung?

Von Rebecca Barth, ARD Kiew

Alewtina Schwetsowa hat in Mariupol ihr gesamtes Leben zurücklassen müssen. Der Angriff auf die ostukrainische Hafenstadt, die vielen zivilen Toten, die Tatsache, die eigene Oma nicht angemessen beerdigt haben zu können, traumatisieren die ukrainische Journalistin bis heute.

Auch deswegen ist Schwetsowa wach geblieben, um die Verleihung der Oscars im Fernsehen zu schauen: "Weil es ein Film über dein Leben ist, das zum Film geworden ist", sagt sie. "Ich habe den Atem angehalten, weil ich bezweifelt habe, dass der Film gewinnt. Ich stand immer noch unter dem Eindruck der jüngsten Nachrichten über die Aussagen von Papst Franziskus, die Ukraine solle die weiße Flagge hissen." Das hätte ich überhaupt nicht verstanden, so Schwetsowa.

Derl McCrudden, Vasilisa Stepanenko, Michelle Mizner, Mstyslav Chernov, Raney Aronson-Rath und Evgeniy Maloletka (v.l.)

Das Filmteam von "20 Tage in Mariupol" nach der Oscar-Verleihung: Derl McCrudden, Vasilisa Stepanenko, Michelle Mizner, Mstyslav Chernov, Raney Aronson-Rath und Evgeniy Maloletka (v. l.)

Tragischste Zeit der Verteidigung von Mariupol

Wie viele Menschen in Mariupol getötet wurden, ist bis heute nicht bekannt. Und die russischen Besatzungsbehörden lassen unabhängige Ermittlungen nicht zu. Sie versuchten gar, ihre Spuren zu verwischen, kritisiert der Menschenrechtler Oleksandr Pawlitschenko: "Manche Menschen sind verhungert, es gab kein Wasser, die Menschen litten unter Kälte, Dehydrierung, dem Mangel an Medikamenten und Nahrung."

Genau das alles zeige der Film, so Pawlitschenko. "Dieser Film wirft einen Blick auf die tragischste Zeit der Verteidigung von Mariupol. Aber es geht gar nicht um Widerstand, sondern um den Überlebenskampf der Zivilbevölkerung."

Wie die Menschen in Mariupol werden auch die Filmemacher von den russischen Truppen eingeschlossen und fürchten um ihr Leben. Ukrainische Spezialkräfte helfen dem Team anschließend bei der Flucht.

Die Wahrheit wird jetzt der Welt gezeigt

Im Mai 2022 nehmen russische Truppen Mariupol vollständig ein. Seitdem ist aus dem Ort keine unabhängige Berichterstattung mehr möglich. Ein Schicksal, das seither etliche weitere ukrainische Städte und Dörfer ereilt hat.

"Und deshalb bedeutet es mir, den Menschen von Mariupol und den Ukrainern sehr viel, dass der Oscar an den Film "20 Tage in Mariupol" gegangen ist", sagt Schwetsowa. "Die Wahrheit wird jetzt in noch mehr Städten und Ländern der Welt gezeigt".

Ähnlich wie die Journalistin Schwetsowa reagiert auch Präsidentengattin Olena Zelenska auf den ersten Oscar für einen ukrainischen Film. Die Auszeichnung sei ein wichtiger Sieg für das gesamte Land, schrieb Zelenska auf Telegram und dankte den Machern dafür, der Welt die Wahrheit gezeigt zu haben.

"20 Tage in Mariupol" - eine Produktion von PBS Frontline und Associated Press in Zusammenarbeit mit dem SWR wurde als „Bester Dokumentarfilm“ mit einem Oscar ausgezeichnet. Der Film ist in der ARD Mediathek zu finden.

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