Graues Langohr
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Fledermausnacht Wichtig, bedroht - aber wenig beachtet

Stand: 26.08.2023 20:46 Uhr

Fledermäuse spielen in der öffentlichen Wahrnehmung nur eine kleine Rolle. Dabei sind sie wichtig fürs Ökosystem und interessant für die medizinische Forschung. Wie leben die Tiere, wie gefährdet sind sie - und wie können wir ihnen helfen?

Wie viele Arten gibt es?

Weltweit gibt es etwa 1500 Arten, in Deutschland leben 25. Die hier heimischen Arten sind meist nur um die fünf Zentimeter klein mit einer Flügelspannweite von maximal 25cm und wiegen nicht einmal 50 Gramm. Zum Vergleich: Einige Arten in den Tropen können bis zu einem halben Kilo schwer werden und eine Flügelspannweite von 1,20 Meter erreichen.

Für zwei Fledermausarten - die Bechsteinfledermaus und die Mopsfledermaus - hat Deutschland laut Umweltministerium eine besondere Verantwortung, weil ein hoher Anteil der Weltpopulation hier vorkommt. 

Allerdings sind die Tiere, etwa im Vergleich zu Bienen, wenig im Bewusstsein der breiten Bevölkerung. "Ein Grund ist wahrscheinlich, dass sie nachtaktiv sind und man sie deshalb selten sieht", sagt Michael Hiller, Genomforscher und Fledermausexperte der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. "Das ist schade, weil es wirklich faszinierende und interessante Tiere sind."

Wie und wo leben die Tiere?

Fledermäuse verbringen mehrere Monate im Jahr mit Winterschlaf. In den Sommermonaten schlafen sie tagsüber in alten Bäumen, Scheunen oder Felsspalten. Nachts sind sie dann meist mit der Futtersuche beschäftigt - und dabei sehr erfolgreich. Eine Fledermaus kann pro Nacht mehrere tausend Insekten verputzen, darunter auch Mücken und andere lästige oder schädliche Insekten. "Damit übernehmen sie eine wichtige Rolle im Ökosystem: Die Kontrolle der Insektenbestände", erklärt Hiller.

Dabei benutzen sie - obwohl sie UV-Licht durchaus wahrnehmen können - vor allem ihr berühmtes Echoortungssystem. Aus Nase und Mund stoßen sie Ultraschallwellen aus, die von Bäumen oder Insekten als Reflexionen zurückgeworfen werden. "Das geschieht bis zu 150 mal pro Sekunde. Gleichzeitig empfangen sie die Schallwellen, verarbeiten sie im Gehirn und passen blitzschnell ihre Flugbahn an - also eine enorme Leistung", sagt Hiller. Fledermäuse sind übrigens auch die einzigen Säugetiere, die fliegen können.

In tropischen Regionen essen viele Fledermausarten dagegen vor allem Früchte oder Blütennektar. Damit erfüllen sie dort eine wichtige Aufgabe als Bestäuber. Und nur drei Arten saugen auch das Blut von Tieren. Sie alle leben aber nur in Amerika.

Wie gefährdet sind sie?

"Insgesamt geht den Fledermäusen in Deutschland leider nicht besonders gut", resümiert Hiller. Alle hier vorkommenden Fledermausarten sind streng geschützt, einige sind vom Aussterben bedroht.

Dafür gibt es eine Reihe an Gründen: So finden viele Fledermäuse schlicht nicht mehr genug zu essen, da die Zahl der Insekten durch intensive Agrarwirtschaft und Landnutzung drastisch zurückgegangen ist. Die Krefelder Studie zeigte, dass die Biomasse der Insekten zwischen 1990 und 2017 um mehr als 75 Prozent zurückgegangen ist. Und die wenigen Insekten, die es noch gibt, sind häufig mit Pestiziden belastet, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Wenn Fledermäuse diese essen, besteht das Risiko einer Vergiftung.

Auch der Verlust von Lebensraum sorgt für eine schrumpfende Population. "Fledermäuse schlafen oft in alten Bäumen, etwa in alten Spechthöhlen. Doch es gibt immer weniger alte Bäume, da sie aus wirtschaftlichen Gründen meist schon früher gefällt werden", erklärt Hiller. Auch Quartiere in alten Scheunen oder Dachvorsprüngen würden immer seltener.

