Ariane 6

Europäische Raumfahrt 2024 Asteroiden, Raketen, Mondmission

Stand: 02.01.2024 15:07 Uhr

Die Europäische Weltraumagentur ESA hat ein spannendes Jahr vor sich. Tagesschau.de hat mit ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher über einige Höhepunkte gesprochen.

Es ist unwahrscheinlich, und dennoch könnte ein Asteroid Kurs auf die Erde nehmen und mit einem Einschlag verheerende Schäden anrichten. Wie können wir das verhindern und die Erde schützen? Bislang hat nur Hollywood Lösungen parat: Im Blockbuster "Armageddon" fliegt Bruce Willis höchstpersönlich dem Asteroiden entgegen.

Asteroidenabwehr im All

In der realen Wissenschaftswelt haben sich zwei Missionen der NASA und der ESA, die ineinandergreifen, dieser Frage angenommen. Bereits im September 2022 hatten NASA-Wissenschaftler zu Testzwecken in elf Millionen Kilometer Entfernung eine kühlschrankgroße Sonde auf dem Asteroiden Dimorphos einschlagen lassen, um seine Flugbahn zu verändern.

Die Mission war erfolgreich, darum startet in diesem Jahr die spannende Folgemission der ESA. Die Raumsonde HERA wird - vollgepackt mit Instrumenten - ebenfalls zu Dimorphos fliegen, um den Asteroiden aus nächster Nähe zu untersuchen. Wie groß ist der Einschlagkrater? Wieviel Material wurde durch den Einschlag herausgeschleudert? Diese Fragen gilt es zu klären, um in Zukunft übertragbare Modelle zur planetaren Verteidigung zu entwickeln. ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher betont im Interview mit tagesschau.de die Bedeutung der Untersuchungen:

Das ist eine sehr wichtige Mission, sehr komplex. Der Satellit hat mehr als eine Tonne Gewicht und verschiedene Instrumente. HERA ist wichtig, da es um die planetarische Sicherheit geht. Vor etwa 60 Millionen Jahren sind die Dinosaurier sehr wahrscheinlich durch die Konsequenzen eines Asteroideneinschlages ausgelöscht worden. Das heißt, es geht im Prinzip um die Existenz unserer Menschheit.
Josef Aschbacher, Generaldirektor ESA

Die HERA-Sonde wird mehr als zwei Jahre durch den Weltraum fliegen, bis sie Ende 2026 den Asteroiden erreichen und ihre Arbeit aufnehmen wird.

Start der Trägerrakete Ariane 6

Was lange währt, wird endlich gut: Mit vier Jahren Verzögerung soll die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 in diesem Jahr starten, sehr wahrscheinlich zwischen dem 15. Juni und 30. Juli. Mit ihrem Erstflug will sich die ESA wieder einen unabhängigen Zugang zum Weltraum sichern. ESA-Chef Aschbacher sagt, die Auftragsbücher seien gut gefüllt. Für die nächsten drei Jahre gebe es 28 Buchungen für die Ariane 6. "Das ist exzellent. Das heißt, die nächsten drei Jahre sind ausgebucht und wir haben bereits Kundeninteresse für die Jahre danach. Deshalb gibt es hier wirklich keine Bedenken, dass die Ariane 6 nicht genügend Kunden finden wird."

An der Ariane 6 gibt es bereits seit Jahren Kritik. So sei sie bereits vor ihrem Erstflug technisch veraltet und nicht wiederverwertbar, anders als die Raketen von SpaceX. Die Schwerlastrakete ist das Nachfolgemodell der Ariane 5. Sie war zwischen 1996 und 2023 im Einsatz und hatte Nutzlasten ins All geflogen.

Europäischer Raumfrachter

Im vergangenen Jahr gab die ESA erste Details zu einem neuen europäischen Raumfrachter bekannt. In diesem Jahr sollen die ersten Entwürfe der Industrie vorliegen und Verträge unterschrieben werden. Esa-Chef Aschbacher erklärt: "Für die sogenannte 'European Cargo Return Service Challenge', die einen Raumfrachter zur ISS bis 2028 entwickeln soll, ist der Zeitplan sehr eng, aber realistisch. Nur europäische Firmen sind berechtigt, an der Ausschreibung teilzunehmen. Die ESA verwendet Steuergelder der europäischen Weltraumnationen, also der europäischen Staaten."

Beim Bau des neuen Raumfrachters folgt die ESA dem Modell der NASA, um kostengünstiger zu produzieren: "Wir werden der Industrie überlassen, welche Technologie sie anwendet, um ihr den Freiraum zu geben, genau das anzubieten, was am innovativsten und am günstigsten ist. Wir werden als Kunde dann diese Dienstleistung kaufen."

Das bedeutet: Eigentümer des Raumfrachters wird die Industrie bleiben und die ESA kauft bei Bedarf einen Service ein. Auf ähnliche Weise arbeitet die NASA mit der Firma SpaceX zusammen. Die Hoffnung: mehr Wettbewerb und damit eine effizientere technologische Entwicklung, ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen.

Mit "Artemis" zurück zum Mond

Im Herbst steht ein Meilenstein der bemannten Raumfahrt an, und Europa ist daran beteiligt. Die NASA plant den Start ihrer "Artemis II"-Mission. Mit dem Testflug sollen zum ersten Mal seit den Apollo-Flügen der 1960er- und 1970er-Jahre wieder Menschen in die Nähe des Mondes fliegen. "Artemis II" ist eine Folgemission zu "Artemis I", als das Orion-Raumschiff 2021 unbemannt um den Mond flog.

Nun ist eine Umrundung des Erdtrabanten mit vier Astronautinnen und Astronauten geplant. Die ESA spielt bei den "Artemis"-Mondmissionen eine bedeutende Rolle, denn ein wichtiges Modul des Orion-Raumschiffs kommt aus Europa. Es wird in Bremen bei Airbus zusammengebaut und sorgt für den Antrieb. Außerdem versorgt es die Astronauten mit Strom, Luft und Wasser. Aschbacher erklärt: "Das europäische Servicemodul ist wirklich ein Herzstück der Orion-Kapsel. Es ist ein ganz wesentlicher Teil des Raumflugs zum Mond. Die NASA hängt von Europa ab, verlässt sich auf die ESA als essenziellen Partner, um ihre Astronauten zum Mond und wieder zurückbringen zu können."

Wann die NASA dann tatsächlich wieder mit Astronauten auf dem Mond landet, ist unklar. Der bislang anvisierte Termin 2025 für "Artemis III" könnte wackeln, da sich Berichte über Probleme häufen. Sicher ist: Bei der Mondlandung während der Mission "Artemis III" werden keine europäischen Astronauten dabei sein. Aschbacher gibt eine Perspektive:

"Artemis IV und V sind Flüge, für die europäische Astronauten bereits zugesagt wurden. Es gibt noch einen dritten Flug, den Europa zugesagt bekommen hat." Dieser sei allerdings noch nicht für eine bestimmte Artemis-Mission eingeplant. Aus Deutschland kommen derzeit zwei ESA-Astronauten für eine Mondmission in Frage: Alexander Gerst und Matthias Maurer.

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