Mammut in Schneelandschaft (animiert)

Eiszeit-Riese Bringen Forschende das Mammut zurück?

Stand: 22.03.2024 12:10 Uhr

Seit Jahrtausenden sind sie ausgestorben - die Mammuts. Ein Start-up aus den USA will daran etwas ändern, jetzt scheint ein wichtiges Etappenziel erreicht. Kann der wissenschaftliche Durchbruch gelingen?

Von Leander Beil, BR

Forschenden des US-Unternehmens Colossal Biosciences ist es erstmals gelungen, Stammzellen von Elefanten zu erzeugen. Das legt erstens die Basis dafür, um Elefanten biotechnisch züchten zu können. Und zweitens könnten so möglicherweise Elefanten mit Merkmalen eines Wollhaarmammuts geschaffen werden.

Bei den hergestellten Stammzellen handelt es sich laut dem Preprint um sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) vom Asiatischen Elefanten, dem nächsten lebenden Verwandten des mehr als vier Meter großen und wohl um die 15 Tonnen schweren Mammuts. Diese iPS-Zellen sind in gewisser Hinsicht Alleskönner: Sie haben das Potenzial, sich unbegrenzt zu vermehren und können sich zu sämtlichen anderen Zelltypen im Körper umwandeln - zum Beispiel zu Nerven- oder Darmzellen.

Aber, und das ist für die Forschenden zentral: Auch Ei- und Samenzellen können daraus hergestellt werden. Das Ziel der Wissenschaftler ist klar: Durch künstliche Befruchtung aus diesen Zellen Embryos erzeugen, die dann in einer künstlichen Gebärmutter im Labor heranwachsen sollen.

Genschere soll Elefant-Mammut-Hybrid möglich machen

Ein Elefant mit Merkmalen eines Wollhaarmammuts kommt dann aber immer noch nicht zur Welt, denn ein wichtiger Zwischenschritt fehlt. Die Evolutionsbiologin Beth Shapiro von der University of California in Santa Cruz erklärt, was die Forscher von Colossal Biosciences vorhaben: "Sie nehmen die Zelle eines asiatischen Elefanten, dem nächsten lebenden Verwandten des Mammuts, und dann versuchen sie, sie mithilfe der Genschere Crispr/Cas nach und nach zu modifizieren."

Wissenschaftler weltweit nutzen Crispr/Cas9 bereits, um Gene gezielt zu modifizieren. Dabei können Gene entfernt, eingefügt oder verändert werden. Und so sollen auch Teile der Elefanten-DNA herausgeschnitten und mit den Genabschnitten eines Mammuts ersetzt werden. Am Ende soll dabei also kein echtes Mammut entstehen, sondern ein Elefant-Mammut-Hybrid.

Herausforderungen bei der Wiederbelebung der "Mammuts"

So weit die Theorie - doch in der Praxis gibt es einige Hürden. Abgesehen davon, dass das Projekt sich noch in einem frühen Stadium befindet, handelt es sich um ein gentechnisch komplexes Puzzlespiel.

Darüber hinaus ist auch die künstliche Mammut-Gebärmutter, in der die Embryos heranreifen sollen, noch gar nicht entwickelt worden. Fraglich ist auch, ob die iPS-Zelllinien überhaupt stabil wachsen können.

Mammuts sollen Klimawandel bekämpfen

All das scheint Colossal Biosciences aber nicht von dem ehrgeizigen Plan abbringen zu können. Abermillionen Dollar wurden bereits für das Vorhaben gesammelt, das laut dem Biotech-Start-up auch einen höheren Sinn hat: Denn die Wollhaar-Hybride sollen in ferner Zukunft einmal in Sibirien angesiedelt werden. Hier wäre es die Aufgabe der neuen alten Eiszeitriesen, den Klimawandel zu bekämpfen.

Die Elefanten-Mammuts würden, so die Idee, den Schnee feststampfen und dadurch das Auftauen der Böden erschweren - was wiederum die Freisetzung von Treibhausgasen in die Atmosphäre verringern würde. Auch hier ist die Umsetzung mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Denn um einen spürbaren Effekt erzielen zu können, wären Hunderte oder sogar Tausende solcher Kreaturen erforderlich, sagt die Evolutionsbiologin Shapiro: "Wenn wir die globale Erwärmung und das Freisetzen von Methan in die Atmosphäre wirklich verlangsamen wollen, sollten wir uns auf wirksamere Strategien konzentrieren." Eine kurzfristige Lösung sei die Methode des Start-ups jedenfalls nicht.

Ist das "Mammut"-Projekt ethisch zu verantworten?

Abgesehen davon gibt es auch ethische Bedenken. So stellt sich die Frage, ob es vertretbar ist, Tiere zu kreieren oder zu rekreieren, deren Lebensraum gar nicht mehr existiert. Die Wiederbelebung einer Art im Labor bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass diese in einer natürlichen Umgebung dann auch überleben kann - vor allem nicht ihren Bedürfnissen gemäß.

Außerdem könnte die Finanzierung solcher "Mammut"-Projekte Ressourcen schlucken, die in anderen Bereichen, zum Beispiel beim Artenschutz, sinnvoller angelegt wären. Thomas Hildebrandt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung betont: "Prinzipiell, muss man sagen, ist das eine großartige wissenschaftliche Herangehensweise. Aber für den Artenschutz spielt sie keine Rolle."

Fest steht, das Mammut ist noch immer ein großer Sympathieträger, von Zeichentrickfilmen bis zum Wiederbelebungsprojekt eines milliardenschweren Unternehmens - und das, obwohl es bereits vor 4.000 Jahren verschwunden ist. Ein schlechtes Gewissen muss der Mensch deshalb aber nicht haben. Denn laut einer Studie der Universitäten Cambridge und Kopenhagen waren es, anders als bislang angenommen, Klimaveränderungen und nicht menschliche Einflüsse, die für das endgültige Aussterben der Wollhaarriesen vor Jahrtausenden verantwortlich waren.

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