Zudem machen der Klimawandel mit hohen Temperaturen und langen Trockenperioden den Fledermäusen zu schaffen. Und auch Windräder sind eine Gefahr für die Flugtiere. Nach Schätzungen des Leibniz Instituts für Zoo- und Wildtierforschung sterben mehr als 200.000 Tiere auf diesem Weg. "Neuere Anlagen werden mittlerweile in Zeiten hoher Fledermausaktivität zeitweise abgeschaltet", so die Forscher. Damit lasse sich die Zahl der getöteten Tiere um bis zu 90 Prozent reduzieren. Dies müsse daher auch für alte Anlagen verpflichtend gemacht werden.

Wie lassen sich die Tiere besser schützen?

Laut Hiller sind Gesellschaft und Politik gefordert, Maßnahmen zu treffen, um den Verlust von Lebensraum und Insektenvielfalt zu bremsen. Dazu könnten etwa Schutzgebiete gehören oder Auflagen für die Landwirtschaft.

Aber auch jeder Einzelne kann etwas tun: So rät der Naturschutzbund (NABU) Gartenbesitzern dazu, "Fledermausbeete" mit nachtblühenden Pflanzen oder Teiche anzulegen. Das würde Insekten anlocken und damit eine Nahrungsgrundlage für Fledermäuse schaffen. Außerdem hilft es den Tieren, Unterschlüpfe zu schaffen. Also etwa alte, hohle Bäume nicht sofort zu fällen oder Dachvorsprünge nicht komplett zu versiegeln. In vielen Baumärkten gibt es zudem - ähnlich wie ein Vogelhäuschen - Fledermauskästen.

Und auch beim täglichen Einkauf im Supermarkt kann man etwas tun, sagt Experte Hiller. Im Bio-Landbau werden keine synthetischen Pestizide eingesetzt. Wer diese Produkte also kaufe, trage damit zum Schutz von Insekten und Fledermäusen bei.

Was will die Fledermausnacht erreichen?

Die 27. Internationale Fledermausnacht wird in weltweit 38 Ländern organisiert, in Deutschland vom NABU. Termin ist immer das letzte vollständige Wochenende im August. In ganz Deutschland werden Aktionen oder Fledermausführungen angeboten.

Ein zentrales Anliegen ist es, die Tiere mehr ins öffentliche Bewusstsein zu bringen und so ihren Schutz zu verbessern. Denn immer noch gibt es laut Experten viele Vorurteile, etwa dass Fledermäuse Menschen in die Haare fliegen oder Tollwut übertragen. Dabei würden die Tiere Menschen niemals angreifen, sondern einfach um sie herumfliegen.

Fledermäuse seien aber ein Indikator für die Bedrohung der Biodiversität. "Sie brauchen als Insektenfresser gute Lebensräume", sagt etwa Andreas Streit, Exekutivsekretär von Eurobats, dem Abkommen zur Erhaltung der europäischen Fledermauspopulationen. "Wenn es den Fledermäusen schlecht geht, geht es der Landschaft auch sehr schlecht."

Warum sind die Tiere für die Wissenschaft interessant?

Fledermäuse haben, wie der Genomforscher Hiller sagt, einige "Superkräfte", die viele andere Säugetiere nicht besitzen. "Sie haben zum Beispiel ein außergewöhnliches Immunsystem und sind resistent gegenüber zahlreichen Krankheiten, darunter Krebs. Außerdem sind sie auch widerstandsfähig gegenüber Alterungsprozessen."

So haben Fledermäuse im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht - ein Faktor, der die Lebensdauer aller Säugetiere beeinflusst - ein sehr langes Leben. "Es gibt 19 Säugetierarten, die proportional länger leben als der Mensch - 18 davon sind Fledermäuse. Und der Grund dafür muss irgendwo in ihren Genen liegen", so der Forscher. Deshalb ist Hiller an einem internationalen Projekt beteiligt, das zum Ziel hat, die DNA sämtlicher Fledermausarten auf der ganzen Welt zu sequenzieren und zu untersuchen.

Davon erhofft sich der Bioinformatiker auch Erkenntnisse, die der Medizin weiterhelfen können. Etwa im Umgang mit Viren und anderen Erregern. Fledermäuse sind häufig ein Reservoir für neue Viren, so wie vermutlich im Fall des Coronavirus. Doch den Tieren selbst können die Erreger meist nichts anhaben. "Wir können also möglicherweise von Fledermäusen lernen, wie man Infektionen ohne Schaden überstehen kann."

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