Emmanuel Macron

EU-Grundsatzrede Macron will Europa neu gründen

Stand: 26.09.2017 16:24 Uhr

Die EU steht vor vielen Herausforderungen, denen sie offenbar im jetzigen Zustand nicht gewachsen ist - soviel ist Frankreichs Präsident Macron klar. Der einzige Weg ist für ihn daher eine Neugründung Europas. Erste Reformideen lieferte er bereits.

Die EU - sie ist aus Sicht des französischen Präsidenten Emmanuel Macron derzeit "zu langsam, zu schwach und zu ineffizient". In einer Grundsatzrede in der Pariser Universität Sorbonne mahnte er daher eine umfassende Reform der Europäischen Union an. Nur ein starkes Europa könne sich den Herausforderungen einer globalisierten Welt stellen. Der einzige Weg in die Zukunft ist daher seiner Ansicht nach eine "Neugründung eines souveränen, geeinten und demokratischen Europas".

Emmanuel Macron

In Räumen der Pariser Universität Sorbonne stellte Macron seine Vision von Europa vor

Asylagentur und EU-Verteidigungsetat

Konkret schlug Macron vor, eine "europäische Staatsanwaltschaft" zu schaffen, um den Kampf gegen den Terrorismus zu verstärken. Zudem will der französische Präsident ein europäisches Programm, mit dem die Integration und Ausbildung von Flüchtlingen finanziert werden soll. Um die Herausforderungen der Migration besser meistern zu können, schlug er außerdem die Gründung einer europäischen Asylagentur sowie EU-weite Identitätsnachweise vor.

In seiner Rede forderte er darüber hinaus einen gemeinsamen europäischen Verteidigungsetat und eine gemeinsame Interventionstruppe. Diese soll zu Beginn des kommenden Jahrzehnts geschaffen werden. Europa müsse im Verteidigungsbereich eine gemeinsame strategische Kultur entwickeln, sagte Macron. Er schlage vor, in den nationalen Armeen der Mitgliedstaaten freiwillig Soldaten aus allen anderen europäischen Ländern aufzunehmen. Frankreich werde diese Initiative in seinen Streitkräften eröffnen.

Auch will Macron in Europa die schon seit Jahren debattierte Finanztransaktionssteuer durchsetzen, um damit die Entwicklungshilfe zu finanzieren. Frankreich und Großbritannien hätten bereits eine solche Steuer, dieses Modell solle man als Vorbild nehmen, so Macron.

Streitpunkt Eurozonen-Haushalt

Ungeachtet der Einwände aus Deutschland forderte der französische Präsident zudem ein eigenes Budget für die Eurozone sowie einen Eurozonen-Minister. Man müsse auch darüber nachdenken, diesen Haushalt mit einer Steuer zu finanzieren. Er brachte dazu die Unternehmensteuer ins Spiel, die dazu in Europa aber angeglichen sein müsse.

Bisher weichen die Unternehmensteuersätze in den EU-Staaten deutlich voneinander ab. Bis zum nächsten EU-Budget in 2020 sollten verpflichtende Unter- und Obergrenzen für die Körperschaftsteuersätze vorgelegt werden. Länder, die sich daran nicht halten, sollten keine EU-Strukturmittel erhalten, so der Franzose: "Man kann nicht von der europäischen Solidarität profitieren und gegen die anderen spielen."

In Deutschland fürchtet die FDP, dass ein gemeinsames Budget den Weg für eine "Transferunion" ebnet, in der Deutschland Milliarden an andere Länder zahlen muss. FDP-Chef Christian Lindner bezeichnete dies zuletzt als rote Linie für einen möglichen Eintritt in eine Jamaika-Koalition. Auch in Teilen der Union sind die französischen Vorschläge umstritten.

Macron betonte nun, es gehe ihm nicht um eine "Vergemeinschaftung von Schulden aus der Vergangenheit". "Wir brauchen ein stärkeres Budget", sagte er. Nur mit einer starken Eurozone könne die EU zu einer echten "Wirtschaftsmacht" werden, die den USA und China Paroli bieten könne.

Vertiefte Partnerschaft mit Deutschland

Trotz dieser und anderer Uneinigkeiten bot Macron Deutschland eine neue, vertiefte Partnerschaft an. Er schlug vor, diese Partnerschaft zum 55. Jahrestag des Élyséevertrags am 22. Januar 2018 zu besiegeln. "Wir werden sicher nicht über alles einig sein, oder zumindest nicht sofort, aber wir werden über alles diskutieren", sagte Macron und betonte, er sei dagegen, sich der "Resignation" hinzugeben.

Der französische Präsident sprach sich zudem für einen einheitlichen deutsch-französischen Markt aus. Bis 2024 könne dieser geschaffen und die Gesetze entsprechend harmonisiert werden. Länder mit der gleichen Vision sollten in den kommenden Wochen eine Gruppe zur Neugründung Europas schaffen, sagte er. Er gehe davon, dass die Reaktion von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf seine Vorschläge ermutigend sein werden.

Plan für den Klimaschutz

Eine Reform schwebt Macron auch beim europäischen Handel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten vor. Ein Preis von unter 25 bis 30 Euro pro Tonne CO2 sei nicht ausreichend, sagte er. Derzeit liegt der Preis an der Börse bei etwa sieben Euro. Macron forderte hier einen Mindestpreis für die Rechte zum Ausstoß des Klimagases sowie eine europäische Steuer auf die Produktion von Kohlenstoff. Im Kampf gegen den Klimawandel verlangte er zudem eine europäisches Förderprogramm für saubere Technologie bei Autos wie der Elektromobilität.

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