Ein junger Mann kühlt sich im Juni 2024 im Wasser eines öffentlichen Brunnens vor Sonnenuntergang ab, als die Temperaturen 38 Grad Celsius überschritten hatten.

Internationaler Bericht Klimawandel belastet Gesundheit "rekordverdächtig"

Stand: 30.10.2024 15:10 Uhr

Schlechterer Schlaf, weniger Lebensmittel und mehr Infektionen: Der Klimawandel hat für uns Menschen enorme Folgen - vor allem für unsere Gesundheit. Die ist laut einem internationalen Forschungsteam etwa durch Hitze immer mehr gefährdet.

Der Klimawandel bedroht die menschliche Gesundheit zunehmend. Das zeigt ein neuer Bericht des "Lancet Countdown". Demnach seien "Menschen auf der ganzen Welt durch das sich rasch verändernde Klima mit rekordverdächtigen Bedrohungen für ihr Wohlbefinden, ihre Gesundheit und ihr Überleben konfrontiert".

Das internationale Team aus 122 Forschenden sprach von den "bislang besorgniserregendsten Ergebnisse in den acht Jahren der Zusammenarbeit". Demnach erreichten zehn von fünfzehn Indikatoren, anhand derer Gesundheitsgefahren erfasst werden, besorgniserregende Höchststände.

Mehr Hitzetote

So ist dem Bericht zufolge etwa die hitzebedingte Sterblichkeit von Menschen über 65 Jahren - im Vergleich zu den 1990er-Jahren - um "rekordverdächtige" 167 Prozent gestiegen. Ohne einen Temperaturanstieg seien 65 zu erwarten gewesen. Im vergangenen Jahr seien Menschen weltweit durchschnittlich 50 Tage mehr im Jahr extremen Temperaturen ausgesetzt gewesen.

Die Hitze beeinträchtige zudem unsere Schlafqualität und -dauer. Außerdem seien Menschen im Freien rund 28 Prozent Stunden mehr einem Risiko für Hitzestress ausgesetzt gewesen als in den 1990er-Jahren.

Joacim Rocklöv, Mitautor des Berichts und Epidemiologe an der Universität Heidelberg, sprach von einer "eindringlichen Warnung". Die verzögerte Anpassung und die anhaltenden Investitionen in fossile Brennstoffe "wirken sich bereits negativ auf die Gesundheit der Bevölkerung aus - und es wird noch schlimmer werden".

Weniger Ernährungssicherheit

Die heißen Temperaturen haben auch für Umwelt und Natur gravierende Folgen - was wiederum für die Menschen zu Problemen führt. Etwa bei Trockenheit: 2023 waren knapp die Hälfte (48 Prozent) der globalen Landflächen mindestens einen Monat von extremer Dürre betroffen. Durch die Häufung von Hitzewellen und Dürren litten laut Bericht 151 Millionen Menschen mehr unter mittlerer bis schwerer Ernährungsunsicherheit, verglichen mit den Jahren 1981 bis 2010. Das sei der höchste bisher verzeichnete Wert.

Infektionskrankheiten und Feinstaub

Bei den steigenden Temperaturen und veränderten Niederschlagsmustern können sich auch Krankheiten leichter verbreiten - darunter tödliche Infektionskrankheiten wie Malaria oder das Dengue-Fieber. Diese könnten sich auch in Regionen ausbreiten, die vorher nicht betroffen waren.

Zudem häufe sich durch die heißen und trockenen Temperaturen das Auftreten von Sand- und Staubstürmen. Dadurch sei zwischen 2018 und 2022 fast ein Drittel der Weltbevölkerung einer höheren gesundheitsschädlichen Feinstaubbelastung ausgesetzt gewesen.

Mehr wirtschaftliche Verluste

All das hat auch Auswirkungen auf die Wirtschaft: Die durchschnittlichen jährlichen wirtschaftlichen Verluste durch wetterbedingte Extremereignisse stiegen dem Bericht zufolge von 2014 bis 2023 um fast ein Viertel (23 Prozent) auf 227 Milliarden US-Dollar. In Ländern mit einem sehr hohen Index der menschlichen Entwicklung (HDI) - auch Wohlstandsindikator bezeichnet - konnte zwar ein Großteil der Verluste durch Versicherungen abgedeckt werden. Die überwiegende Mehrheit der Verluste in Ländern mit niedrigem HDI war demnach aber unversichert.

Die Hitzebelastung beeinträchtigt laut den Forschenden auch die Arbeitsproduktivität: So gingen im vergangenen Jahr 512 Milliarden Arbeitsstunden verloren. Auch davon waren vor allem Länder mit einem niederigen und mittleren HDI am stärksten betroffen. Dadurch werde die globale Ungleichheit weiter verstärkt, so der Bericht.

Hitzestress in Deutschland

Der Bericht enthält auch Daten zur Situation in Deutschland. Die jährliche Anzahl der Stunden, in denen die Umgebungstemperatur ein mittleres oder höheres Risiko für Hitzestress bei leichter körperlicher Betätigung im Freien darstellte, lag demnach im Zeitraum von 2014 bis 2023 fast doppelt so hoch wie im Zeitraum von 1990 bis 1999. Im vergangenen Jahrzehnt war die Bevölkerung durchschnittlich acht Hitzetagen pro Jahr ausgesetzt, wobei der Osten Deutschlands tendenziell stärker betroffen war, wie es weiter hieß.

"Frustrierend sind die nach wie vor hohen klima- und gesundheitsschädlichen Subventionen, die diese Gefahr weiter befeuern und die auch in Deutschland trotz Haushaltskrise kaum weiter abgebaut wurden", sagte Dorothea Baltruks, Leiterin Wissenschaft und Politik beim Centre for Planetary Health Policy (CPHP). Währenddessen fehle in Deutschland weiter eine Klimaschutzstrategie.

Forschende fordern andere Finanzierung

Die Autorinnen und Autoren kritisierten, dass insgesamt zwar ausreichend finanzielle Mittel vorhanden seien, um schädliche Emissionen auf ein Nulllevel zu bringen, das Geld aber weiterhin in klimaschädliche Subventionen etwa für fossile Brennstoffe investiert werde. Auf der Klimakonferenz in Aserbaidschans Hauptstadt Baku vom 11. bis 22. November müssten dafür die richtigen Entscheidungen getroffen werden.

Es handelt sich den Angaben zufolge um den achten "Lancet Countdown"-Bericht, der seit Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens 2015 jährlich erstellt wird.

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