Kohlebergbausiedlung und Kohlegrube "Svea"

Auslaufmodell fossiler Brennstoff Beinahe das Ende der Kohle auf Spitzbergen

Stand: 02.11.2023 02:42 Uhr

Auf der Arktisinsel Spitzbergen wurde über Jahrzehnte Kohle abgebaut, doch das fossile Zeitalter geht zu Ende. Die größte Mine wurde zurückgebaut, so dass sich die Natur das Gebiet zurückerobern kann.

An der Sveabucht am Van Mijen Fjord im Süden von Spitzbergen erinnert kaum noch etwas daran, dass hier einmal die größte Kohlegrube der Inselgruppe lag. Drei rote Baracken sind geblieben. Sonst nur Steine, Wasser und Geröll. Fast 100 Jahre wurde in der Bucht Kohle gefördert. Einst waren es die Schweden, die hier das schwarze Gold aus dem Fels geholt haben. Daher auch der Name der Grube: Svea. Das alte Wort für Schweden. 

Karte: Kohlegrube Svea auf Spitzbergen

Die Kohlegrube Svea auf Spitzbergen

60 Gebäude rund um die Mine abgetragen

Mit einer Gruppe von ausländischen Journalisten geht Morten Hagen Johansen an diesem Tag im September über die kahle Stelle in der Bucht. Er hat mit seinem Team dafür gesorgt, dass heute kaum mehr etwas an den Kohlebergbau erinnert. "Als unser Unternehmen diese Mine betrieb, waren hier Baracken für 300 Arbeiter mit Kantine, einem eigenen Flugplatz, einem Kraftwerk, Geschäften und Lagerräumen." Das alles ist Geschichte. Allein 60 Gebäude wurden abgetragen. Der Förderschacht abgerissen. Und alles auf Schiffe verladen, um die Reste ans Festland nach Norwegen zu bringen.

Größtes Renaturierungsprojekt in Norwegen

Der Rückbau der Mine hat umgerechnet mehr als 130 Millionen Euro gekostet. Es ist das größte Renaturierungsprojekt in ganz Norwegen, unter dessen Verwaltung die Insel noch immer steht. Der frühere norwegische Umweltminister und inzwischen Außenminister, Espen Barth Eide, meint, man habe etwas gutzumachen. "Wenn wir ein Gebiet für industrielle Aktivitäten genutzt haben und es nicht mehr länger tun, müssen wir versuchen, die Natur wieder so herzustellen, wie sie ursprünglich war."  

Klimawandel nirgendwo so zu spüren wie in der Arktis

Wirtschaftlich hat sich der Kohleabbau auf Spitzbergen kaum noch gelohnt. Ein Großteil des Brennstoffs wurde direkt zum Heizen und für die Produktion von Strom auf der Insel genutzt, der Rest exportiert. Aber es gibt noch einen Grund, weshalb die Norweger aussteigen. Es ist der Klimawandel. Nirgendwo sonst in der Welt erwärmt sich die Erde so schnell wie hier in der Arktis. Geologe Frederik Juell Theissen nimmt deutlich wahr, wie sich das Klima verändert. Im Sommer gab es für die Arktis extreme Regenfälle: "Das war früher sehr selten. Wir erleben hier so etwas erst, seit sich das Klima verändert."  

Gletscher ziehen sich zurück

Mit den steigenden Temperaturen wandelt sich auch die arktische Landschaft. Die Winter werden wärmer, der Isfjord am Hauptort Longyearbyen - zu Deutsch Eis-Fjord - wird seinem Namen kaum noch gerecht und friert selbst im Winter nur noch sehr selten zu. Die Gletscher ziehen sich immer mehr zurück. Durch den Rückbau der Kohlegruben soll die Natur wenigstens ein Stück der einzigartigen Landschaft zurückholen, erklärt Projektleiter Johansen. "Wir wollen den Bächen wieder freien Lauf lassen. Wir wollen, dass Wasser, Schnee und Sediment eine neue Landschaft bilden können."  

Wind- und Solarstrom reichen in der Arktis bisher nicht

Auch bei der Energieproduktion will Spitzbergen klimafreundlicher werden, auch wenn das in der Arktis gar nicht so einfach ist. Bisher sorgte die Kohle für Strom und Wärme. Nun hat man das Kraftwerk in Longyearbyen auf moderne Dieselgeneratoren umgestellt. Das reduziert die Emissionen immerhin um 50 Prozent. Grüne Alternativen wie Wind oder Solar reichen bisher in der Arktis nicht aus.

Für den Glaziologen Andy Hodson von der Universität in Spitzbergen geht vom Rückbau der Kohlegruben trotzdem ein wichtiges Signal an die Welt aus: "Wir haben hier die Gelegenheit, zu zeigen, wie wir in einer widrigen Umgebung die Natur wiederherstellen können. Wenn wir das hier schaffen, dann kann das auch ein Vorbild für andere Teile der industrialisierten Welt sein."

Und Russland macht weiter

Die letzte Grube der Norweger auf Spitzbergen soll in zwei Jahren geschlossen sein. Dann bleibt nur noch Barentsburg im Norden der Inselgruppe. Dort baut Russland seit den 1930er Jahren Kohle ab. Und daran kann auch die norwegische Regierung nichts ändern, denn der Spitzbergen-Vertrag von 1920 erlaubt es allen Unterzeichner-Staaten Bergbau zu betreiben. Und Russland ist einer dieser Staaten.   

 

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