Ein Kondom in aufgerissener Packung

Unerfüllter Kinderwunsch Wenn Chlamydien unfruchtbar machen

Stand: 26.02.2024 19:56 Uhr

Nur jeder Zehnte in Deutschland kennt Chlamydien. Dabei ist die sexuell übertragbare Infektion weit verbreitet - sie wird von Betroffenen aber oft nicht bemerkt. Das kann schwere Folgen haben. 

Von Imke Wrage, akkurat

Jeden Tag stecken sich laut Weltgesundheitsorganisation weltweit ungefähr eine Million Menschen mit einer sexuell übertragbaren Infektion an. Besonders weit verbreitet sind Chlamydien. Von denen haben die meisten Deutschen allerdings noch nie etwas gehört. In einer Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gab nur jeder Zehnte an, Chlamydien zu kennen. 

In Europa sind Chlamydien laut Europäischer Gesundheitsbehörde die häufigste sexuell übertragbare Infektion, kurz STI. Fachleute gehen davon aus, dass das auch in Deutschland so ist. Genaue Zahlen gibt es allerdings nicht, denn in Deutschland waren Infektionen mit Chlamydien bis 2022 im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern nicht meldepflichtig.

Einzige Ausnahme: das Bundesland Sachsen. Dort allein wurde allerdings ein starker Anstieg verzeichnet, sagt Viviane Bremer, Fachgebietsleiterin für HIV/AIDS und andere sexuell oder durch Blut übertragbare Infektionen am Robert Koch-Institut (RKI). 

Jede fünfte Frau zwischen 20 und 24 infiziert

Das RKI hat zudem anonymisierte Labortests ausgewertet. Auch die zeigen eine klare Tendenz: Demnach hat jedes zehnte Mädchen im Alter von 17 Jahren und jede fünfte Frau zwischen 20 und 24 Jahren Chlamydien. Aber auch Männer sind betroffen.  

Mit Chlamydien infizieren kann sich jeder Mensch, der Sex hat. Das Risiko, sich anzustecken, steigt bei ungeschütztem Sex sowie bei häufig wechselnden Sexpartnern. Chlamydien werden durch Bakterien übertragen - und das sehr leicht. Die bakteriellen Erreger befallen hauptsächlich die Schleimhäute von Vagina, Harnröhre, After und Enddarm, können aber auch die Augen und den Rachen infizieren.  

Das Kondom schützt nicht immer vor Ansteckung

Am häufigsten passiert das zwar durch ungeschützten Vaginal-, Anal- und Oralverkehr. Doch selbst das Kondom schützt nicht immer vor einer Ansteckung. Bei richtiger Größe und Anwendung senkt es das Risiko, sich mit Chlamydien zu infizieren, zwar um bis zu 60 Prozent. Doch um die Erreger zu übertragen, können auch Schmierinfektionen reichen - etwa durch Sexspielzeug, das man gemeinsam benutzt. 

Schnell erkannt sind Chlamydien in dem meisten Fällen harmlos und mit Antibiotika gut behandelbar. Mögliche Anzeichen für eine Infektion können ungewöhnlicher Ausfluss, Juckreiz, Brennen oder Schmerzen beim Sex oder Toilettengang sein. 

 

Acht von zehn Frauen haben keine Symptome

Das Gefährliche ist bloß, dass viele Betroffene gar keine Symptome haben - sie merken von ihrer Infektion also nichts. Bei Frauen kommt das laut RKI in acht von zehn Fällen vor. Bei Männern verläuft gut jede zweite Infektion symptomfrei. Unbehandelt können Chlamydien dann schwerwiegende Folgen haben. 

Die bakteriellen Erreger können nämlich von den befallenen Schleimhäuten aus weiter in den Körper wandern und sich dort zum Beispiel in den Samensträngen oder den Eileitern festsetzen. Das kann zu Entzündungen und Verklebungen führen und sowohl Frauen als auch Männer unbehandelt unfruchtbar machen. 

Und das passiert gar nicht so selten: Gut jede zweite ungewollt kinderlose Person hat Chlamydien, sagt Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft. Dabei bezieht er sich auf Angaben von Fertilitätskliniken.  

Auch im Falle einer Schwangerschaft können Chlamydien ernste Folgen haben: So sind Schwangerschaftskomplikationen, Frühgeburten oder eine Übertragung auf das Neugeborene möglich. Ein internationales Forschungsteam hat außerdem Hinweise auf einen Zusammenhang von Chlamydien-Infektionen und Eierstockkrebs gefunden. 

Fachleute raten zu regelmäßigen Vorsorgetests

Fachleute empfehlen deshalb regelmäßige Vorsorgetests, um Chlamydien frühzeitig zu erkennen und behandeln zu lassen. Bis zum 25. Lebensjahr werden die Kosten für ein Chlamydien-Screening bei Frauen einmal jährlich von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Darüber hinaus zahlen die Kassen auch im Falle einer Schwangerschaft.  

Ansonsten werden die Kosten bisher in der Regel nur in zwei Fällen getragen: Wenn Symptome vorliegen oder ein konkreter Verdacht auf eine Infektion besteht. Testen lassen kann man sich beim Frauenarzt und Urologen, bei Infektiologen, Fachärzten für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Testangebote haben aber auch medizinische Labore, spezielle Checkpoints oder die Gesundheitsämter.