Ein Kind legt seinen Kopf zwischen die Arme.

Corona-Langzeitfolgen Worunter Kinder mit Long Covid besonders leiden

Stand: 12.09.2024 10:11 Uhr

Auch Kinder und Jugendliche können monate- oder sogar jahrelang an den Folgen einer Corona-Infektion leiden. Wie genau sieht ein Leben mit der Erkrankung aus?

Von Anette Kolb, BR

Kinder und Jugendliche bemerken eine Corona-Infektion häufig gar nicht oder erkranken zumindest nur leicht. Bei der heute 14-jährigen Elli war das anders. Seit sie sich im Februar 2022 mit SARS-CoV-2 infizierte, hat sich ihr Leben und das ihrer Familie völlig verändert.

Elli war eine begeisterte Sportlerin, heute kann sie kaum noch das Bett verlassen und ist auf den Rollstuhl angewiesen. Ihre Mutter kämpft mit anderen Betroffenen um mehr Verständnis und Unterstützung für die Erkrankung ihrer Tochter.

Long Covid: Nichts ist mehr, wie es war

Ellis Zimmer ist immer abgedunkelt, Sonnenlicht ist ihr zu grell, Musik zu laut. Sie hat Schmerzen und liegt fast den ganzen Tag. Sie sei "halt sehr erschöpft" und "unfassbar müde". Trotzdem schläft sie schlecht. Alles sei "unfassbar anstrengend", erzählt Elli.

Zweimal in der Woche versucht sie, eine Stunde in der Förderschule zu verbringen. Weil sie sich schlecht konzentrieren kann und viel vergisst, besucht sie die Schule vor allem, um ihre Freunde treffen. Für sie ist es die einzige Möglichkeit, ihre Freunde "einfach zu sehen und nicht nur zu telefonieren".

Symptome von Long Covid bei Kindern

Elli ist von der schwersten Form der Langzeitbeschwerden betroffen. Hinter ihren Erschöpfungszuständen verbirgt sich eine neuroimmunologische Krankheit: Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom, abgekürzt auch ME/CFS.

Erschöpfung, Tagesmüdigkeit und fehlende Energie sind auch mit 80 Prozent bei Jugendlichen die häufigsten Langzeitfolgen einer Corona-Infektion. Das ergab eine im August veröffentlichte US-amerikanische Kohorten-Studie. 5.367 Kinder und Jugendliche nahmen daran teil.

Heraus kam: Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren leiden am häufigsten an Kopfschmerzen (57 Prozent), Konzentrationsschwierigkeiten beziehungsweise unter Gedächtnisproblemen und Schlafstörungen (44 Prozent) und Bauchschmerzen (43 Prozent). Bei Jugendlichen mit Long beziehungsweise Post Covid - die Begriffe werden oft synonym für Langzeitfolgen einer Corona-Infektion verwendet -, sind ebenfalls: Kopfschmerzen (55 Prozent) oder Konzentrationsstörungen (49 Prozent) sehr verbreitet. Außerdem Muskel- und Gliederschmerzen (60 Prozent).

Der schwere Weg zur Diagnose von Long Covid

Post Covid bei Kindern zu diagnostizieren sei gar nicht so einfach, sagt Uta Behrend, die eine der wenigen Spezial-Ambulanzen für junge Patienten am Universitätsklinikum der TU München leitet. "Die Diagnose Post Covid zu stellen ist deshalb so eine große Herausforderung, weil wir sehr ausführlich mit den Betroffenen und ihren Familien sprechen müssen."

Die Kooperation mit den Behandelnden sei der Weg. "Und dann müssen wir die Symptome einfach daraufhin prüfen, ob eventuell eine andere Krankheit vorliegen kann und diese eben mit unseren üblichen Mitteln - Blutabnahmen, funktionelle Tests und Fragebögen - abdecken", sagt die Ärztin.

Betroffene Eltern wollen aufklären

Das Problem sei auch, dass viele Patienten aufgrund der Unkenntnis über das Krankheitsbild Fehldiagnosen erhalten, sagt Soleil Völkl. Sie hat einen Sohn, der auch an Post Covid leidet, und gründete gemeinsam mit Lena Riepl, der Mutter von Elli, und anderen den Verein "NichtGenesenKids".

"Wir sehen es daran, dass tatsächlich die meisten Familien, die zu uns kommen, bereits über ein Jahr in einer falschen medizinischen Versorgungsschiene waren. Die werden oft in psychiatrischen Einrichtungen behandelt", berichtet sie. Ein Grund der Fehldiagnosen ist auch: Das Krankheitsbild von Post Covid ist sehr komplex - es kann rund 200 Symptome umfassen.

"NichtGenesenKids" will helfen und unterstützt Familien mit Kindern, die sich nach einer Corona-Infektion oder Corona-Impfung nicht erholt haben. Der Verein setzt sich zudem für die Bildung der Betroffenen ein. Schließlich ist ihre Lernfähigkeit aufgrund der Erkrankung häufig eingeschränkt - manche können gar nicht am Präsenzunterricht teilnehmen.

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