Eine Frau steht in einer Wohnung vor einem Fenster.

Geschlechtersensible Medizin Frauen reagieren anders auf Insulin als Männer

Stand: 06.10.2023 06:00 Uhr

Der Menstruationszyklus kann einen Einfluss auf Stoffwechselprozesse im Körper haben, etwa auf die Reaktion des Gehirns von Frauen auf Insulin. Das zeigt eine neue Studie.

Von Veronika Simon und Leila Boucheligua, SWR

Viele Frauen kennen das: In welcher Phase des Menstruationszyklus sie sich befinden, kann einen immensen Einfluss auf den Alltag, das Wohlbefinden und die Psyche haben. Dass der Zyklus auf wesentliche körperliche Funktionen wie die Wirkung von Insulin auf das Gehirn einwirkt, zeigt nun eine in der Fachzeitschrift "Nature Metabolism" veröffentlichte Studie.

Das bewirkt Insulin im Gehirn
Wenn Insulin im Gehirn an spezialisierte Nervenzellen andockt, beeinflusst es das Essverhalten, aber auch andere Stoffwechselprozesse. Menschen, deren Gehirn kaum noch auf Insulin reagiert, können beispielsweise größere Schwierigkeiten haben, Gewicht zu verlieren, als solche, deren Gehirn sehr empfänglich für Insulin ist.


Aus Studien mit schlanken Männern ist bekannt, dass ihr Gehirn durchgehend recht stark auf Insulin reagiert. Bei Frauen ist die Sache offenbar komplizierter. Um das zu untersuchen, verabreichten Forschende elf Frauen jeweils vor und nach ihrem Eisprung ein Insulin-Nasenspray. Auf diese Weise gelangt der Großteil des Hormons in das Gehirn und nicht in die sonstige Blutlaufbahn.

Das Forschungsteam untersuchte daraufhin, wie stark der Stoffwechsel auf die Insulin-Gabe im Hirn reagierte und verglich die Ergebnisse mit der Reaktion auf ein Placebo-Nasenspray.

Das Ergebnis: In der Follikelphase des Zyklus, also vor dem Eisprung, ist das Gehirn der Frauen empfänglicher für Insulin als nach dem Eisprung. Zusätzliche MRT-Scans von 15 Frauen, die die Aktivität ihrer Gehirnregionen zeigen, bestärken das Ergebnis: Wie stark oder eben nicht das Gehirn von Frauen auf Insulin reagiert, hängt von der Zyklusphase ab.

Bedeutung der Studie für die geschlechtersensible Medizin

Diese Studie ist mit 26 Teilnehmerinnen sehr klein, geben Fachleute zu bedenken. "Das bedeutet, dass es weitere größere Studien geben muss, um diese sehr interessanten, initialen Befunde zu bestätigen. Erst dann können die Lehrbücher umgeschrieben werden", erklärt Anke Hinney. Sie leitet die Forschungsabteilung Molekulargenetik an der Universität Duisburg/Essen.

Wichtig sind die Erkenntnisse auf diesem Feld allemal. Denn noch immer werden viele Medikamente vor allem an Männern erprobt. Die Gleichbehandlung beider Geschlechter könne dazu führen, dass bei einem die Therapie nicht oder zumindest weniger wirksam ist, erklärt die Molekulargenetikerin Hinney. Deshalb sei es sehr wichtig, dass Frauen und ihr Zyklusverlauf in klinische Studien mehr einbezogen werden.

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